Jorge Martin: «Dachte, dass ich nie mehr fahren kann»

Jorge Martin
An diesem Wochenende findet in Austin der Red Bull Grand Prix of the Americas statt. Weltmeister Jorge Martin wird dort nicht am Start sein – der Aprilia-Pilot hat weiterhin mit den Folgen seiner schweren Verletzungen zu kämpfen, die er sich bei einem Trainingsunfall mit einem Supermoto-Bike Ende Februar zugezogen hatte.
Der Spanier ließ es sich aber nicht nehmen, nach Texas zu fliegen und bei seinem Team zu sein – so verfolgte er die Trainings-Sessions am Freitag von der Aprilia-Box aus, um Teamkollege Marco Bezzecchi und Testfahrer Lorenzo Savadori über die Schulter zu sehen. Dazwischen hatte Martin auch noch Zeit, um einen Medientermin wahrzunehmen. «Ich freue mich, mit euch hier zu sein. Es ist schwer zu glauben, aber ich habe euch wirklich vermisst», scherzte ein gut gelaunter Jorge Martin. «Ich erlebe derzeit nicht die beste Zeit, aber ich erhole mich gut und schneller als die Ärzte sagten. Ich möchte fahren, aber das ist momentan sehr schwer. Ich bin hierhergekommen, um Zeit mit dem Team zu verbringen. Ich möchte lernen, wie sie arbeiten – damit nicht alles neu ist, wenn ich zurückkomme.»
Danach erklärte der 27-Jährige, wie er die letzten Wochen erlebte: «Der erste Sturz war eigenartig, ich habe mir drei Knochen gebrochen, aber nach sieben, acht Tagen war ich wieder auf dem Bike. Mental war das kein Problem», sagte Martin. «Aber dann bin ich am Montag vor dem Thailand-GP sehr schwer gestürzt. Ich hatte Angst, denn meine Hand war in einem schlechten Zustand. Normalerweise fängst du nach der Operation an, dich etwas zu bewegen und du bekommst dein Gefühl zurück, aber das war dieses Mal nicht der Fall. Ich konnte zwei Wochen lang meine linke Hand nicht bewegen. Mental war das schwierig und ich dachte mir schon, dass ich nie mehr fahren kann – es war eine schwierige Situation. Nach zwei, drei Wochen habe ich aber wieder etwas mehr Licht gesehen. Ich weiß, dass dies langfristig kein Problem sein wird, aber jetzt fühle ich mich nicht sehr gut. Wir werden sehen, wie es ist, wenn ich wieder auf dem Bike sitze.»
Vor den versammelten Journalisten erklärte Martin dann nochmal, was genau beim zweiten Sturz auf dem Supermoto-Bike passiert ist: «Ich beschleunigte im vierten Gang aus einer Kurve heraus und habe dabei einen Kerb touchiert, dann stürzte ich – ich hatte einen Highsider bei hoher Geschwindigkeit. Ich brach mir dabei im Fuß vier und in der Hand drei Knochen – es war ein wirklich schlimmer Sturz», erklärte der Madrilene. «Momentan kann ich die Hand zwar bewegen, aber ich kann sie nicht belasten. Die Speiche war in drei Teile zerbrochen. Ich weiß nicht, was schlimmer war – der Bruch des Kahnbeins oder die Verletzung an der Speiche. Beide sind wichtig, um Gewicht auf die Hände zu bringen. Ich denke, es war eine der schlimmsten Verletzungen für einen Fahrer.»
Anstatt in das Flugzeug zu steigen, musste sich Martin die Rennen in Thailand von zu Hause aus ansehen. Er konnte mitverfolgen, wie Rookie Ai Ogura zwei Top-5-Resultate erzielte. «Es ist schwer, das von zu Hause aus sehen zu müssen», haderte er. «Ich versuchte aber immer in Kontakt mit meinem Team zu sein. Ich habe mir dann angesehen, ob das Bike auf der Geraden performt und wie es sich auf der Bremse und beim Beschleunigen verhält. Schließlich ist es das Bike, das ich fahre. Ich spüre, dass das Potenzial viel höher ist als in der letzten Saison. In Thailand zeigte Ai eine beeindruckende Leistung.»
Ducati-Werksfahrer Marc Marquez ist momentan das Maß aller Dinge – er fährt alles in Grund und Boden. Wäre Martin dazu in der Lage, den achtfachen Weltmeister zu ärgern? «Ich hoffe, dass ich ihn schlagen kann. Aber auch wenn ich fahren würde, wäre es momentan unmöglich. In meiner Situation muss ich realistisch sein – ich habe über 5.000 km Rückstand, komme von einer Verletzung zurück und sitze auf einem komplett neuen Bike. Ich muss mich deshalb auf mich selbst fokussieren.»
Nach dem COTA-Wochenende wird sich Martin wieder auf sein Training konzentrieren. Ist ein Start in Katar realistisch? «Ja, es sieht danach aus. Aber ich werde bis dahin kein Motorrad fahren, denn ich möchte nicht das Gleiche nochmal erleben – wenn ich mir vorstelle, dass ich mir beim Training in der nächsten Woche das Genick breche», lachte Martin. «Ich werde bis Katar warten. Vielleicht werde ich es dort versuchen und dann aufgeben müssen, oder es funktioniert. Ich weiß nicht, wie meine Verfassung sein wird – ich werde aber sicher nicht bei 100 Prozent sein.»