Wetten, dass Ducati ins Open-Format wechselt?
Bis spätestens 28. Februar muss Gigi Dall'Igna, neuer General Manager von Ducati Corse, eine schwerwiegende Entscheidung treffen.
Er muss deklarieren, ob neben Pramac-Ducati-Pilot Yonny Hernandez noch weitere Ducati-GP14-Piloten in der MotoGP-WM 2014 in der Open Class antreten.
Das heisst: Bei den Werkspiloten Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow sowie Andrea Iannone (er fährt bei Pramac) muss festgelegt werden, ob sie im Factory Status bleiben oder nicht.
Open-Fahrer erhalten 24 statt 20 Liter Kraftstoff, zwölf statt fünf Motoren, die Motorenentwicklung wird ab dem Saisonstart nicht eingefroren, dazu gibt es voraussichtlich weichere Hinterreifen.
Wer unsere beiden Interviews mit Dall 'Igna am Montag auf SPEEDWEEK.com gelesen hat, kann sich bereits seinen eigenen Reim machen.
Ich wette: Ducati hat längst beschlossen, auch die Maschinen der drei restlichen Fahrer auf den Open-Status umzustellen.
Dall'Igna wollte sich in den Interviews dazu nicht exakt festlegen und seine Priorität nicht verraten.
Aber er sagte mehrmals: «Meine vorrangige Aufgabe ist es, die Ducati weiterzuentwickeln.» Und: «Wir müssen wieder dorthin kommen, wo Ducati und Marlboro hingehören.
Also auf das Siegerpodest.
Ducati kann sich also keine eingefrorene Motorenentwicklung leisten. «Denn dann kann ich nicht einmal die Motoraufhängung ändern, also auch nicht die Position des Triebwerks im Chassis», ist sich Dall'Igna bewusst. Dann wird das Untersteuern auch 2014 ein treuer Begleiter der Desmosedici bleiben.
Ducati hat seit Oktober 2010 (Casey Stoner) kein MotoGP-Rennen mehr gewonnen. Ducati war beim ersten Sepang-Test (4. bis 6. Februar) mit Dovizioso auf Platz 7 rund 0,837 sec hinter Honda-Star Marc Márquez. Iannone und Crutchlow landeten nur auf den Rängen 10 und 12.
In den drei Wochen bis zum zweiten Sepang-Test (26. bis 28. Februar) wird niemand drei oder vier Zehntel finden.
Das bedeutet: Der Rückstand von Ducati wäre beim Verbleib im Factory-Format für den Rest der Saison einzementiert.
Ducati wird als Open-Team keine Schmach erleiden. Es gibt (im Gegensatz zur Claiming-Rule-Wertung von 2012 und 2013) kein eigenes Klasement, keine eigenen Punkte, keine eigene Siegerehrung. Die meistens Fans werden gar nicht wissen, ob sich bei Ducati bis zu 24 Liter im Tank befinden und ob die Entwicklung eingefroren ist oder nicht.
Es zählt nur das Ergebnis. Und jedes Team kann die unterschiedlichen Möglichkeiten und Vorzüge des Reglements nützen.
Und Gigi Dall'Igna bürdet sich im Open-Format keine Nachteile auf. Er muss zwar die Einheits-ECU von Magneti Marelli (Hardware und Software) nehmen, aber bei Hernandez hat sich gezeigt, dass dadurch kaum Nachteile entstehen.
Factory-Status: Neun übermächtige Gegner
Für mich ist auch nicht vorstellbar, dass zum Beispiel Dovizioso im Open-Format fährt und Crutchlow im Factory-Status. Dann müsste der Brite technischen Stillstand in Kauf nehmen und zuschauen, wie «Dovi» die ganze Saison hindurch Motoren-Updates erhält.
Die Factory-Vorschriften kämen Ducati momentan höchst ungelegen. Dann könnten sich fünf Yamaha (auch die Open-M1 von Aleix Espargaró) als unüberwindliche Hürden herausstellen, dazu die vier Honda von Márquez, Pedrosa, Bradl und Bautista. Das sind neun äusserst konkurenzfähige Motorräder.
Und wenn sich Iodaracing und Aprilia noch einigen, könnten auch Petrucci und Camier noch zur ernsthaften Bedrohung für Ducati werden.
Eine Niederlage gegen den italienischen Rivalen Aprilia, das wäre die Höchststrafe für Ducati.
Für Gigi Dall'Igna persönlich allerdings nicht. Er war bei Aprilia von 1992 bis 2004 für die Technik mitverantwortlich. Dann war er zehn Jahre lang in Noale Renndirektor und Technikchef bei Aprilia Reparte Corse. Er ist der Vater der erfolgreichen Aprilia RSV4, die mit Max Biaggi 2010 und 2012 die Superbike-WM gewann und die auch in der MotoGP-WM gute Figur macht.