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Exklusiv: Yamaha stellt die MotoGP-Abteilung vor

Von Stephan Moosbrugger
Yamaha Motor Europe (YME) gewährte SPEEDWEEK.com im norditalienischen Lesmo einen exklusiven Einblick in ihr Schaffen. Im ersten Teil unserer Serie stellen wir die MotoGP-Abteilung des japanischen Herstellers vor.

Im Leben eines Motorsport-Journalisten kommt es nicht jeden Tag vor, dass einem ein großer Motorrad-Hersteller einen exklusiven Blick hinter die Kulissen gewährt. Yamaha Motor Europe (YME) lud SPEEDWEEK.com nach Lesmo, nordöstlich von Mailand, ein und stellte uns die dort ansässigen Abteilungen vor – spannende Hintergrundinformationen inklusive.

Der Standort in Lesmo ist auf mehrere Gebäude aufgeteilt, von außen wirkt alles sehr unscheinbar. Früher hatte sich dort der italienische Yamaha-Importeur Belgarda niedergelassen. Als wir auf den Parkplatz fuhren, hörten wir die Motoren heulen – die legendäre Rennstrecke von Monza ist gerade einmal ein Steinwurf weit entfernt.

Die europäische Yamaha-Zentrale ist für das japanische Unternehmen von hoher strategischer Bedeutung. Die Werksteams der MotoGP- und Superbike-WM, GYTR, ein Teil der Forschung und Entwicklung und auch eine Musikinstrumente-Abteilung sind dort untergebracht. Es ist der einzige Standort, an dem mit Yamaha Motor und Yamaha Music die zwei Welten der Yamaha Corporation zusammentreffen.

Andrea Dosoli, Direktor für Marketing und Motorsport nahm uns in Empfang und führte uns zum ersten Gebäude – der MotoGP-Abteilung. Am Eingang erwarteten uns zwei ausgestellte MotoGP-Bikes der beiden Werksfahrer Fabio Quartararo und Alex Rins. Nach einem kurzen Stopp gingen wir an den blauen M1-Rennern vorbei und plötzlich wurde alles gelb. Wir betraten einen heiligen Ort, wo jeder MotoGP-Fan sofort Schnappatmung bekommen würde. In einem großen Ausstellungsraum sind alle Weltmeistermotorräder von Valentino Rossi aneinandergereiht. Dahinter sind die Rekorde des neunfachen Weltmeisters prominent aufbereitet. Viermal holte Rossi mit Yamaha den Titel – 2004, 2005, 2008 und 2009.

Aber auch die Bikes von Jorge Lorenzo haben einen Ehrenplatz bekommen – der Spanier gewann für den japanischen Hersteller dreimal den Titel. Mittendrin befindet sich die Maschine des letzten Yamaha-Weltmeisters – Fabio Quartararo holte 2021 die MotoGP-Krone.

Darüber hinaus sind einige Motoren der früheren M1-Modelle in der Halle ausgestellt – darunter ein Exemplar des 800-ccm-Motors, der von 2007 bis einschließlich 2011 im Einsatz war. «Wegen der hohen Leistung wurde das Reglement auf 800 ccm geändert – das hat eine Menge Geld gekostet. Und dann, nach einem Jahr, waren wir auf demselben Leistungsniveau», schmunzelte Andrea Dosoli.

Normalerweise ist dieser Ausstellungsraum nur für Sponsoren und Partner zugänglich, während einer MotoGP-Saison werden dort hin und wieder Events abgehalten. Speziell ist auch der benachbarte Besprechungsraum mit dem Namen Wayne Rainey auf dem Türschild. Bilder an der Wand des amerikanischen 500er-Helden und originale Rennanzüge zeugen von glanzvollen Zeiten – ein Hauch von Nostalgie durchzieht den Raum. Mittendrin, zwischen den Tischen, steht eine weitere M1 von Fabio Quartararo. «Wir machen hier Meetings mit unseren Partnern in einer speziellen Atmosphäre», sagte Yamaha-Mitarbeiter Simone Moretti, der dazugestoßen ist, um uns herumzuführen. Daneben befindet sich ein kleinerer Besprechungsraum mit dem Namen Giacomo Agostini. Darin ist zwar kein Bike ausgestellt, jedoch ein Autogramm der italienischen Motorrad-Legende. 1974, 1975 und 1977 fuhr Agostini für Yamaha. 1975 gewann er den letzten seiner 15 WM-Titel in der 500er-Klasse – zugleich der erste Titel für Yamaha in der Königsklasse. 1974 holte Agostini den Titel in der 350er-Klasse mit den Japanern.

Doch der Standort ist für Yamaha viel mehr als eine «Hall of Fame». Er dient als Schaltzentrale für die MotoGP-Rennen in Europa. «Marketing & Kommunikation und die Logistikabteilung für die Verwaltung aller Aktivitäten weltweit, sowie das Büro von Lin Jarvis befinden sich hier. Eine kleine Engineering-Abteilung für die Entwicklung der M1, die eng mit Japan zusammenarbeitet, ist hier ebenfalls untergebracht. Die Performance-Analyse findet auch hier statt – unsere Ingenieure teilen die Informationen mit den Kollegen aus Japan», so Moretti.

Weshalb hat Yamaha das in Europa und nicht in Japan? «Vieles müssen wir von Europa aus managen. Für die Asien-Rennen ist es von Japan aus möglich, aber für die Reiselogistik in Europa ist es leichter von hier aus», sagte Andrea Dosoli. «Auch aus historischen Gründen, denn wir hatten früher einiges von der MotoGP in den Niederlanden. Als Lin dann zu uns kam, wurde alles zusammengelegt.»

Vom großen Schauraum führten uns Andrea Dosoli und Simone Moretti in eine große Halle, wo keine Bilder mehr erlaubt sind. Es ist die Garage, wo die fünf LKWs des Yamaha-MotoGP-Teams geparkt sind – vier für das offizielle Team, einer für das Testteam. Dazu kommen fünf weitere Trucks für die Hospitality.

Über der Garage befindet sich die Motoren-Abteilung. «Hier werden alle MotoGP-Motoren während der Saison aufbereitet. Für die Rennen in Asien stammen diese aus Japan, für alle Rennen in Europa werden die Motoren hier gebaut», erklärte Moretti. «Die Teile bekommen wir aus Japan, hier bauen wir die Motoren zusammen», ging Dosoli weiter ins Detail. Weshalb kommen die Motoren nicht fertig zusammengebaut aus Japan, wollten wir wissen? «Wenn du ein Problem mit einem Motor hast, ist es einfacher so. So sind wir flexibler, denn die meisten Rennen sind in Europa», ergänzte Dosoli. «Generell wandert immer mehr Entwicklung nach Europa – Motoren, Elektronik und Aerodynamik. Das war in den letzten Jahren eine der größten Veränderungen. Das ermöglicht es uns, Verbesserungen schneller zu erzielen.»

Im letzten Raum, wo die beiden uns hinführten, befindet sich eine Werkstatt, wo die Mechaniker zwischen den Rennen an den MotoGP-Bikes arbeiten. «Die Mechaniker können hier Teile wechseln», meinte Moretti. «Wenn zum Beispiel der Grand Prix in Silverstone stattfindet und danach Assen ansteht, dann kommen die Trucks nicht hierher zurück.»

Was heißt, dass die meisten Arbeiten an den Bikes von den Mechanikern auf der Rennstrecke verrichtet werden, auch wenn neue Teile kommen. Wenn es in den Kalender passt, wird ein Stopp in der Zentrale in Lesmo eingelegt. Die Arbeiten unterscheiden sich jedoch nicht voneinander. «Wenn ein Rennen in Italien ist und spezielle Wartungsarbeiten gemacht werden müssen, zum Beispiel ein Motorentausch, dann kommen sie hierher. Aber das kommt vielleicht zweimal im Jahr vor», so Dosoli.

Wir verabschiedeten uns von Simone Moretti, Andrea Dosoli ging mit uns weiter zum Gebäude, wo die Forschung und Entwicklung von Yamaha untergebracht ist.

Fortsetzung folgt…

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