Dramatische Sekunden im klirrend kalten Eiswasser
Johannes Keferböck
Rallyepiloten erleben sehr viel im Verlauf ihrer Karriere - wer mit 180 Stundenkilometern durch den Wald brettert, über Kuppen fliegt oder auf vereisten Schneestraßen glüht, hat irgendwann den berühmten Abflug. Vom Highspeed-Dreher bis zum Überschlag - in den allermeisten Fällen bleibt es bei einer Schrecksekunde, die aufgrund der Kaltverformung des Arbeitsgeräts und dessen anstehender Reparatur sehr bald zu einer Scheck-Sekunde wird.
Doch was Johannes Keferböck und Ilka Minor auf der Prüfung der diesjährigen Jännerrallye erleben mussten, teilen die beiden langjährigen Rallyefreaks mit nur wenigen ihrer Kollegen. Estlands Weltmeister Ott Tänak und sein Copilot Raigo Mölder kommen einem in den Sinn, die 2017 bei der Rallye Mexiko mit ihrem Ford in einen See flogen und sich in letzter Sekunde befreien konnten. Ganz ähnlich der Unfall von Keferböck/Minor. Bei ihnen war es ein Feuerwehrteich, doch anstatt der sommerlichen Temperaturen Mexikos herrschten in Freistadt winterliche Verhältnisse, das Wasser daher klirrend kalt. Ein Alptraum…
Johannes Keferböck der den Unfall ebenso wie seine Co-Pilotin Ilka Minor glücklicherweise unverletzt überstanden hat, erzählt, wie das Abenteuer Jännerrallye 2024 für den Lokalmatador begann: «Grundsätzlich hat alles gut funktioniert, wir hatten ein gutes Gefühl, auf den beiden Arena Lasberg-Prüfungen lief es tipptopp. Am Samstag war unsere Reifenwahl manchmal etwas zu aggressiv. So waren wir auf der ersten Arena Königswiesen mit Slicks auf der Schneefahrbahn unterwegs - da war es klar, dass wir sehr viel vorsichtiger fahren mussten.»
In den finalen Sonntag startete das Team auf Gesamtrang acht liegend, in der ORM Trophy für Piloten ab 50 Lebensjahren liegt Johannes Keferböck sogar runde zwei Minuten vor Kris Rosenberger in Führung. Und: Über Nacht kam Schnee - was nicht nur Johannes ein freudiges Lächeln ins Gesicht zaubert: «Wir konnten auf Anhieb gute Zeiten fahren, obwohl wir aufgrund unserer Startposition noch keine Spuren im Schnee hatten. Ich war voll motiviert und wollte noch einmal richtig pushen in Richtung Platz fünf oder sechs - so war zumindest unser Plan. Auf der WP15 waren wir auch mit unseren Splitzeiten gut dabei.»
Dramatische Sekunden: «Ilka kam nicht gleich raus»
Doch dann passiert auf eben jener WP15 Sandl-St. Oswald das Unfassbare: «Wir waren in einem Eck um einen Tick zu schnell unterwegs.» Der grün-schwarze Skoda Fabia RS Rally2 wird unkontrollierbar und schlittert schnurstracks in einen Feuerwehrteich. Sofort geht der Wagen unter. Was nun folgt, erlebt Johannes dann wie in Zeitlupe: „Dass das eisige Wasser nur runde fünf Grad hat, spürst du in dem Moment nicht. Du schaust nur noch, dass du die Situation für dich und für deine Copilotin regelst.»
Es folgen dramatische Sekunden: «Ich konnte meine Tür öffnen und mich aus dem Auto befreien, doch bei Ilka ging die Tür nicht auf! Ilka ging unter und sie bekam keine Luft - ich habe versucht, irgendwie den Wagen zu heben - zum Glück ist sie dann doch herausgekommen.» Man kann den Schreck in den Gliedern nachempfinden, wenn Johannes sagt: «Das war wirklich kurz vor knapp!»
Völlig durchnässt aus dem Eiswasser kommend, wird Johannes und Ilka sofort Hilfe offenbart: «Die dort ansässige Familie Hochacker hat uns angeboten, dass wir uns in ihrem Haus gleich einmal heiß duschen und mit einem Tee aufwärmen können - ich möchte mich bei der Familie auch im Namen von Ilka sehr herzlich dafür bedanken.»
Während das Auto geborgen wird, sagt ein nachdenklicher Johannes Keferböck: «Du musst dir vorstellen: Bei Ilka hat man nach der heißen Dusche und dem Tee noch immer nur 32 Grad Körpertemperatur gemessen. Ich bin wirklich froh, dass diese Sache letztendlich so glimpflich ausgegangen ist. Noch einmal möchte ich so etwas nicht erleben.»
Was Johannes Keferböck noch wichtig ist: «Im Internet werden verschiedene Späße über unseren Unfall gemacht - bis zu einem gewissen Grad ist das ja auch recht witzig - nur: Es ging hier wirklich um Leben oder Tod, es war ganz knapp - und darüber macht man keine Späße.»