Sieger Valentino Rossi: «Wie in einer Zeitmaschine»
Emotionen, Gänsehaut pur, Freudentränen. Misano lag Rekordweltmeister Valentino Rossi zu Füßen, als dieser seinen 81. MotoGP-Sieg einfuhr, seinen 107. insgesamt. Als er in der Auslaufrunde auf dem Motorrad stehend zu seinen Fans gestikulierte, hieß das nur eins: «Ich kann es noch!»
Und wie. Viermal war Rossi dieses Jahr schon Zweiter, jedes Mal war ihm Youngster Marc Márquez vor der Nase herumgefahren. Dieses Mal stand ihm niemand vor der Sonne. Und das zuhause in Misano, nur wenige Minuten von seinem Geburtsort Tavullia entfernt. Wo die Fans prozessionsgleich zur Rennstrecke pilgern, wo Rossi längst wie ein Heiliger verehrt wird.
«In Misano vor meiner Familie und meinen Freunden zu gewinnen, ist sehr speziell», hielt der neunfache Weltmeister fest. «Mein Motorrad hat schon im Training sehr gut funktioniert, es schaut so aus, als hätten wir in Misano einen kleinen Vorteil gegenüber Honda. Márquez hat dieses Jahr viele Rennen gewonnen. Wenn ich sehe, dass er etwas in Schwierigkeiten steckt, dann ist das Extramotivation für mich. Ich wusste, dass heute der Tag für einen Sieg sein könnte. Andererseits wusste ich aber, dass ich Lorenzo auf dem gleichen Motorrad als Gegner habe. Zu gewinnen ist immer sehr schwierig. Aber alle im Team haben gut gearbeitet, wir haben für das Rennen die richtigen Entscheidungen getroffen.»
«Es ist nicht so, dass ich vor dem Rennen Druck spürte», meinte der 35-Jährige. «Aber ich hatte dieses Gefühl... wenn du dir einen Fehler leistest, dann ist es vorbei. Ich lieferte mir einen sehr guten Kampf mit Márquez, aber auch mit Lorenzo. Mir war klar, dass ich vor Marc bleiben muss. Wenn ich vor ihm bin, bin ich schneller, ich hatte eine gute Pace. Als man mir auf dem Pitboard anzeigte, dass er gestürzt ist, war es etwas einfacher für mich, weil ich glücklicherweise bereits einen kleinen Vorteil gegenüber Jorge hatte. Aber mir war klar, dass er bis Rennende nicht nachlassen würde, also versuchte ich konzentriert zu bleiben und konstante Zeiten zu fahren.»
Italien musste fünf Jahre warten
Am 29. Juni 2013 gewann Valentino Rossi in Assen sein letztes MotoGP-Rennen. Er selbst sieht den damaligen Triumph nur als halben Sieg, weil sein Movistar-Yamaha-Kollege Lorenzo am Schlüsselbein verletzt war. Der letzte Sieg davor war 2010 in Malaysia. In Italien gewann der Doktor zum letzten Mal 2009 – vor fünf Jahren!
«Schon damals habe ich gegen Jorge gekämpft, es war, als wären wir mit einer Zeitmaschine zurückgereist», grinste Rossi. «Ich bin sehr stolz, weil ich hart dafür gearbeitet habe, dass ich nach fünf Jahren hier wieder ganz vorne bin.»
Nun fehlt der Lichtfigur des MotoGP-Sports nur noch ein Punkt zu Honda-Werksfahrer Dani Pedrosa und WM-Rang 2. «Für die zweite Saisonhälfte habe ich mir zwei Ziele gesteckt», hielt Rossi fest. «Das erste war ein Rennen zu gewinnen, das ist mir heute gelungen. Und ich will in jedem Rennen um Podestplätze kämpfen, wir sind jetzt schnell genug dafür. Erst dann kommt für mich der Kampf um WM-Rang 2 gegen Pedrosa.»