Schwester von Mia Rusthen: «Mich zu Tode gefürchtet»
Das Schicksal von Mia Rusthen hat Motorsportfans weltweit bewegt, die 22-Jährige ist im ersten Rennen der neuen Weltmeisterschaft für Frauen am 15. Juni in Misano schlimm gestürzt. Sie zog sich schwere Kopfverletzungen zu und wurde über zehn Tage im künstlichen Koma gehalten, um ihren Zustand zu stabilisieren.
Am 26. Juni teilte ein Sprecher der Familie mit, der Arzt Kare Lovstakken von der Universitätsklinik Oslo, dass sich Mia in akuter Lebensgefahr befand und jetzt wieder damit beginne selbstständig zu atmen und Arme und Beine zu bewegen.
Fast vier Monate später traf ich mich mit der Norwegerin, als sie das SBK-Finale in Jerez besuchte. Zugegebenermaßen, der erste Anblick war erschütternd: Die vorher schon schlanke Mia ist ausgezehrt, ihre abrasierten blonden Haare wachsen nur langsam nach und waren streng nach hinten gekämmt. Ihre Motorik ist noch nicht ganz wiederhergestellt, aber sie kann laufen und reden, wenn auch noch mit dünner Stimme.
Nach dem ersten Lachen und den ersten Worten von Mia wurde mir aber schnell klar: Sie hat ihren härtesten Kampf gewonnen, das Leben hat der jungen Frau noch allerhand zu bieten.
«Mir geht es besser», versicherte Rusthen. «An den Sturz kann ich mich nicht erinnern, ich schlug mir den Kopf sehr heftig an. Deshalb funktioniert meine rechte Körperhälfte nicht so, wie sie sollte. Meine Hand und mein Fuß sind noch nicht ganz so, wie ich sie gerne hätte. Aber es wird immer besser, das ist das Wichtigste. Ich hoffe, dass ich wieder ganz die Alte werde, so sagen sie es mir. Im Moment bin ich bei 60 Prozent, natürlich sind 100 Prozent mein Ziel.»
Mia reiste nach ihrem Besuch in Spanien zurück nach Norwegen, wo sie bis Ende November in einem speziellen Rehabilitationszentrum verbringen wird. «Die Ärzte sagen mir, dass es zirka ein Jahr dauern wird, bis wieder alles gut ist», erläuterte Mia. «Es kann aber auch schneller gehen oder länger dauern.»
Die Rennfahrerin hat nichts von ihrer Liebe zum Sport eingebüßt und die erste Saison der Frauen-WM intensiv verfolgt. «Das war richtig cool, dank dieser WM haben wir Frauen mehr Möglichkeiten», betonte sie. «Es hat viel Spaß gemacht die Rennen anzuschauen, die Kämpfe waren großartig. Sie haben mir gesagt, dass ich nach einem Jahr zurückkommen kann, wenn alles gut ist. Ich hoffe, dass ich wieder Motorradfahren kann – vielleicht sogar Rennen. Es hat so viel Spaß gemacht, wieder im Fahrerlager zu sein und alle zu sehen und zu treffen. Teil davon zu sein – so stelle ich mir mein Leben vor. Seltsam ist nur, dass ich mich nicht daran erinnern kann, jemals dort gewesen zu sein.»
«Wenn ich wieder hergestellt bin, möchte ich Teil des Motorsports sein», betonte Mia. «In der Formel 1 oder der Superbike-WM, das ist so cool und spaßig. Das ist alles, was ich will. Ich weiß noch nicht in welchem Bereich, aber ich werde schon etwas finden. Ich erfuhr so viel Mitgefühl nach meinem Unfall, das war berührend. Ich möchte eine Inspiration für andere sein.»
Immer an ihrer Seite ist ihre ältere Schwester, die durch ein Bild berühmt wurde, wie sie auf der Intensivstation weinend am Bett von Mia stand und ihre Hand hielt. Sie schilderte in bewegenden Worten, wie sie und ihre Eltern den Unfall von Mia erlebten.
«Als ich in Misano im Krankenhaus war, war ich völlig geschockt», erzählte Sunniva SPEEDWEEK.com. «Ich dachte für lange Zeit, dass ich meine kleine Schwester verlieren würde, was mir das Herz brach. Ich fürchtete mich zu Tode. Wir standen uns in der Familie schon immer sehr nahe, aber jetzt gibt es unzertrennliche Bande. Mit dieser Familie braucht sich keiner anlegen, wir werden kämpfen. Der größte Albtraum unserer Mutter ist, dass Mia auf das Motorrad zurückkehrt. Aber das ist Mias Wahl. Wir unterstützen sie, ob sie auf das Bike zurückkehrt oder nicht. Wir gehen das Schritt für Schritt an.»