Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Laguna Seca und der fehlende Charme von COTA

Kolumne von Günther Wiesinger
Der Circuit of The Americas (COTA) setzt neue Massstäbe im Rennstreckenbau. Eine faszinierende Arena. Sie passt zur Betonwüste von Austin.

Wenn man über nagelneue Autobahnen (oder besser Highways) fährt, die aus unerfindlichen Gründen 50 oder 80 Meter in die Höhe ragen und auf vergleichsweise dünnen Betonsäulen ruhen, wenn man im Hotel in der 18. Etage das Frühstück einnimmt und rundherum Wolkenkratzer der 5-Stern-Hotels wie Hilton, Sheraton, Radisson, Marriott und Holiday Inn sieht, wenn beim Frühstücksbuffet Cottage-Cheese mit Erdbeergeschmack liegt, wenn man einen Kleinwagen für rund 20 US-Dollar volltanken kann – dann befindet man sich in Austin/Texas. Downtown, wohlgemerkt, also im Stadtzentrum.

Von dort ist es nur knapp 20 Minuten zum International Bergstrom Airport und vielleicht fünf Minuten mehr zum Circuit of The Americas. Im Gewirr der Autobahnen, Freeways, Highways und Toll Roads verliert man aber vielleicht rasch die Orientierung, wenn man zum Beispiel vom Highway 71 beim Flughafen die Richtung «West» einschlägt statt «East», weil man die Schilder in schwindelnder Höhe nicht rasch genug lesen konnte.

Und man fragt sich, warum sich die Autobahnplaner nicht mit 30 Meter hohen Brücken begnügt haben. Wahrscheinlich wollen sie darunter in den nächsten 50 Jahren noch zwei Stockwerke einziehen.

Der Circuit of The Americas ist eine Arena, gebaut für das nächste Jahrhundert, ähnlich riesig ist nur die GP-Piste Istanbul Park in der Türkei, die inzwischen verkümmert.

Mit 5,5 km Länge ist COTA die längste GP-Strecke im Kalender, keine ist breiter, keine hat mehr Kurven. Keine hat mehr Parkplätze, keine hat ein grösseres Media Centre, keine hat ein schnelleres Internet, keine hat grössere und höhere Boxen, keine hat eine breitere Boxengasse. Alles ist gigantisch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Wie jämmerlich und vergammelt nimmt sich dagegen der 50 Jahre alte Laguna Seca Raceway aus, mit seinen verrotteten Pommes-Buden im Paddock, den staubigen Parkplätzen auf einer abschüssigen Wiese, mit den Zeltboxen und dem vorsintflutlichen Pressebüro.

Charme vs. Modernität

Trotzdem: Laguna Seca hat mehr Charme als COTA, die Piste in Kalifornien hat ebenfalls ihre Reize, auch wenn sie 2 km kürzer ist.

Und die Gegend rund um Laguna Seca mit Monterey und Carmel Valley mit dem berühmten 17-Miles-Drive und dem berühmten Golfplatz ist mir persönlich tausend mal lieber als die Wolkenkratzer-Betonwüste in Austin.

Texas bietet andere Reize. Manche GP-Mitglieder sind ins drei Autostunden entfernte Houston gefahren und haben sich dort bei der NASA zum Beispiel die monströse Saturn-5-Rakete angeschaut.

Ein Blick auf die Landkarte von Texas ruft uns Städte wie Corpus Christi in Erinnerung, Dallas, wo John F. Kennedy erschossen wurde, Waco, wo das Sektendrama stattfand. Auch Amarillo sagt uns was, zumindest den Musikfans.
Ausserdem gilt Austin nicht nur als Hauptstadt von Texas, sondern auch als «Capital of Live Music».

Freddie Spencer hat auch nicht weit nach Austin: Shreveport in Louisiana liegt gleich hinter der Grenze.

COTA ist die Zukunft

Vergessen wir Laguna Seca. Die Streckenbetreiber waren unfähig und kamen finanziell auf keinen grünen Zweig. Die Zukunft heisst Circuit of The Americas.

Ein schnelles Internet ist heute wichtiger als Sentimentaliäten und die prächtige Landschaft um das Urlauberparadies Monterey, mit dem herrlichen Beach, den gemütlichen Motels (keines höher als vier Stockwerke), wo man gleich ein paar Ferientage anhängen und von wo man in eineinhalb Stunden San Francisco besuchen kann.

In Austin bleibt keiner länger als nötig.

Der GP-Tross teilte sich nach dem Rennen auf in jene, die Ostern daheim in Europa verbringen wollen und jene, die vor dem Argentinien-GP (27. April) hier in Amerika bleiben, in Florida oder sonst einem ruhigen Plätzchen – vielleicht in der Karibik.

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