Pit Beirer (KTM): «Wachstum entsteht durch Visionen»
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KTM Motorsport Direktor Pit Beirer
Um die strengen Sanierungsauflagen zu erfüllen, wurde in der Pierer-Gruppe in den vergangenen Monaten überall der Rotstift angesetzt, auch im Rennsport bei den Marken KTM, Husqvarna und GASGAS.
Auch dank langjähriger, verlässlicher und starker Partner wie Red Bull sehen wir 2025 zwei KTM-Teams in der MotoGP; mit Pedro Acosta, Brad Binder, Maverick Vinales und Enea Bastianini stehen vier Fahrer unter Vertrag, die die Weltmeisterschaft im Vorjahr in den Top-7 beendet haben.
Acosta und Binder legten mit den Plätzen 6 und 8 im Sprintrennen auf dem Chang Circuit in Thailand am Samstag einen soliden Saisonstart hin. Weil alle vorher in Buriram getestet haben, und es mit Asphalttemperaturen jenseits von 50 Grad Celsius außergewöhnlich heiß ist, meinte Acosta, dass wir die wahren Kräfteverhältnisse erst in zwei Wochen beim nächsten Event in Argentinien sehen werden.
Nach unfassbar schwierigen Monaten rückt für Rennchef Pit Beirer jetzt wieder der Sport in den Vordergrund, denn der Sanierungsplan für die KTM AG wurde am 25. Februar von den Gläubigern und Banken abgesegnet.
Besonderen Druck spürt der Motocross-Vizeweltmeister der Klasse 250 ccm von 1999 deswegen nicht. «Wenn du eine Rennabteilung leitest, die jedes Jahr schon so viele WM-Titel eingebracht hat, dann ist der Leistungsdruck da und bleibt», unterstrich Beirer im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com in Buriram. «Wir haben einen besonderen Druck verspürt, als wir zur Dakar gefahren sind. Weil wir wussten, dass es so wichtig für diese Firma ist, einen Erfolg abzuliefern. Das haben wir gemacht. Dann sind wir unter extrem schwierigen Bedingungen in die MotoGP-Saison gestartet mit einem wirklich harten November und Dezember. Aber natürlich interessiert das keinen im Paddock – wenn du hier bist, musst du liefern. Wir gehen zurück zu unserem alten Anspruch und wollen in der MotoGP aufs Podium. Diesen Druck haben wir uns auferlegt und wollen auch liefern. Die MotoGP ist zu teuer und aufwändig, um dann keinen Erfolg zu bringen. Dieser Druck schwebt über uns. Das ist aber kein besonderer Druck, weil die Firma in Schwierigkeiten war, sondern das wäre die Freude, die wir uns allen und der ganzen Firma zurückgeben möchten, dass wir liefern. Diesen Druck machen wir uns schon selbst.»
KTM ohne Rennsport ist für die Fans der Österreicher unvorstellbar, dennoch wurde das Thema im Rahmen des Sanierungsverfahrens natürlich auf den Prüfstand gestellt.
Beirer gibt wie alle Topmanager bei KTM unumwunden zu, dass in den vergangenen zwölf Monaten offensichtlich grobe Fehler passiert sind. Er schilderte auch, wie es dazu kommen konnte, dass sie von gewissen Ereignissen kalt erwischt wurden.
«Die Firma hat über Jahrzehnte zwischen 10 und 15 Prozent Wachstum hingelegt, somit haben wir immer positiv in die Zukunft geschaut», holte Pit etwas aus. «Das heißt für einen Industriebetrieb Investitionen zu tätigen, Leute einzustellen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Hätten wir uns 2010 entschieden, mit den ersten großartigen Motocross-WM-Titeln, eine Offroad-Marke zu bleiben und alles ist gut, dann wären wir halt bei 300 oder 400 Millionen Umsatz hängen geblieben und bei um die 1000 Mitarbeiter. Wachstum entsteht durch Visionen. Wir waren in der letzten Phase voll auf Zug, um größer zu werden, und haben auf der ganzen Welt investiert.»
Der 52-Jährige weiter: «Nach Corona war an Fahrrädern und Motorrädern alles ausverkauft und dann ist die Zuliefererkette abgerissen. Die Ukraine und Russland fielen als Lieferanten weg, das macht etwas mit einem europäischen Industriebetrieb. Wir haben versucht, uns Material für die nächsten zwei, drei, vier, fünf Jahre zu sichern. Es gab eine Phase, in der hat man gesagt, dass man das Material und die Mitarbeiter nicht mehr herbekommt. Also hat man sich gesichert, was noch irgendwie geht, um das Wachstum für die nächsten Jahre abzubilden. Dass das dann nicht stattgefunden hat... Natürlich sagen die Leute berechtigt, dass so etwas nicht über Nacht passiert. 6000 Mitarbeiter und 380.000 Motorräder produzierst du aber auch nicht über Nacht. Für manche Materialien hast du heute bis zu zwei Jahre Vorlaufzeit, somit triffst du die Entscheidungen sehr früh. Die Information, dass es schwierig wird, kam über Nacht. Aber es war viel zu spät, um zu reagieren.»