Mike Leitner: Die Höhen und Tiefen mit Dani Pedrosa
Mike Leitner (52) war elf Jahre lang als Crew-Chief an der Seite von Dani Pedrosa tätig. In den ersten zwei Jahren (2004 und 2005) wurde die 250er-WM gewonnen, danach gab es drei Vize-WM-Titel (2007, 2010 und 2012) in der MotoGP-WM zu feiern, insgesamt hat das Erfolgsduo 41 gemeinsame GP-Siege errungen.
Im Oktober entschloss sich Mike Leitner zum Abschied. Er wollte eine Verschnaufpause («Ich war jedes Jahr zwischen 190 und 220 Tagen unterwegs) und suchte eine neue Herausforderung. Seit 15. Januar ist er beim KTM Factory Team tätig, er hilft dort in der Rennabteilung unter Technikchef Ing. Sebastian Risse beim Aufbau des MotoGP-Projekts für 2017 mit.
Trotzdem wünscht sich Mike Leitner, dass Dani Pedrosa 2015 endlich die MotoGP-Weltmeisterschaft gewinnt. «Dieser Erfolg fehlt in seiner Karriere, das ist ein Schönheitsfehler», räumt der 52-jährige Oberösterreicher ein.
Leitner hat viele mit Pedrosa viele grosse Erfolge errungen. An welche Highlights errinnert er sich?
«Bah, das waren viele schöne Erfolge dabei. Die GP-Siege stechen immer heraus, klar. Unser erstes Rennen in der 250er-WM 2004 war zum Beispiel grandios. Denn Dani ist damals im Jahr zuvor beim Australien-GP schwer gestürzt und sass ein halbes Jahr lang fast nur im Rollstuhl, er hat die meisten Tests verpasst. Die beiden Titelgewinne in der 250er-WM 2004 und 2005 bleiben mir sicher ewig in Erinnerung. Beim ersten MotoGP-WM-Lauf 2006 in Jerez gleich Zweiter zu werden, war auch ein Wahnsinn. Nachher gab es zahlreiche schöne Rennen und Siege.»
Und was Mike Leitner bleibt nach elf Jahren als Tiefpunkt im Gedächtnis?
«Tiefpunkte waren sicher immer die Rennen oder die Grand Prix, die mit einer Verletzung geendet haben, wo man womöglich schon nach dem Training zusammengepackt hat, wo du gewusst hast, jetzt ist der Titelkampf wieder für ein Jahr vorbei», blickt der ehemalige 125-ccm-GP-Pilot zurück, der in den Jahren 1987 bis 1990 zwei vierte GP-Plätze erkämpfte.
Dani Pedrosa beschwerte sich 2013 oft bitterlich über die rüde Fahrweise des MotoGP-Neulings Marc Márquez, der seine Repsol-Honda nicht immer so richtig unter Kontrolle hatte und so manche Feindberührung heraufbeschwor – mit Rossi, mit Lorenzo, in Aragón sogar mit seinem Teamkollegen Dani Pedrosa.
Aber in seiner ersten MotoGP-Saison 2006 leistete sich auch Dani Pedrosa einen peinlichen Schnitzer. Er beförderte beim vorletzten WM-Lauf in Estoril/Portugal seinen Repsol-Honda-Teamkollegen und Ttelanwärter Nicky Hayden durch einen Schubs von hinten aus dem Sattel. Der Amerikaner hätte dadurch beinahe den Titelgewinn gegen Rossi verpasst, nur der Sturz Rossis beim Finale in Valencia machte der Zwischenfall verschmerzbar und erträglich. Hayden wurde noch Weltmeister. Aber das Verhältnis zu Pedrosa war eine Weile unterkühlt.
«Jetzt nach den Vorfällen von Márquez 2013 schaut es lächerlich aus, denn Dani hat nur einen einzigen Fehler in dieser Art gemacht», gibt Mike Leitner zu bedenken. Aber dieser Zusammenstoss war damals für ihn als Neuling ganz arg. Dass er ihm da hinten drauf gefahren ist... Wie sie Dani damals durch den Fleischwolf gedreht haben, war schwer zu verkraften.»
Leitner arbeitete nach seiner aktiven Laufbahn mit Sepp Schlögl im Honda-Team von Dieter Stappert für Ralf Waldmann in der 250er-WM, dann bei Öhlins, ehe 2004 die Zusammenarbeit mit Pedrosa begann.
Dass er als Crew-Chief solche Erfolge erzielen würde, dass er neun Jahre in der MotoGP-WM einen HRC-Vertrag haben würde, das hat der bescheidene und bodenständige Bad Ischler nie erwartet.
«Das habe ich nie erwartet. Es war super. Eine unglaubliche Lebenserfahrung. Als wir als Buben Moped gefahren sind, haben wir in der Werkstätte die Poster von Kenny Robert und Freddie Spencer an der Wand gehabt. Wenn damals einer zu mir gesagt hätte: Hey, du bist einmal neun Jahre lang Chefmechaniker im Repsol-Honda-Werksteam, hätte ich ihn ausgelacht.»
Mike Leitner ist überzeugt, dass das ausgezeichnete persönliche Verhältnis zu Dani Pedrosa über Jahre bestehen bleiben wird. «Wir sind absolut nicht im Bösen auseinander gegangen», sagt Mike. «Ich war für ihn meistens 190 bis 220 Tage im Jahr unterwegs. Das war ein wichtiger Grund, warum ich nach der Saison 2014 einmal etwas ändern wollte und den neuen Vertrag nicht unterschrieben habe. Ich habe Dani aber sogar noch empfohlen, dass er Ramon Aurin zum neuen Crew-Chief machen soll, was auch passiert ist. Für mich wäre es schlimm, wenn ich für jemanden elf Jahre hart gearbeitet hätte und man dann so blöd wäre, sich aus dem Weg zu gehen.»