Sepang-Test: Lange blieb es ruhig, dann kam Aprilia
Anfang Februar, neun Tage Malaysia, Sepang. Der Klassiker für all jene, die beruflich mit der Königsklasse des Motorrad-Straßenrennsports zu tun haben. Die Rennstrecke rund 40 km außerhalb von Kuala Lumpur hat sich als feste Instanz im GP-Kalender etabliert. Neben dem bereits zur Tradition gewordenen Malaysia-GP im Herbst der Rennsaison stoppt der Tross hier auch jedes Jahr für die Wintertests.
Drei Tage Shakedown, zwei Tage Service, drei Tage Test, so die seit Jahren etablierte Formel für den Marathon in Südostasien. Nach Malaysia geht es auch deshalb, weil die Piste sowohl von Europa als auch von Asien gut zu erreichen ist. Ein Katzensprung ist es allerdings nicht. Von der SPEEDWEEK-Redaktion bis ins Pressezentrum sind 13 Stunden Flug mit sieben Stunden Zeitverschiebung einzuplanen.
Die Spielregeln waren klar. Der Shakedown war als Privattest deklariert. Die Boxengasse war somit tabu für die ersten drei Tage der ersten großen gemeinsamen Vergleichsfahrt. Laut offizieller Ansage sollte auch das Medienzentrum verschlossen sein. War es aber nicht. Schreiber Kuttruf, als Erster vor Ort, stand um 8.30 Uhr in einem leeren Riesenbüro, Strom an, einsatzbereit. Gäbe es jetzt noch eine Tasse Kaffee und eine Scheibe Vollkornbrot – Tag 1 hätte nicht besser beginnen können.
Da mich noch niemand bemerkt hatte, blieb auch die Klimaanlage aus – was meine Chance zugleich deutlich erhöhte, nicht gleich zu Beginn des Tests an Unterkühlung zu verenden. Der tadellose Arbeitsplatz war dabei nicht das erste Erfolgserlebnis an diesem ersten Freitag in Sepang. In meinem «Perodua Bezza», einem Mietwagen aus heimischer Produktion und der Robustheit von einlagigem Klopapier – hatte ich die morgendliche Rushhour im Gemetzel aus Rollern, Kleinlastern und Lokalhelden in opulent bespoilerten Radaukisten überstanden. Der Test konnte beginnen.
Verglichen mit der Anreise gestaltete sich der Shakedown weniger spektakulär. Die sechs Testfahrer und zwei Rookies veranstalteten zwar reichlich Lärm, ansonsten ging es auf dem Sepang-Circuit sehr lange, sehr diszipliniert zu. Selbst als sich am zweiten Tag die komplette Yamaha-Rennfahrerfraktion mit auf die Strecke warf, gab es von vielen Testrunden, einer schnellen Yamaha M1 und mittlerweile drei tapferen Rookies im Akkord zu berichten.
Um Langeweile zu vermeiden, hatte Yamaha während des Shakedowns ins Zentrum der Metropole geladen. Der Poolbereich eines Luxushotels schien gerade gut genug, um die blaue Offensive 2025 gebührend zu feiern. Kaum als der Korken aus der Flasche war und sich Pramac-Racing-Mastermind Paolo Campinoti und das Yamaha-Management erstmals offiziell in den Armen lagen, ging ein tropischer Regen nieder. Schwamm drüber und «Bezza Mobil» zurück nach Sepang!
Gegen Ende des dritten Testtages hatte die Arbeit in nun mit einer Handvoll Kollegen besetzten Großraumschreibstube ein hohes Maß an Routine erreicht und selbst der lauwarme Instantkaffee begann irgendwie zu schmecken.
Der Charakter der Dienstreise änderte sich dann schlagartig mit dem Beginn des offiziellen Tests. Bagnaia, die Marquez-Brüder, Martin, Bezzecci, Acosta, «Diggia», die MotoGP-Elite stieg ins Leder. Und vorbei war es mit der arbeitssamen Ruhe im zweiten Stock der Boxenanlage.
«Crash J. Martin» stand dort auf dem Bildschirm. Echt jetzt? Aber ja. Und damit es auch jeder im Fahrerlager mitbekommt, erscheint dieselbe Meldung keine halbe Stunde später ein zweites Mal. Es folgten «Crash Fernandez» und «Crash Ogura». Macht innerhalb der ersten Teststunde vier Abwürfe für Piloten des MotoGP-Renners aus Noale. Noch schlimmer: In den kommenden Stunden stellte sich heraus, dass Martin und Fernandez mit Frakturen aus dem Test-Rennen sind.
Deutlich nachgewürzt wurde das Sepang-Event unvermeidbar dadurch, dass sowohl Aprilia als auch Michelin noch vor Ort alles dafür taten, die Schuld für die Flugeinlagen des «Martinators» im anderen Lager zu suchen.
Wie ist es möglich, dass der MotoGP-Weltmeister 2024 in ein lupenreines Werksteam wechselt und beim wichtigsten Test des Jahres keine fünf Runden in Sepang schafft? Eine Frage, die selbst jetzt nach der Rückkehr aus dem hitzigen Malaysia noch in meinem Kopf bohrt.
Fast hätte die ungewollte dramaturgische Einlage von Aprilia Racing die wichtigen Botschaften verdrängt. Doch als die Elite am Schlusstag endlich auf Zeitenjagd ging, war die eigentliche Faszination zurück – Speed. Die Augen von Marco Bezzecchi funkeln irre, als er von seinen ersten schnellen Runden mit der RS-GP schwärmt. Zarco grinst, der Franzose weiß, dass es vorwärtsgeht. Quartararo grinst. Noch ein Franzose auf einem Renner aus Japan mit guter Laune. Chantra hat üblen Muskelkater und Enea Bastinanini hat zwar sein Englisch, nicht aber seine Rundenzeit verbessert.
Die letzten Notizen aus Sepang: verrückter Test mit gefallenem Champion und doch normalem Ausgang. Ducati vorne. Nicht vergessen, Mietwagen volltanken.