Stefan Bradl (Rang 4): Knapp am Podest vorbei!
Stefan Bradl führt vor Esparharó (41), Rossi (46), Márquez (93) und Crutchlow (35)
Würde es Stefan Bradl gelingen, als erster Deutscher seit Dieter Braun 1974 in Spa-Francorchamps bei einem WM-Lauf in der Königsklasse unter die ersten drei zu fahren? (Wir wissen: Michi Rudroff war 1989 in Misano Dritter, aber dort streikten die Stars).
Der deutsche LCR-Honda-Pilot startete mit viel Schwung in seinem Heim-GP, presste sich vom vierten Startplatz gleich an die zweite Stelle und wetzte noch in der ersten Runde an Valentino Rossi vorbei. In Runde 6 schnappte sich Marc Márquez die erste Position, danach gingen auch Rossi und Cal Crutchlow (der Brite in Runde 10) an Bradl vorbei.
Aber am Rennspeed von Bradl gab es nicht viel auszusetzen: In Runde 14 hatte er erst 3,3 Sekunden auf Leader Márquez eingebüsst. Er fuhr zu diesem Zeitpunkt 1:22,5 min – genau so schnell wie Rossi und Crutchlow vor ihm.
Nach 15 Runden hielt sich Stefan 1,1 Sekunden hinter Rossi und Crutchlow, der wenige Augenblicke später an Rossi vorbeischrubbte.
Bradl, bei den letzten drei Rennen Vierter (Mugello), Fünfter (Barcelona) und Sechster (Assen), erzielte auf dem Sachsenring das vierte Spitzenergebnis hintereinander und rückte dem angestrebten sechsten WM-Rang immer näher. Zehn Punkte fehlen ihm noch auf Andrea Dovizioso.
Nach Platz 4 war der Jubel in der LCR-Box etwas verhalten, denn nach der Bestzeit vom Freitag und Platz 3 im Warm-up hatte die Honda-Truppe auf einen Podestplatz gehofft.
«Ich bin enttäuscht, aber nicht wegen des Ergebnisses, sondern weil ich Stefan gegönnt hätte, hier vor seinem heimischen Publikum erstmals auf das MotoGP-Podest zu steigen», erklärte LCR-Honda-Crew-Chief Beefy Bourguignon. «Ich dachte, wir könnten etwas besser abschneiden. Aber am Schluss konnte Stefan nur noch hohe 1:22er-Zeiten oder niedrige 1:23er-Zeiten fahren. Wir müssen ihm also künftig ein besseres Motorrad hinstellen. Wir haben im Sektor 2 zu viel Zeit verloren. Aber es war sicher eine schöne Erfahrung für ihn, erstmals ein MotoGP-Rennen anzuführen. Am Schluss haben die andern drei etwas länger eine etwas höhere Pace halten können.»
Data-Recording-Techniker Brian Harden: «Wir haben nur 13,9 Sekunden auf den Sieger verloren. So nahe waren wir noch nie dran. Auch wenn Lorenzo und Pedrosa fehlen, bleiben noch drei extrem starke Gegner übrig.»
«Ich hätte dem Stefan einen Podestplatz gegönnt», meinte Mama Gisela Bradl. «Aber für mich ist die Hauptsache, dass er heute abend gesund daheim im Bett schläft.»
«Rossi und Crutchlow waren eine Spur zu schnell für Stefan», bemerkte Papa Helmut Bradl. «Und Márquez ist halt Márquez.»
Und genau dieser aussergewöhnliche Marc Márquez übernahm mit seinem zweiten MotoGP-Sieg wieder die WM-Führung. «Ich habe nicht erwartet, dass ich nach acht Rennen WM-Leader sein würde», gab der Honda-Werkspilot zu. «Das war ein wichtiges Rennen, 25 Punkte, das war bedeutend. Es fühlte sich anders an als beim ersten Sieg an, weil Dani und Jorge gefehlt haben. Ich bin anderes gefahren als sonst, denn ich habe versucht, den Abstand zu den Verfolgern zu kontrollieren. Jetzt gehen wir nach Laguna Seca. Aber das wird eine schwierige Aufgabe, weil ich noch nie dort war und die Strecke nicht kenne.»