Technik-Chef Felber (KTM): «Aufbau der RC16 startet»
In den vergangenen Wochen war Österreichs Motorrad-Gigant KTM vor allem in den Finanz- und Tagesmedien Dauerthema. Eine wirtschaftliche Abwärtsspirale im zweiten Halbjahr 2024 hatte den Konzern an den Rand der Überlebensfähigkeit gebracht. Seit den Horrormeldungen vom 29. November, die die volle Tragweite der Krise gezeigt hatten, ist das gesamte Unternehmen in einen Sanierungsprozess eingebunden.
Trotz harter Auswirkungen, die auch bis in die Rennabteilung nach Munderfing vorgedrungen sind, ist das offizielle Rallye-Team unter KTM-Flagge ausgerückt – und auch die Technik-Teams des MotoGP-Projekts stecken in einer Hochphase der Vorbereitungen.
Ingenieur Wolfgang Felber, der im letzten Sommer gemeinsam mit Motorenchef Kurt Trieb die Gesamtentwicklung der RC16 vom ausgeschiedenen Fabio Sterlacchini übernommen hatte, beschreibt gegenüber SPEEDWEEK.com die Situation in der Rennsportzentrale: «Was die Vorbereitungen auf die neue Saison angeht, geht derzeit alles seinen normalen Weg. In den letzten Jahren haben wir alle Prozesse so getrimmt, dass wir die neuen Maschinen in der dritten Woche des Jahres aufbauen. Genauso läuft es auch 2025 – nächste Woche Montag starten wir mit dem Neuaufbau aller Motorräder.»
Der erfahrene Entwickler weiter: «Alles ist so getaktet, dass wir am Ende der KW3 die Kisten für den großen Test nach Sepang packen. Ab dann sind die Bikes lange unterwegs. In Munderfing kommen die Fahrzeuge erst wieder zum Europa-Auftakt in Jerez an.»
Das bedeutet, die acht Rennmotorräder, die Mitte Januar in Öberösterreich zusammengeschraubt werden, haben bei der Heimkehr in der Rennzentrale bereits vier GP-Events absolviert. Damit ist auch klar, die Spezifikation für 2025 ist in der Basis schon heute definiert.
Wolfgang Felber bestätigt: «Wir reden eindeutig von einem Evolutionsmodell 2025. Ein radikaler Neuansatz kam nicht infrage. Wir hatten unseren eigentlichen Shake-down bereits bei den letzten Tests 2024. Die 2025er-Version hat so funktioniert wie erhofft, und die Basis ist definiert. Der Plan ist nun, alle Maschinen dementsprechend mit Neuteilen aufzubauen.»
Der Chassis-Spezialist ergänzt: «Unterschiede gibt es bei der Ergonomie, die bei allen Piloten (Anm. d. Red.: Brad Binder, Pedro Acosta, Maverick Vinales und Enea Bastianini) unterschiedlich ist, als auch bei den Lösungen zur Betätigung der Hinterradbremse. Auch können wir einige bestehende Teile mit geringer Laufleistung übernehmen. Es ist nicht sinnvoll, einen Lenkerstummel zu entsorgen, der erst ein wenige Kilometer alt ist.»
Angesprochen auf die allgemeine Stimmung in der Rennabteilung, gibt sich Felber vor allem abgeklärt und kämpferisch. «Wir sind im Rennsport. Wir haben unsere Gehirne, unsere Rechner und unsere Motivation. Das Allerletzte, woran wir denken, ist es aufzugeben.»
Der Veteran hat Erfahrung mit Ausnahmesituationen. Wolfgang Felber war bereits als Ingenieur in Mattighofen beschäftigt, als der junge Unternehmer Stefan Pierer im Winter 1991/1992 vor einigen Dutzend Mitarbeitern den KTM-Neustart ausrief. Nicht weniger wild ging es 2005 zu. Projektleiter der ersten ambitionierten MotoGP-Kooperation mit Kenny Roberts war – Wolfgang Felber.