Andrea Dovizioso: «WM-Titel? Wartet noch fünf Rennen»
Vom Asphalt des Losail Internation Circuit auf die Dirt-Track-Piste in Misano. Andrea Dovizioso, der überraschende Zweite des MotoGP-Rennens in Katar, nur 0,174 Sekunden hinter Sieger Rossi, trainierte gestern schon wieder auf dem Dirt-Track Oval neben dem Misano World Circuit Marco Simoncelli.
Dirt Track ist keine unbekannte Sportart für den Fahrer aus Forli, der bekennender Offroad-Fan ist – wie seine Widersacher Rossi und Márquez.
«Ich liebe es. Offroad ist ein grossartiges Training für die Unterarme. Ein faszinierender Sport. Aber du musst natürlich vorsichtig sein. Übrigens: Es tut mir wirklich leid, was Dani Pedrosa zugestossen ist. Ich hoffe, dass diese Probleme nicht das Ende seiner MotoGP-Karriere bedeuten.»
«Desmo Dovi» Dovizioso ist der neue grosse Held von Ducati. Der Italiener hat zwei schwierige Jahre mit der Desmosedici hinter sich. Die Erfolge waren besonders 2013 kaum der Rede wert, doch jetzt fährt er die neue GP15 – eine Revolution.
«Die Saison 2013 war wirklich mühselig. 2014 haben wir uns gesteigert, trotzdem konnten wir in den Rennen nie das Maximum rausholen. Doch Dall'Igna hat einwandfreie Arbeit geleistet. Er stellte alles auf den Kopf, er hinterfragte jedes Detail, er fand sehr rasch Respekt von allen Seiten bei Ducati. Er brachte die Ingenieure im Werk in Borgo Panigale dazu, am selben Strang zu ziehen. Gigi und Riccardo Savin, der Chassis-Experte, der auch von Aprilia kommt, haben viel geleistet. Ich habe das in der ersten Runde mit der GP15 beim zweiten Sepang-Test gespürt. Als ich nach dem ersten Run an die Box zurückgekehrt bin, habe ich der Crew gesagt: 'Ich kann sie umlegen und einlenken.' Vor diesem Test war ich ziemlich aufgeregt und nervös. Denn ich glaube nicht an Wunder. Aber ich muss zugeben, die ersten Runden mit der GP15 hatten eine entspannende Wirkung», erzählte Dovizioso den Kollegen von gp.one.
Wenn Andrea Dovizioso von einem Wunder spricht, dann muss man erwähnen: Die neue Desmosedici hatte nur fünf Testtage hinter sich, als sie in Katar im Rennen die Plätze 2 und 3 erreichte.
«Gigi Dall'Igna hat seine GP15 erst designt, als er dachte, er habe jetzt alle Informationen, die er braucht», schildert Dovi. «Er ist schlau.»
Hätte «Dovi» in Katar gegen Valentino Rossi gewinnen können? «Ich wusste auch nach der Pole-Position nicht genau, was wir vom Rennen erwarten durften. Denn wir hatten mit der GP15 noch nie eine Rennsimulation abgespult. Ich wusste, dass ich beim Bremsen nicht so stark sein würde wie Rossi. Das ist ein Bereich, auf dem wir uns noch verbessern müssen. Und die Yamaha hatten mehr Grip», weiss der 125-ccm-Weltmeister von 2004.
Trotzdem sorgte Ducati mit den Rängen 2 und 3 im Rennen für die grosse Überraschung.
Ist die Titeljagd für die Roten jetzt kein hoffnungsloser Traum mehr? Schliesslich hat Eigentümer Ducati schon vor zwei Jahren angekündigt, dass man für 2015 wieder Siege und Titelchancen erwarte.
Bei Ducati Corse heisst die offizielle Zielsetzung: «Wir wollen 2015 ein Rennen gewinnen.»
Andrea Dovizioso bemüht sich, trotz der italienischen Euphorie den Ball flach zu halten. «Wir kennen das neue Motorrad noch nicht perfekt», gibt der letztjährige WM-Fünfte zu bedenken. «Lass' uns also fünf, sechs Rennen bestreiten, dann reden wir weiter. Dann können wir unsere Chancen besser einschätzen. Im Moment bemühen wir uns einfach, unser Bestes zu geben und so viele Punkte wie möglich zu sammeln. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Austin konkurrenzfähig sein können. Die zwei Liter Sprit, die wir verlieren, werden kein Problem sein, glaube ich.»
Ein weiterer Podestplatz in Texas (Dovi war dort 2014 schon Dritter) wäre fantastisch. Aber sein Teamkollege Andrea Iannone würde gern die Positionen tauschen.
«Wir verstehen uns gut», hält Dovi fest. «Wir haben unterschiedliche Fahrstile und verlangen andere Set-ups, wir brauchen andere Dinge. Aber das ist kein Problem, wenn das Motorrad konkurrenzfähig ist.»
Und es ist das?
«Ja. Ohne Zweifel», lautet die Diagnose des aktuellen WM-Zweiten Andrea Dovizioso.