Gino Borsoi vor dem Start: «Noch besser als erwartet»
Am Sonntag, dem 17. November 2024, feierte Pramac Racing in Ekstase den Gewinn des MotoGP-Fahrertitels mit Jorge Martin – auf der Ducati Desmosedici. Am 18. November standen in der Pramac-Box auf dem Circuit de Catalunya vier neue Yamaha M1 und auf den Stühlen saßen zwei neue Piloten.
Weltmeister Jorge Martin war mitsamt Crew Chief Daniele Romagnoli bereits mit der Aprilia RS-GP beschäftigt. Bei Pramac wuselte es vor Menschen. Mit einer gefühlten Armee von Technikern war Yamaha Racing über das italienische Team von Paolo Campinoti hergefallen. Kein Wunder, es galt, in kürzester Zeit einen kompletten Neustart zu bewältigen.
Ein Dutzend Wochen später ist klar: Von beiden Seiten war die frische Kooperation sehr gut vorbereitet. Alle drei Testevents verliefen ohne sichtbare Komplikationen. Sowohl auf der technischen Seite als auch auf der organisatorischen Ebene verlief das Andockmanöver bis dato reibungslos.
Beachtlich ist die frische Verbindung auch deshalb, weil von beiden Seiten mehr ein Zusammen als ein Nebeneinander ausgerufen wird. Nach acht gemeinsamen Testtagen bestätigt das auch Pramac-Teammanager Gino Borsoi: «Vom ersten Tag an war ich positiv überrascht vom Einsatz, den Yamaha für dieses Projekt aufbringt. Es ging sofort um eine komplette Integration und volle Transparenz. Natürlich war uns auch vorher klar, dass es Yamaha ernst meint, aber es ist noch mehr. Yamaha hat größtes Verlangen danach, gemeinsam mit uns zurückzukommen, und dieser Spirit ist eine enorme Motivation. Die Stimmung ist großartig und die Situation ist noch besser, als wir es uns erhofft hatten.»
Genährt wird der Optimismus zusätzlich durch die sportliche Ausgangslage. Denn auch wenn es verfrüht wäre, Siegesparolen auszurufen, ein positiver Entwicklungssprung im Yamaha-Lager ist nicht von der Hand zu weisen. Neben der Vergrößerung der Einsatzkräfte für das Pramac-Projekt konnte das Team um Technik-Chef Max Bartolini den Rückstand der M1 auf die Ducati-Spitze aus Bologna verkleinern.
Die größte Aussagekraft hatte der XL-Test in Malaysia. Yamaha und Pramac schufteten fünf volle Tage. Als die Koffer zum nächsten Test in Thailand gepackt wurden, lag Yamaha-Frontmann Fabio Quartararo auf Rang 3 der Zeitenliste und Pramac-Pilot Jack Miller hatte auf Rang 12 lediglich 0,8 Sekunden auf die Spitze eingebüßt.
Entsprechend glücklich zeigt sich Gino Borsoi: «Es ist erstaunlich, wie schnell Jack bei den Wintertests vorangekommen ist. In Sepang war er sofort auf einem hohen Niveau und tief in dem Projekt. Dass er so schnell so nahe an die Zeiten von Fabio herangekommen ist, das ist ein großes Plus.»
Der Aufschlag des Australiers bei den Wintertests war in der Tat bemerkenswert. Beim Erstkontakt in Barcelona hatte Miller müde gewirkt und war klar lder angsamste Yamaha-Pilot. In Sepang schien Miller wie ausgewechselt. Auch in Thailand konnte er das Tempo gut gehen. Dass die #43 die Wintervorbereitungen innerhalb der Top 10 abschließen konnte, zählte zu den kleinen Überraschungen.
Dass Miguel Oliveira nach einem vielversprechenden Kennenlernen mit der M1 in Barcelona dann weiter zurückfiel, stresst dPramac-Teammanager Gino Borsoi nicht: «Miguel fühlt sich sehr wohl im Team, das ist ein sehr gutes Zeichen. Die Arbeit mit ihm ist sehr angenehm und konstruktiv, auch wenn er im gesamten Lernprozess mit dem neuen Bike noch etwas mehr Zeit benötigt. In Summe sind wir aber rundum zufrieden und weiter, als wir es uns erhofft haben.»
Von einem konkreten sportlichen Ziel spricht das neu aufgestellte Team derzeit nicht. Sicher ist aber, dass man sich dank der vielversprechenden Wintertests und eines immensen Enthusiasmus auch bei Pramac zügig an der Spitze orientieren wird. Als Ducati-Mannschaft hätte nur eine Titelverteidigung für Befriedigung gesorgt. Im Schulterschluss mit Yamaha hat das Team in der kommenden Saison dagegen nichts zu verlieren.