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Pit Beirer über MotoGP-KTM: «Wir haben genügend PS»

Von Günther Wiesinger
KTM testet die RC16 im April einmal und im Mai zweimal mit Mika Kallio und Randy de Puniet. KTM-Rennchef Pit Beirer spricht offen über den Stand der Dinge und hofft, bald Rundenzeiten melden zu können.

Pit Beirer, Head of Motorsport bei KTM, bereitet für die Österreicher die Rückkehr in die MotoGP-Weltmeisterschaft vor.

2004 hatte KTM wegen der hohen Kosten den Werkseinsatz abgeblasen, die Rolle als Motorenlieferant für das Team Roberts dauerte 2005 nur bis zum Brünn-GP im August, dann wurde die Reissleine gezogen, weil der amerikanische Teambesitzer nicht genug Sponsorgeld hatte und KTM als Hauptsponsor betrachtete.

Pit, KTM führt mit Brad Binder in der Moto3-WM. Daneben wird gemeinsam mit WP das Moto2-Projekt vorbereitet. Gleichzeitig rückt das Renndebüt der RC16 immer näher. KTM-Firmenchef Stefan Pierer will das KTM-MotoGP-Debüt in diesem Jahr in Valencia erleben. Macht das Projekt die gewünschten Fortschritte?

Richtig, KTM wird in absehbarer Zeit in allen drei GP-Klassen am Start stehen. Das ist unser fixes Ziel. Wenn du noch den Red Bull-Rookies-Cup mitzählst, werden es vier Kategorien sein. Dieser Zeitpunkt wird kommen. Aber ich kann momentan nicht versprechen, dass wir in der Moto2-Klasse auch schon 2017 am Start stehen werden.
Oberste Priorität hat bei uns, zuerst das MotoGP-Projekt sauber an den Start zu kriegen.

Die KTM RC16 wird seit Oktober getestet. Wann wird man erstmals Rundenzeiten hören?

Naja, wir haben für April einen MotoGP-Tests geplant und zwei für Mai. Das ist eine intensive Testphase. Im Mai werden dann erstmals Rundenzeiten durchsickern.
Wir hätten, ehrlich gesagt, nach dem Test im März in Valencia schon ganz gern für uns selber Rundenzeiten verglichen, um wirklich mal der Wahrheit ins Auge zu blicken.
Das war eines meiner Ziele, dass wir auf jeden Fall im Frühjahr einmal bei einem Test klar sehen: So, da stehen wir jetzt, so weit sind wir von den Spitzenzeiten weg.
Aber wir haben im Februar und März von sechs Testtagen vier Regentage gehabt. Und bei jedem Test hatten wir dann am dritten Tag leichte Mischverhältnisse auf dem Asphalt. Deshalb sind die Rundenzeiten bisher nichtssagend. Wir haben vorläufig noch genug Arbeit, ohne über die Rundenzeit nachdenken zu müssen.

Wäre es sinnvoller gewesen, im Februar oder März einmal nach Sepang oder Katar zu fliegen, wo das Wetter stabiler ist? Oder wäre das momentan zu teuer und zu aufwändig?

Nein, es gibt ja offen gelegte Kalkulationen, die besagen, dass es unwesentlich teurer ist in Katar statt im Süden Spaniens zu fahren. Dazu kommt, dass man in Übersee mehr Wettersicherheit hat. Sepang oder Katar wäre also definitiv eine Alternative.
Aber in unserem Entwicklungsstadium sind die Rundenzeiten zwar sehr nett, aber wir haben noch so viel Grundlagenarbeit, damit an diesem Bike alles funktioniert, was funktionieren muss. Es geht also nicht in erster Linie um die Rundenzeiten.
Natürlich interessiert uns selber, wo wir stehen. Aber bei den ersten zwei Tests in diesem Jahr haben wir nicht alles zusammengebracht, was wir uns vorgenommen haben. Doch die Arbeit ist uns nie ausgegangen. Denn es ist eine Riesenaufgabe, die Elektronik mit der Mechanik zu verknüpfen und die Traktionskontrolle und Wheelie-Control perfekt auf unsere Testfahrer abzustimmen. Damit haben wir vorläufig genug Arbeit.

Reicht es, wenn man ein bis zwei Tests im Monat macht, um die Kapazitäten der Magneti-Marelli-ECU auszuschöpfen? Kundenteams wie Tech3-Yamaha, LCR-Honda und Marc VDS haben 2016 schon neun Testtage und drei GP-Weekends hinter sich, also insgesamt 19 Tage, trotzdem mangelt es noch am Verständnis für die Motorsteuerung. Wie viele Elektroniker arbeiten bei euch im Testteam für Kallio und de Puniet?

Baahhh. (Er denkt nach).

Im Aprilia-Werksteam sind momentan in der Box acht Elektroniker beschäftigt.

Das werden bei uns nicht viel weniger sein. Insgesamt haben wir wesentlich mehr Elektroniker. Aber beim letzten Test waren an die acht Software-Spezialisten dabei.
Die Elektroniker bekommen in Munderfing im Neubau in der neuen Rennabteilung auch den schönsten Platz in der ganzen Werkstatt zugewiesen. Wir wissen, wie wichtig diese Abteilung für unser MotoGP-Projekt sein wird.

KTM hat den langjährigen LCR-Honda-Elektroniker Brian Harden engagiert, der 2005 schon im Team Roberts mit dem KTM-MotoGP-Projekt zu tun hatte. Dazu Tex Geissler, der bei Kawasaki und Forward für das Data-Recording zuständig war. Gibt es in der Software-Abteilung sonst noch bekannte Namen?

Ja, wir haben zum Beispiel Dan Goodwin von McLaren engagiert.
Wir haben natürlich im Elektronikbereich noch genügend Arbeit. Und wenn ich den Zeitplan so anschaue, dann wird es definitiv Zeit, dass eine Rundenzeit auf den Tisch kommt. Damit wir sagen können: Ja, so viel fehlt jetzt. Dass uns noch Zeit fehlt, das ist logisch.
Anderseits bin ich happy, denn wir liegen nach wie vor im Zeitplan. Wir haben die zwei Testteams komplett stehen. Wir haben zwei RC16-Motorräder für die Testfahrer einsatzbereit, die auf der Strecke sind. Wir haben ein weiteres Fahrzeug auf dem Rollenprüfstand, wir haben ein Motorrad in der Werkstatt, wir haben genug Motoren. Es läuft alles so, wie wir uns das im Winter vorgenommen haben. Das Wetter in Spanien konnten wir nicht beeinflussen. Das haben auch wir nicht im Griff.

Firmenchef Stefan Pierer hat im November beim Valencia-GP erzählt, der KTM-Motor leiste bereits 270 PS. Also ist die Abstimmung für die Traction-Control besonders heikel?

(Er zögert und schmunzelt). Naja... Es ist auf jeden Fall so, dass du den Fahrer gewaltig beeinflussen kannst mit dem, was da abläuft.

Das ist eine ausweichende Antwort. War die Angabe von 270 PS etwas übertrieben?

Wenn wir eines wissen, dann das: Wir haben genügend PS. Wie fahrbar sie sind und wie die Fahrer mit dem Motorrad um die Kurven fahren, das mag ich jetzt nicht kommentieren. Aber wir haben mal genügend PS für dieses Projekt.
Ausserdem würde ich mir nie anmaßen zu sagen: «Unser Chef schwindelt.» Er wird schon recht haben.
Ich habe ja niemandem versprochen, dass wir gleich im ersten MotoGP-Jahr vorne mitfahren. Aber ich habe versprochen, dass wir uns anstrengen und dass wir nach drei Jahren vorne dabei sind.

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