Jack Miller: «Anders als Márquez nichts zu verlieren»
Jack Miller: «In einem Rennen über zwölf Runden kann man mehr riskieren»
«Viele Leute sagten, dass dieses Projekt nicht funktionieren würde. Ich hoffe, dass wir das Gegenteil bewiesen haben. Ich kann ein Motorrad fahren, ich bin kein Idiot», standen Jack Miller nach seinem ersten MotoGP-Sieg in Assen Tränen in den Augen.
Vom Regen, der Unterbrechung des Rennens und dem Neustart ließ sich Miller nicht aus der Ruhe bringen. Der 21-jährige Australier nutzte seine Chance und sicherte seinen ersten MotoGP-Sieg im 25. Königsklasse-Rennen.
Half dir deine Offroad-Erfahrung im Regen mehr als auf trockener Strecke? «Ich war schon eine Weile nicht mehr Offroad unterwegs, weil ich mir mein Bein gebrochen hatte, aber ich denke, dass das hilft. Ich komme aus Bereich Dirt Track und Motocross, das ist schon hilfreich, aber ich weiß nicht, was es mit Australiern auf sich hat, wir sind im Regen irgendwie alle ziemlich gut. Westy gewann vor zwei Jahren in Assen im Nassen. Und es regnet bei uns nicht einmal wirklich oft, deshalb weiß ich nicht, woran das liegt. Ich mag es einfach.»
Nachdem Miller Márquez im MotoGP-Rennen von Assen geschnappt hatte, blieb der Honda-Werkspilot am Australier dran. Wann hast du erkannt, dass du dieses Rennen gewinnen wirst? «Ich sah nach Kurve 5 auf die Leinwand und erkannte, dass Marc etwas zurückliegt. Der Abstand bewegte sich wohl immer zwischen einer und zwei Sekunden. Doch ich konnte ihn hören. Vor allem dort war er zu hören, denn man geht vor dieser Kurve früh vom Gas. Ich sah aber auch Scott und Pol, wie sie aus Kurve 4 herausfuhren. Ich habe versucht, die Lücke so zu verwalten. Wir kennen Marc alle als großen Kämpfer, aber ich sah, dass er zufrieden ist und auf das Gesamtbild achtete, denn für ihn geht es um den Weltmeistertitel. Ich hatte hingegen nichts zu verlieren. Marc hat dazu einmal einen berühmten Satz gesagt: ‹Ruhm oder Krankenhaus›. So fühlte ich mich ein bisschen», lachte Miller. «Als ich sah, dass er nicht zu sehr pushte, versuchte ich meinen Rhythmus zu finden und fuhr 1:50er-Rundenzeiten. Das war genug, um den Sieg heimzubringen.»
Wie schwierig war die Reifenwahl? «Am Samstag hatte ich nicht so viele Runden absolviert, daher wusste ich nicht, wie stark der Hinterreifen abbaut. Ich habe dann von Michelin die Information erhalten, dass Marc und Tito mit der härteren Option ausrücken wollen. Ich folgte ihnen wie ein Schaf. Im zweiten Rennen fuhren wir nur zwölf Runden. Wir hatten gesehen, wie der Hinterreifen nach dem ersten Rennen aussah, obwohl es zwischendurch ziemlich trocken war. Ich sah, dass Dani versuchte, seinen Reifen zu schonen. Ich versuchte dasselbe, aber als mich beispielsweise Crutchlow überholte, konnte ich nicht viel tun. Ich wusste, dass der weichere Reifen das zweite Rennen überstehen würde. Der Vorderreifen ist ziemlich steif und sah wie neu aus, deshalb ließen wir ihn auch für das zweite Rennen drauf. Mit dem weichen Hinterreifen fühlte ich mich besser, wir nahmen auch Änderungen an der Dämpfung vor, um am Kurveneingang mehr Grip am Hinterrad zu erzeugen. Das hat wohl geholfen.»
Gab es einen Grund dafür, warum im zweiten Rennen mehr Fahrer stürzten als im ersten? «Nein, ich denke, alle dachten ‹Ruhm oder Krankenhaus›. Sie pushten alle. Ein Rennen über zwölf Runden ist anders als eines über 26 Runden. Man kann etwas mehr riskieren», ist Miller bewusst.