Paolo Pavesio über Yamaha-V4: «Wildcard 2025 denkbar»
Seit Januar 2025 hat Yamaha Racing offiziell einen neuen Chef. Der Italiener Paolo Pavesio hat den Posten von Lin Jarvis übernommen, der weiterhin als Motorsport-Berater für Yamaha aktiv sein wird. Jarvis, der auch bei der offiziellen Yamaha-Teampräsentation in Kuala Lumpur zugegen war, hatte sich seinen Nachfolger bereits Mitte 2024 an seine Seite geholt. Im Teamwork bewältigten die erfahrenen Yamahas das strategisch überaus wichtige Andockmanöver von Pramac Racing.
Paolo Pavesio ist alles andere als ein Newcomer. Seit über 20 Jahren für den japanischen Konzern tätig, verantwortete er unter anderem das Marketing der Europazentrale. Im Rahmen der MotoGP-Wintertests stand ein energiegeladener Pavesio für ein Vieraugengespräch zur Verfügung.
Trotz der vielversprechenden Ansätze auf Basis der «konventionellen» MotoGP-M1 mit Vierzylinder-Reihenmotor ist auch die von Yamaha seit September offiziell bestätigte Entwicklung eines V4-Antriebs Dauerthema im Fahrerlager. Angesprochen auf den Status quo der spannenden Entwicklung suchte Paolo Pavesio keinen Ausweg, berief sich zunächst aber noch einmal auf den gesamten Ansatz hinter einer Neuentwicklung und die Worte seines Kollegen aus der Technik, Massimo Bartolini.
Der zum Start der MotoGP-Saison 2024 ins Yamaha-Lager gestoßene neue Technik-Chef Bartolini hatte gegenüber SPEEWEEK.com im vergangenen Oktober eindringlich erklärt: «Man muss verstehen, es geht nicht nur darum, einen neuen Motor umzusetzen. Die Entscheidung, einen V4-Antrieb umzusetzen, bedeutet, ein komplett neues MotoGP-Motorrad zu konstruieren. Ich wiederhole – komplett. Es ist nicht möglich, den Antrieb isoliert zu betrachten. In der Praxis ist es unmöglich, einen neu entwickelten Motor in das jetzige Bike zu stecken und dann zu erproben.»
Paolo Pavesio nahm den Ball auf und verriet: «Mir ist besonders wichtig, dass sich die gesamte Diskussion zu Yamaha nicht auf das Thema «V4» allein konzentriert. Das Projekt existiert, aber es ist eine parallele Entwicklung zu den großen Anstrengungen, die wir jeden Tag unternehmen, um das laufende Rennprojekt nach vorne zu bringen.
Der Yamaha-Spitzenmanager: «Für uns geht es darum, uns Jahr für Jahr im Wettbewerb in den Rennen zu stellen und so gut es geht abzuschneiden. Was ich sagen kann: Wir werden 2025 sicher nicht im regulären Rennteam mit einem V4-Rennen fahren. Die Denkweise ist dennoch: «Je früher, desto besser.» Daher ist der Einsatz über Wildcards wünschenswert, denkbar wäre das in der zweiten Saisonhälfte 2025. Die Concessions geben uns die Chance dazu und es ist gut, diese Regelung zu haben.»
Paolo Pavesio unterstrich noch einmal: «Bei dem Projekt handelt es sich nicht um einen Motor, es geht um das gesamte Motorrad, das sich im Wettbewerb mit der aktuellen Konfiguration befindet. Wir sind im Werksrennsport, nicht in einem Serienprojekt mit Meilensteinen und einer Deadline. Irgendwann kann das V4-MotoGP dann das bestehende Bike überschreiben. Es ist sehr spannend: Auf der einen Seite bemüht sich das aktuelle Bike, die Mitbewerber einzuholen, und das V4-Projekt ist auf einer eigenen Spur unterwegs.»
Im Sinne des eigentlichen Ziels, so bestätigt es Pavesio, findet die V4-Entwicklung nicht fernab, sondern unter gleicher Regie statt: «Um unser Ziel zu erreichen ist die Steuerung zentral. Es sind die gleichen Techniker, sie müssen den Blick für alles haben.»
Dass Yamaha auch mit der weiterentwickelten M1 mit Reihenmotor noch Fortschritte machen kann, das zeigte zuletzt immer wieder Fabio Quartararo. In Sepang stieß der Franzose für Yamaha bis auf Rang 3 vor. Sein Rückstand auf die Bestzeit: 0,231 sec. Eine Woche später in Buriram war der Abstand dann wieder auf 0,9 sec gewachsen. Das Yamaha-Ass beendete die Generalprobe auf Rang 10, war aber langsamer unterwegs als beim Thailand-GP 2024.
Speziell die Schwankungen in der Leistung gehen auf die Gemüter der Yamaha-Akteure, sie geben der parallelen Neuentwicklung weiteren Rückenwind. Nach den Worten des Yamaha-Racing-Chefs werden die offiziellen M1-Piloten 2025 nur bei den Tests von der V4 kosten dürfen. Testfahrer Augusto Fernandez dürfte derjenige sein, der die neue Yamaha-Generation noch dieses Jahres erstmals in einem MotoGP-Rennen einsetzt.