Ducati: So läuft der Trick mit Magneti Marelli
Der vor einem Jahr entlassene Ducati-Technikdirektor Ing. Filippo Preziosi hat die Roten in eine aussichtlose Sackgasse manövriert, als er 2012 in der Motorcycle Sports Manufacturers Association (MSMA) den Überredungskünsten von Honda nicht widerstehen konnte und für 2014 einigen weitreichenden technischen Neuerungen zustimmte.
Er lag damals mit Rossi in der WM ständig mit 1,5 bis 1,8 sec zurück, trotzdem willigte er ein, dass 2014 die Motorenentwicklung eingefroren und der Tankinhalt von 21 auf 20 Liter beschränkt wird.
Diese Suppe muss heute Gigi Dall'Igna auslöffeln, der neue General Manager von Ducati Corse.
Aber durch den Wechsel ins Open-Format könnte Ducati eine Lösung gefunden haben, die aus dem Schlamassel herausführt.
Ärger bei den anderen Open-Teams
Ducati muss die Desmosedici nur mit der Einheits-ECU von Magneti Marelli ausrüsten, dann fallen alle ärgerlichen Factory-Nachteile weg, man kriegt auch mehr Motoren (zwölf statt fünf) und weichere Hinterreifen.
Für einige gegnerische Teams, die sich in der Open-Class profilieren wollen, sind die Ducati-Pläne ein Dorn im Auge. Das Drive-M7-Honda-Team von Jorge «Aspar» Martinez ärgert sich, weil Yamaha einfach eine letztjährige M1-Yamaha für Aleix Espargaró ins Rennen schickt. Und dass die Open-Kategorie ursprünglich nicht für die hoch dotieren Werksteams vorgesehen war, ist auch klar.
Aber jetzt wird Ducati einfach die neueste Einheits-ECU von Magneti Marelli montieren – und dann alle Vorzüge des Open-Formats genüsslich auskosten.
Die gegnerischen Open-Teams fühlen sich hintergangen.
Sie vermuten, Ducati und Magneti Marelli hätten sich verbündet, offenbar mit dem stillen Einverständnis der Dorna oder zumindest von deren Dorna-Technikdirektor Corrado Cecchinelli, der vorher unter Preziosi die Nr. 2 bei Ducati Corse war.
«Die neue Einheits-ECU für den zweiten Sepang-Test hat vielfältige Updates. Das wird sich nicht auf eine einzelne Rundenzeit auswirken. Aber es wird helfen, den Hinterreifen über die Renndistanz besser hinzukriegen», sagt uns der Elektronik-Ingenieur eines MotoGP-Teams. «Man kann dadurch auch die Veränderungen ausgleichen, die bei einem Rennmotorrad über eine Renndistanz passieren. Es wird den Teams auch erlauben, schneller auf geänderte Witterungsbedingungen zu reagieren, wenn es zum Beispiel deutlich wärmer oder kälter wird.»
Der grosse Trick an der neuen Einheits-ECU: Ducati soll seine firmeneigene ECU-Software Magneti Marelli überlassen haben, Marelli hat sie in die bisherige Einheits-Motorensteuerung eingebaut.
Das heisst: Ducati wird durch den erstmaligen Einbau der Einheits-ECU 2014 null Nachteile haben, denn die Software ist identisch mit der letztjährigen Software aus der GP13.
Das ist zumindest der Verdacht einiger namhafter Open-Teams.
Denn die Neuigkeit eines umfangreichen Einheits-ECU-Updates für den zweiten Sepang-Test ist zu den betroffenen Teams erst sehr kurzfristig durchgesickert.
Man könnte jetzt meinen, die Open-Teams würden ja 2014 von diesen Updates auch profitieren, sie sollten sich also nicht beschweren.
Aber: Ducati hat mit dieser Software ein Jahr Erfahrungsvorsprung. Ohne Einweisung und ohne zusätzliche Manpower ist die Implementierung der ECU eine sehr komplexe Aufgabe für die Privatteams. Sie werden dioe Vorzüge anfangs kaum nützen können.
Ducati und Magneti Marelli machen sich also offenbar einen Trick zunutze, über den man geteilter Meinung sein kann.
Die Japaner werden wütend reagieren. HRC-Vizepräsident Nakamoto schimpfte schon über Yamaha laut genug, weil sie das Forward-Kundenteam mit Prototypen beliefern, was nicht im Sinne der Erfinder ist.
Welche Rolle spielt Cecchinelli?
Diese Geschichte hat einen etwas üblen Beigeschmack. Dorna bezahlt die Entwicklung der Einheits-ECU bei Magneti Marelli, die kleinen Open-Teams (bisher CR-Teams) haben sie 2013 weiterentwickelt und unfreiwillig Know-how geliefert. Jetzt kommt noch kostenlos das gesamte Knowhow des Ducati-Werks in die Hände von Magneti Marelli.
Es wäre mal zu klären, welch undurchsichtige Rolle der italienische Dorna-Cheftechniker Corrado Cecchinelli in diesemZusammenhang spielt.
Einige Teams werfen ihm vor, er stehe nach wie vor zu stark auf der Seite seines ehemaligen Arbeitgebers Ducati. Und er sei zu Italien-lastig. Schliesslich ist unter seiner Regie auch in der Moto3-WM die Einheits-ECU an Dell’Orto vergeben worden. Die Konkurrenzunternehmen (also andere Zündungshersteller) haben nie eine Ausschreibung zu Gesicht gekriegt, die ihnen echte Chancen eingeräumt hätte.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
«Cecchinelli steht komplett auf der Seite von Magneti Marelli», wird dem Dorna-Techniker von einem Open-Teammitglied vorgeworfen. «Die Entscheidungen, die er trifft, sind nie im Sinne der Teams. Nie.»
Die Privatteams von Honda, FTR-Yamaha, Avintia-Kawasaki und PBM oder AB Cardion Motoracing haben in der Entwicklungsphase der Einheits-ECU viele Informationen für Magneti Marelli beigesteuert. «Aber eigentlich wurde Marelli von der Dorna für diese Aufgabe bezahlt», sagt ein Elektroniker. «Die Entwicklung der Motorsteuerung wurde aber 2013 auf dem Rücken der Privatteams gemacht...»
Das heisst: Magneti Marelli bekam die gesamten Field-Tests quasi gratis zugeschoben, sie brauchten keine grosse Entwicklungsabteilung. «Sie mussten nur ein bisschen programmieren. Das konnten sie sogar relativ schlampig machen, weil ja die Teams die Fehler ausfindig gemacht haben. Was bei Marelli alles schiefgegangen ist, das interessiert keinen, das wurde unter den Tisch gekehrt», sagt unser Elektronik-Ingenieur.