Suzuki-Comeback: Aus den alten Fehlern nichts gelernt
Die Suzuki-Box in Sepang: Es dominieren die Beschaulichkeit und technischer Stillstand
Suzuki war in den 1960er-Jahren ein Vorreiter bei den GP-Zweitakt-Kreissägen, vor allem in der 50-ccm- und 125-ccm-Klasse. In den 1970er-Jahren sorgte die Suzuki 500 mit Stars wie Barry Sheene, Wil Hartog, Pat Hennen und Randy Mamola für Furore.
Aber seit dem Titelgewinn von Kevin Schwantz 1993 und Kenny Roberts Junior in der 500er-WM 2000 hat das drittgrösste Motorradwerk der Welt keine dicken Stricke mehr zerrissen.
In der MotoGP-Viertaktära (sie begann 2002) erwies sich Suzuki mit Fahrern wir Roberts, Gibernau, Aoki, Vermeulen, Capirossi und Bautista und dem verunglückten V4-Konzept als nicht konkurrenzfähig.
Einzige Ausnahme: Chris Vermeulen gewann 2007 in Le Mans den Regen-GP.
Der erfolgreiche Suzuki-Feldherr Garry Taylor wurde abgelöst und vom Briten Paul Denning ersetzt, der jedoch gegenüber den Japanern nur mit Untertänigkeit glänzte und dessen Durchsetzungskraft viel zu wünschen übrig liess.
Taylor machte nach seiner Entlassung ein Dutzend Gründe für das Scheitern von Suzuki publik. Die Ingenieure unterschätzten zum Beispiel die Anforderungen des Viertakt-Projekts grob fahrlässig und bildeten sich ein, sie wären punkto Technologie auf dem Stand der Honda-Designer, die aber für die MotoGP-Ära 2002 stark von der Formel-1-Erfahrung profitierten. Selbst Ducati stellte die einfallslose Suzuki GSV-R mit eigenen Konzepten (Desmodromik, Stahlchassis) klar in den Schatten.
Deshalb zog sich Suzuki Ende 2011 entnervt aus der MotoGP-WM zurück und räumte den lahmen V4-800-ccm-Motor ins technische Museum. Vor einem Jahr verkündete Suzuki zuerst die Rückkehr für 2014, dann für 2015, eine neue 1000-ccm-Maschine wurde für Tests auf die Piste gerollt.
Ein Reihenmotor (Vorbilder: Yamaha-M1 und Suzuki-Superbike) sollte dem neuen MotoGP-Renner Beine machen.
Aber wenn es an Geld, an Manpower, Technologie und Siegeswillen fehlt, sollte man lieber zuhause bleiben, statt den Giganten Honda und Yamaha den Fehdehandschuh hinzuwerfen.
In der vergangenen Woche marschierte das Suzuki Test Team beim offiziellen MotoGP-Test in Sepang auf. Als Testfahrer ist immerhin Randy de Puniet unter Vertrag, der 2010 in der MotoGP-WM auf der LCR-Honda noch auf Platz 5 lag.
Trotzdem büsste Suzuki mit 2:02,486 min die Ewigkeit von 2,953 sec auf die Bestzeit von Márquez ein. Platz 17.
Verwunderlich ist das nicht. Denn obwohl sie in der WM 2013 je neun Siege eroberten, haben Honda und Yamaha ihre MotoGP-Geräte in allen Belangen weiter verbessert. Und Márquez, Pedrosa, Lorenzo und Rossi verlangen bis zum Saisonstart dringend weitere Änderungen.
Und was ist bei Suzuki passiert?
«Wir haben beim Chassis und Motor die besten Teile von 2013 aussortiert und sie in zwei Motorräder gepackt», erklärte Teammanager Davide Brivio. Da macht sich Sprachlosigkeit breit.
Technischer Stillstand bei Suzuki
Der Italiener Brivio hatte schon beim Laguna-Seca-GP am 23. Juli 2013 attestiert, dass es der Suzuki an Motorleistung fehlt.
«Wie viel Power habt ihr seit dem letzten Sommer gefunden», fragte ich Brivio in Sepang. «Gar keine. Wir müssen zuerst rausfinden, wie viel uns wirklich fehlt», lautete die mitreissende Antwort.
Zur Erinnerung: Suzuki büsste bei den Tests 2013 im Schnitt 1,5 Sekunden ein. Durch den offensichtlichen Entwicklungsstillstand wird er sich bis zum Sommer womöglich weiter erhöhen.
Seit mehr als einem Jahr ist bekannt, dass 2014 alle MotoGP-Teams mit der Elektronik-Hardware von Magneti Marelli fahren müssen. Auch die Factory-Teams. Honda hat diese Black-Box bereits im Mai 2013 getestet. Yamaha etwas später.
Suzuki rückte vor fünf Tagen erstmals damit aus.
Fazit von Testfahrer de Puniet in Sepang: «Wir beginnen bei Null. Die Gasannahme lässt sehr, sehr stark zu wünschen übrig.»
Ein unglaubliches Phänomen: Die planlosen japanischen Suzuki-Rennchefs sind durch Erfahrung anscheinend dümmer geworden. Sie zeichnen sich durch eine virtuose politische Ungeschicklichkeit aus.
«Bei HRC beschäftigen sich 30 Elektroniker mit der Software, bei Suzuki einer», berichtete ein ehemaliger Suzuki-GP-Mechaniker.
Seamless-Getriebe und pneumatischer Ventiltrieb? Selbst Open-Teams wie Aprilia und Avintia-Kawasaki beschäftigen sich damit, Forward-Yamaha hat die Pneumatik bei Aleix Espargaró und Edwards sowieso an Bord.
Bei Suzuki? Fehlanzeige.
Der Suzuki-Renner hat seinen Beruf verfehlt: Er rennt nicht.
Man muss kein Prophet sein, um Suzuki ein Scheitern vorherzusagen, wenn dieses Projekt nicht auf eine wesentlich professionellere Basis gestellt wird.
Und eines ist auch klar: Jeder aktuelle Top-Ten-Fahrer wird sich hüten, für 2015 bei Suzuki zu unterschreiben.
Suzuki träumt von Kalibern wie Crutchlow, Pedrosa und Co. Aber auch ein Aleix Espargaró ist mit der fünftbesten Yamaha besser bedient als mit der Nr.-1-Suzuki.
Wetten, dass sogar das aufgemotzte Aprilia-Superbike in der MotoGP-Saison 2014 schneller sein wird als die Werks-Suzuki bei den gemeinsamen Tests?
Wer zwei Jahre lang testet und den Wettkampf scheut, zementiert den technischen Stillstand und offenbart Feigheit vor dem Feind.
Dazu verlangsamt er seine Entwicklungsgeschwindigkeit.
Das Suzuki-Projekt wird von Beschaulichkeit getragen, nicht von Leidenschaft, Kampfgeist und Siegeswillen.
Ein Trauerspiel.