Austin-GP 2024: Vinales-Wunderwerk & Acosta-Mania
So katastrophal der zweite GP der Saison 2025 aus Sicht von Aprilia mit einem dauerverletzten Weltmeister, einem beim Start außer Kontrolle geratenen Marco Bezzecchi, einem bestraften Raul Fernandez sowie einem disqualifizierten Ai Ogura war – so traumhaft positiv ging es für das Werk aus Noale vor einem Jahr auf dem Circuit of the Americas zu. Die Ergebniszettel dürften eingerahmt im Büro von Rennsport-Chef Massimo Rivola sein.
Nach den Plätzen 1, 5, 9 und 11 hagelte es auch im Großen Preis mit den Platzierungen 1, 7, 10 und 11 WM-Zähler für den zweiten Hersteller aus Italien. Die Nummer 1 aus Bologna hatte an diesem Wochenende das Nachsehen.
Der Auftritt von Maverick Vinales glich einer Filminszenierung und war so außergewöhnlich, dass unmittelbar nach dem GP der USA, der auch 2024 die dritte Station im Kalender war, von einem neuen WM-Favoriten geredet wurde.
Begonnen hatte das Aprilia-Großereignis bereits im Vorfeld der Rennen – denn «Top Gun» Vinales, der später zu Batman mutierte, hatte sich auf der asphaltierten Achterbahn in Texas auch die Pole-Position geholt – vor einem unbeschwert auffahrenden Pedro Acosta. Austin-Spezialist Marc Marquez hatte sich als noch frischer Ducati-Pilot ebenfalls in Reihe 1 gepresst – damit war keine Werks-Ducati unter den Top-3.
In den Rennen lief es für die offizielle Werksmannschaft ebenfalls nur suboptimal. Enea Bastianini, 2022 Sieger in Austin, holte einen kleinen Pokal für Rang 3, Pecco Bagnaia ließ als Achter und Fünfter früh etliche WM-Zähler auf den späteren Champion liegen.
Jorge Martin hatte sich in den USA ausgesprochen clever verhalten. Mit fast 0,7 s Rückstand auf P1 war dem ansonsten in der Quali überragenden Spanier aufgegangen, dass er in den Rennen keine Siegchancen hatte. Statt auf ganz zu gehen, trug er mit den Rängen 3 und 4 wichtige Punkte in die Pramac-Garage.
Marc Marquez, mit sieben Erfolgen quasi Hausmeister der Strecke, jubelte nach dem Sprint und ging im GP übers Vorderrad zu Boden.
Euphorisch war wiederum die Stimmung vor 12 Monaten im KTM-Lager. Auf der fahrerisch extrem herausfordernden Piste hatte Rookie Acosta nochmals nachgelegt, erste Kilometer an der Spitze eines MotoGP-Laufs erlebt und sich als zweite Kraft in den USA gezeigt. Nach der Feier für Platz 2 schienen die Sterne für Acosta auf der RC16 so nah wie für Vinales auf der schwarzen RS-GP.
Geschuldet war der Triumph des Aprilia-Werksfahrers Maverick Vinales mehreren Faktoren. Die Punktlandung bei der Abstimmung erzeugte im Spanier das berühmte Gottvertrauen. Ausgestattet mit einem Schuss Zusatz-Selbstvertrauen durfte Vinales drei außergewöhnliche Tage erleben. Bei jeder Ausfahrt gelang es ihm – obwohl schon in seiner dritten vollen Saison für Aprilia am Start – erstmals, die vollen 100 Prozent des Pakets abzurufen.
Dabei sollte es bleiben. Nach dem historischen Vinales-Doppelschlag, der die Serie der Kontrahenten exklusiv zunichte machte, verabschiedete sich die Aprilia mit der Startnummer 12 wieder im Mittelfeld der Königsklasse. Kurios: Außer sechsten Plätzen brachte der Dominator des US-GP nichts Zählendes zusammen. Das Jahr 2024 schloss der Spanier auf Position 7 ab.
2025 verlief bislang noch gedämpfter. Vinales verzichtete auf Verzweiflungsaktionen und verbuchte die ersten Ausfahrten auf der KTM RC16 im Renntempo unter «Lernprozess». Wie weit er hinter seiner selbst fährt, das wird sich ab kommendem Freitag zeigen. Unweigerlich muss sich Maverick Vinales an seiner Show des Vorjahres messen lassen. Daran ändert auch der Markenwechsel wenig. Vinales und Acosta, Platz 1 und 2 des Jahres 2024, das erzeugt nicht weniger spannende Gedankenspiele als der Wechsel von Marco Bezzecchi auf das Bike aus Noale.
Um einen klaren Favoriten für das anstehende MotoGP-Wochenende auszurufen, reichen hingegen der aktuelle Tabellenstand sowie die Austin-Statistik. Marquez hat sich perfekt eingeschossen auf das weiterhin überlegene Motorrad – und kommt zu seiner Lieblingsstrecke. Alles andere als eine Fortsetzung der Marquez-Festspiele wäre eine Überraschung.