MotoGP: Für Marc Marquez endet eine Ära

Bridgestone: Was war mit den Vorderreifen los?

Von Günther Wiesinger
Zuerst beklagten sich die MotoGP-Fahrer über die neuen Hinterreifen von Bridgestone. In Texas machten die Vorderreifen schlapp. Thomas Scholz nimmt Stellung.

Bridgestone ist seit 2009 Einheitsreifenlieferant in der MotoGP-Weltmeisterschaft und gerät immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Der zweite Drei-Jahres-Vertrag mit der Dorna läuft am Jahresende aus. Er soll um ein Jahr verlängert werden. Dann können für 2016 auch Michelin, Pirelli und Dunlop um einen neuen MotoGP-Einreifendeal wetteifern. Ein Reifenkrieg ist momentan nicht mehr erwünscht...

In Sepang und Katar klagten die Fahrer über die neue 2014-Generation der hitzebeständigen Hinterreifen.

Von dieser Generation kam nur die harte Mischung in Texas zum Einsatz, die weicheren Medium-Hinterreifen stammten aus der Produktion des Jahrgangs 2013.

Aber auf dem Circuit of The Americas (COTA) waren es ohnedies die Vorderreifen, die für Missmut sorgten, weil sie die 21-Runden-Renndistanz nicht klaglos überstanden.

SPEEDWEEK.com hat den Deutschen Thomas Scholz, Chief Coordinator von Bridgestone Motorsport, um ein paar Erklärungen gebeten.

Thomas, sogar Kevin Schwantz hat sich über die mangelnde Haltbarkeit der Bridgestone-Reifen gewundert.

So ein Unsinn. Kevin hat etwas missverstanden.
Wir wussten ja, dass Kevin am Dienstag und Mittwoch zwei Stunden mit der MotoGP-Suzuki fahren wird. Deshalb haben wir ihm gesagt, dass es auf dem Vorderreifen Probleme mit dem Verschleiss geben könnte.
Denn wir haben entschieden, dass wir ihm die weichen Reifen drauf machen, während im Rennen alle Fahrer vorne die Medium-Mischung gefahren sind.
Ich habe nur zum ihm gesagt: Wenn du hier zwei Stunden rumfährst, das erzeugt viel Stress für den Vorderreifen, pass also auf, was du mit dem Vorderrad anstellst.
Dann habe ich eigentlich im Scherz zu ihm gesagt: Da hast du ja eine schöne Strecke mitentwickelt... Das war aber spassig gemeint.

Trotzdem steckt in deiner Aussage ein Körnchen Wahrheit?

Gut, die Piste in Texas hat unheimliche Spitzkehren drin. Oder die erste Kurve mit dem Bergauf-Bremsen, du hast also sehr lange Bremszonen dort... Das heisst: Alle Teams fuhren sehr harte Vorderrad-Federn, damit sie beim Bremsen genug Stabilität haben. Hinten waren sie relativ weich in der Federung, denn beim Bergauf-Bremsen hebt das Hinterrad sowieso nicht ab.
Dann kommen auf dem COTA die schnellen Richtungswechsel, wo dieses Setting nicht funktioniert, weil du hinten relativ weich bist, vorne ziemlich hart.
Mit der MotoGP fährst du natürlich auch noch deutlich schneller als mit der Moto2. Bei der MotoGP wird in den Abschnitten mit den Richtungswechseln das Vorderrad zu leicht, das haben alle Fahrer erzählt. Das schleisst dann das Vorderrad unheimlich. Das war das Hauptproblem in Texas.

Aber man kannte die Piste von Texas aus dem Jahr 2013. Hätte man vorne einen Dual-Compound liefern müssen, also eine Mischung, die rechts härter ist als links?

Wir hatten im Vorjahr keine so grossen Probleme. Der Grip war aber dieses Jahr besser als letztes Jahr. Dazu kam, dass die Asphalttemperatur im Rennen zehn Grad kühler war als im Training.
Es hat auch im Training kein Fahrer Long-runs gemacht, die deutlich länger waren als zehn Runden.
Es wird im Training auch nie lange mit vollem Tank gefahren. Trotzdem haben wir gesehen, dass es nach 12 oder 13 Runden bereits Probleme mit dem Vorderreifenverschleiss geben kann. Wir haben die Fahrer darauf aufmerksam gemacht.
Im Rennen fuhren sie dann mit 20 oder 24 Litern weg, also mit deutlich mehr Gewicht. Dann ist der Schuss nach hinten los gegangen.

Ducati hatte 2013 immer höheren Reifenverschleiss als Honda und Yamaha. Warum konnten diesmal Iannone und Dovizioso so gut mithalten?

Das kann am Fahrstil liegen oder am Set-up. Iannone ist ja dann auch zurückgefallen.

Mit den Hinterreifen gab es in Austin keine Probleme, nicht wahr?

Ja, es waren alle happy damit. Die meisten sind den 2013er-Hinterreifen gefahren, aber der 2014er ging auch, wie Márquez gezeigt hat. Er kam am besten damit zurecht.
Durch die kühleren Temperaturen sind am Sonntag die meisten Fahrer bei den Medium-Hinterreifen geblieben. Wäre es so warm gewesen wie am Samstag, hätten ein paar andere Fahrer neben Márquez auch zum harten Hinterreifen gegriffen.

Cal Crutchlow musste den Hinterreifen wechseln?

Ja, er hat Vibrationen gekriegt. Was da bei seinem Reifen passiert ist, müssen wir zuerst in Japan untersuchen.

Wir sind beim alten Thema: Über die Reifen wird nur diskutiert, wenn es Probleme gibt. Wenn sie Grip haben und durchhalten, gilt das als Selbstverständlichkeit.

Ja, ja, das ist schon klar.
Aber wir kämpfen mit sehr vielen unterschiedlichen Einflüssen.
Beim Nachtrennen in Katar ist abends um 22 Uhr die Temperatur stark runtergegangen, die Luftfeuchtigkeit ist gestiegen. Dadurch hat der Grip nachgelassen, die Reifen haben nicht mehr so gut funktioniert.
In Austin war es so, dass es die Vorderreifen durch die schnellen S-Kurven vom Verschleiss her im Rennen so runtergerissen hat, dass die Haftung immer geringer wurde.

Die Fahrer beklagten aber auch, dass es plötzlich wieder eine 2013-Generation für hinten gab, das machte Set-up-Änderungen nötig. Es sei ein Durcheinander, beklagte sich Rossi, die Kollegen haben ihm beigepflichtet.

Ja, das lag an Ducati. Als die sich entscheiden haben, mit den Open-Class-Vorzügen zu fahren, haben wir in Japan gerade die Reifen für Texas produziert. Die mussten aufs Schiff geladen werden, denn von Japan bis Texas dauert die Fracht drei Wochen.
Wir mussten dann für Ducati mehr weiche Reifen produzieren. Bei der Umstellung kam es zu Problemen in der Produktion. Weil die harten und die Medium-Reifen auf denselben Maschinen produziert werden, konnten wir nicht genug herstellen. Wir konnten die Medium-Reifen gar nicht mehr produzieren.

Es waren dann zum Glück genügend geeignete Hinterreifen von 2013 auf Lager?

Ja, weil wir 2013 in Motegi auf weichere Reifen gegangen sind. Dort waren ursprünglich diese Medium-Hinterreifen geplant, die wir jetzt nach Texas mitgenommen haben. Durch die Umstellung in Motegi auf die weichen hatten wir noch genug Medium-Mischungen für Texas zur Verfügung.

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