Repsol-Honda im Elend: Was läuft da schief?
Abseits der üblichen Gespräche mit den TV-Stationen und de?r schreibenden Journalisten gab Dani Pedrosa bei seinem Comeback in Le Mans seiner Verwunderung darüber Ausdruck, in welchem Zustand er seine Werks-Honda RC213V vorgefunden habe.
Entsprechend sahen die Ergebnisse des letztjährigen WM-Dritten am Freitag aus: Platz 13 und 1,3 Sekunden Rückstand im FP1, dann Platz 7 mit 0,5 Sekunden Rückstand im FP2. Auch nach dem dritten freien Training lag der kleine Repsol-Honda-Star nur an siebter Position. Und im Rennen stürzte er in Runde 2 über das Vorderrad.
Lediglich im nassen FP4 Samstagmittag konnte die Nummer 26 ihr Können zeigen: Pedrosa fuhr zeitweise die besten Zeiten, am Schluss war er Dritter.
Auch im Qualifying 2 fiel der Rückstand von Pedrosa mit 1,173 Sekunden aussergewöhnlich gross aus. Er wurde nur Achter.
Der dreifache Weltmeister (1x 125 ccm, 2x 250 ccm) wunderte sich über die Entwicklungsrichtung, die seinem Motorrad nach dem Katar-GP widerfahren war, das Set-up passte ihm hinten und vorne nicht, sein Ersatzmann Hiroshi Aoyama hatte offenbar viel getüftelt und umgestellt.
Es kam der Verdacht auf, Aoyama habe sich an der Abstimmung von Weltmeister Marc Márquez orientiert.
Falls das stimmen sollte, erklärt es einiges. Denn beim ersten Rennen nach der Verletzung von Pedrosa (er fehlte in Austin, Las Termas und Jerez) gewann Márquez noch den Grand Prix of the Americas in Texas. Aber dann kamen Rückschläge wie der Sturz in Argentinien (Rossi war im Finish deutlich schneller) und der zweite Platz hinter Lorenzo in Jerez.
Die Vermutung, dass Repsol-Honda beim Set-up mit der RC213V irgendwo die Orientierung verloren hat, bekam beim Le-Mans-GP neue Nahrung. Marc Márquez quetschte zwar dank seiner extrem hohen Risikobereitschaft eine Pole-Position heraus, fand sich aber im Rennen bis zur 23. Runde (!) nur an sechster Stelle hinter Lorenzo, Rossi, Dovizioso, Iannone und Smith, also hinter drei Yamaha und zwei Ducati!
Im Ziel hatte Marc Márquez dann dramatische 19,890 Sekunden verloren. Das sind Welten – vor allem für einen WM-Favoriten.
Mit solchen Rückständen durfte in den letzten zwei Jahren nicht einmal Stefan Bradl unter die Augen der HRC-Manager Shuhei Nakamoto und Livio Suppo treten.
Für Marc Márquez, der letztes Jahr die ersten zehn Rennen gewann und insgesamt 14 von 18 MotoGP-Siegen abstaubte, ist die aktuelle WM-Situation schwer zu verkraften. Er liegt auf dem vierten WM-Rang, 33 Punkte hinter dem guten, alten Rossi.
Und bei den nächsten zwei Rennen in Mugello und Barcelona mit den jeweils 1,1 km langen Zielgeraden würde ich nicht gegen einen Ducati-Triumph wetten.
Zwei Podestplätze in fünf Rennen, das ist besorgniserregend für HRC und Repsol-Honda, denn sie haben im Gegensatz zu Yamaha nur ein Eisen im WM-Feuer. Team-WM und Marken-WM sind schon so gut wie verloren.
In der Konstrukteurs-WM hält Yamaha bei 116 Punkten, Ducati bei 86, Honda bei 85. In der Team-WM führt Movistar-Yamaha mit 189 Punkten vor Ducati Corse (144) sowie Repsol-Honda (84).
Marc Márquez wurde schon öfters nachgesagt, seine Testfahrer-Qualitäten seien nicht berauschend. Deshalb wurde zum Beispiel 2013 mehrmals Stefan Bradl zu HRC-Tests eingeladen, danach wurde Casy Stoner als Testfahrer verpflichtet. Und auch Dani Pedrosa spielt bei der Entwicklung der RC213V seit Jahren eine massgebliche Rolle.
Das Ergebnis von Le Mans spricht Bände: Nur eine Honda in den Top- Ten, dafür vier Yamaha und vier Ducati und eine Suzuki. Zum zweiten Mal in diesem Jahr (nach Katar) stand kein Honda-Fahrer auf dem Podest.
Nach dem Sturz und dem blamablen 16. Platz wurde Pedrosa am Sonntagnachmittag etwas deutlicher, was die Honda-Probleme betrifft. «Wir müssen jetzt das Motorrad dringend verbessern, das wird ziemlich schwierig. Denn ich spüre einige Bereiche, in denen wir mit diesem Motorrad Mühe haben. Wir müssen überlegen, wie und wo wir das Bike besser machen können. Ich hoffe, dass uns in den nächsten Wochen dazu ein paar Ideen einfallen. Im Moment ist klar: Wir liegen zurück, wir müssen zu unseren Rivalen aufholen», stellte der Honda-Star fest. «Ich bin im Rennen von Le Mans immer allein gefahren, deshalb kann ich nicht genau abschätzen, wo wir unsere Zeitverluste einfangen. Ich denke, wir verlieren beim Reinfahren und beim Rausfahren aus den Kurven.»
Auch Weltmeister Marc Márquez nahm sich kein Blatt mehr vor den Mund, es gibt nichts mehr schönzureden. «Man hat im Rennen gesehen, dass alle Honda-Fahrer über das gleiche Problem geklagt haben. Das ist in gewisser Hinsicht ?beruhigend. Allerdings müssen wir uns fragen, warum sich die veränderten Verhältnisse mit höheren Asphalttemperaturen nur bei uns negativ ausgewirkt haben. Das Wetter war ja für alle gleich», sagte Márquez.
Márquez weiter: «Unsere Probleme lassen sich nicht ?über Nacht lösen. Wir haben jedenfalls viel Arbeit vor uns. Um dem Problem auf die Schliche zu kommen, müssen wir Rennen bestreiten. Wir haben beim Reinfahren in die Kurven Mühe, weil wir arg ins Rutschen kommen. Wir haben uns da zwar ein bisschen verbessert. Der Montag-Test in Jerez hat mir geholfen, wir haben dann besser verstanden, warum wir dort das Rennen verloren haben. Aber die Verbesserung macht keinen Riesenunterschied aus, es ist kein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Wir sind nur eine winzige Kleinigkeit besser geworden.»