Australien: Márquez zu spät an der Box – Höchststrafe
Schon 2011 hat Marc Márquez im WM-Finale die Nerven verloren. Vor genau zwei Jahren wollte der damalige Race Director Paul Butler Marc Márquez nach dem Freitag-Training vom restlichen Australien-GP ausschliessen.
Der Spanier kämpfte damals gegen Stefan Bradl um den Moto2-WM-Titel. Er stürzte im ersten freien Training, liess das Bike hastig reparieren und drehte vor Ende von FP1 noch eine Runde, in der Auslaufrunde knallte er mit rund 170 km/h ins Heck der Maschine des ausrollenden Thailänders Wilairot – ein Blackout erster Güte.
Butler plädierte für einen Ausschluss von Márquez für die restlichen Aktivitäten des Australien-GP. Doch der spanische WM-Promoter Dorna und Repsol machten ihren Einfluss geltend.
Der spanische Draufgänger Márquez wurde auf den 34. und letzten Startplatz verbannt, trotzdem sauste er hinter De Angelis und Bradl auf Platz 3.
Aber damit war das Mütchen von Márquez nicht gekühlt.
Eine Woche später stürzte er in der ersten Runde des ersten freien Trainings in Sepang, er schlug sich den Kopf an, sah dann alles doppelt – und musste auf die Rennen in Sepang und Valencia verzichten.
Bradl gewann die Moto2-Weltmeisterschaft 2011.
Auch 2012 geriet Márquez immer wieder ins Visier der Race-Direction. Auch in Valencia musste er im Vorjahr vom letzten Startplatz losfahren. Er hatte Kallio im Samstag-Training behindert und gefährdet.
2012 wurde immer wieder befürchtet, Márquez habe seit dem Malaysia-Crash Probleme mit der peripheren Sicht. Sogar Wayne Rainey brachte diese Vermutung auf.
Wenn man den heutigen Vorfall nach der elften Runde in Phillip Island anschaut, als Márquez nach dem Motorradwechsel ohne Rücksicht auf Verluste auf die Ideallinie einbog, als Lorenzo und Pedrosa als Spitzenfahrer mit 340 km/h auf die erste Kurve zubrausten, dann stellt sich die Frage neuerlich:
Señor Márquez, wie schaut es mit der peripheren Sicht aus?
WM-Favorit Márquez hatte vorher den richtigen Zeitpunkt für die Einfahrt in die Boxengasse verpasst, er kam zu spät rein – als einziger Fahrer. Hat die Repsol-Honda-Boxencrew geschlafen?
Und als er endlich nach Runde 11 (statt in Runde 9 oder 10) einbog, marschierte die Yamaha-Chefetage gleich Richtung Race Direction.
Diesmal schritt die Race Direction zur Tat: schwarze Flagge! Diese Höchststrafe war für den Fall angedroht worden, dass jemand mehr als die erlaubten zehn Runden mit einem Hinterreifen fährt.
Márquez bekam also die schwarze Flagge, nicht wegen der Kollision mit Lorenzo, sondern weil er mit den Reifen zu lange unterwegs war. Repsol-Honda-Sprecher Rhys Edwards: «Wir wissen nicht, ob es ein Fehler des Fahrers oder der Boxencrew war, dass Marc zu spät stoppte.»
Eines war deutlich zu beobachten: Die Márquez-Crew kam anscheinend in der Hektik mit dem Rundenzählen durcheinander. Es wurden zwei Runden lang jeweils die Reifenwärmer von der Ersatzmaschine abmontiert – und dann wieder draufgesteckt!
Fakt ist: Die andern Spitzenfahrer kamen alle nach 9 oder 10 Runden rein, wie vorgeschrieben, aber Márquez stoppte erst nach elf Runden. Ein folgenschwerer Irrtum!
Die Race-Direction hatte unmissverständlich klar gelegt: Kein Fahrer darf mehr als zehn Runden mit einem Reifen fahren. Und jeder wusste: Man muss nach Runde 9 oder 10 an die Box!
Lorenzo hat mit dem Australien-Sieg von seinen 43 Punkten Rückstand 25 Punkte wettgemacht. Der neue WM-Stand: 1. Márquez 298 Punkte. 2. Lorenzo 280. 3, Pedrosa 264.
Die Weltmeisterschaft bleibt spannend.
Und Márquez wird zu seinen drei Strafpunkten vielleicht noch weitere dazu kriegen. Dann muss er aus der Boxengasse losfahren.
«Ich habe extrem spät gebremst, Marc hat nicht viel nach rechts geschaut, als er rausgefahren ist», war die erste Aussage von Lorenzo nach seinem Australien-Triumph.