Ronald ten Kate (Honda): «Stefan Bradl ist sensibler»
Seit über zehn Jahren sahen wir von Honda in der Superbike-WM nicht mehr so viel Engagement wie dieses Jahr. Vergangenen Oktober wurde die neue CBR1000RR Fireblade vorgestellt, mit der SP2 gibt es sogar ein speziell auf den Rennsport zugeschnittenes Modell.
Der ehemalige MotoGP-Weltmeister Nicky Hayden, 2016 in seiner ersten Superbike-Saison mit der alten Fireblade WM-Fünfter, bekam Stefan Bradl als neuen Teamkollegen. Der Bayer fuhr die letzten fünf Jahre MotoGP, 2011 gewann er die Moto2-Weltmeisterschaft. Damit leistet sich Honda als einziges Superbike-Team zwei ehemalige Piloten aus der Premium-Klasse.
Als Bonus konnte Honda Europa mit dem Energy-Drink-Giganten Red Bull auch noch einen neuen Hauptsponsor an Land ziehen. Nach dem Absprung von Knabberzeug-Hersteller Pata zu Yamaha, finanzierte Honda Europa das Superbike-Team 2016 zum größten Teil aus der eigenen Tasche.
Vorgestellt wird das Team Red Bull Honda am 6. Februar im berühmten Hangar-7 am Salzburger Flughafen.
SPEEDWEEK.com sprach mit Honda-Teammanager Ronald ten Kate über die Vorzüge ehemaliger MotoGP-Piloten und weshalb sie es bei den Superbikes entspannter haben.
Ronald, ist dir aufgefallen, dass sich ehemalige MotoGP-Fahrer wie Carlos Checa oder Max Biaggi in der Superbike-WM verändert haben, dass sie deutlich entspannter und zugänglicher wurden? Für Bradl war es immer wichtig, dass es in einem Team familiär zugeht, dass er sich wohlfühlt und Nestwärme spürt. Da ist er bei euch richtig?
Bei uns kannst du atmen.
Wir können ihm diese Familie bieten, das ist ein Alleinstellungsmerkmal unseres Teams. Unser Geschäft ist ein Familienunternehmen. Das Team ist wie eine Familie, bei uns herrscht diese Atmosphäre. Wir sehen nicht alles nur von einem technischen Standpunkt, sondern auch von einem menschlichen.
Nicky Hayden kann sich überall schnell anpassen. Steck ihn zu HRC und er weiß, wie es dort läuft. Bei Ducati kam er in MotoGP auch gleich zurecht. Stefan ist sensibler, was das betrifft.
Er wird die Superbike-WM lieben. Es ist nicht so, dass man hier relaxen kann, das ist das falsche Wort. Aber man lässt dich hier leben. Ein Team wie unseres wird Stefan noch mehr entgegenkommen – ich erwarte einen Schritt nach vorne von ihm.
Worauf führst du den geringeren Druck in der Superbike-WM gegenüber MotoGP zurück: Weniger Engagement der Hersteller, weniger Medien, es geht um weniger Geld?
So kann man das zusammenfassen. Es sind auch weniger Renn-Wochenenden, insgesamt müssen sich die Fahrer weniger einbringen. Es gibt auch weniger Tests und PR-Events. Für einen Superbike-Fahrer ist es entspannter, er muss nicht so viel reisen.
In den Rennen kann man aber sehen, dass bei den Superbikes nicht nur zweitklassige Fahrer unterwegs sind.
In der MotoGP-WM wird von den Medien jedes Wort auf die Waagschale gelegt, das bleibt euch erspart.
Richtig. Lin Jarvis hat Ende letztes Jahr etwas über die Vorkommnisse zwischen Rossi und Márquez 2015 gesagt, dass es ein Fehler von Rossi war. Sofort sprangen alle darauf an. Die Sache zog sich einen weiteren Monat hin, weil jeder seine Meinung dazu sagte. Diese Saga findet kein Ende.
Genießt du es, dass es in der Superbike-WM entspannter zugeht? Oder hättest du gerne mehr Medien, wäre dir Big-Business lieber?
Mehr Medien, mehr Rennen, größerer Geldfluss im Fahrerlager und mehr Interesse von den Herstellern – damit kämen wir klar. Für uns wäre etwas mehr gut, während es MotoGP aus sportlicher Sicht gut täte, wenn alles ein bisschen weniger würde. Es sollte nicht immer nur ums Geld gehen, MotoGP dürfte menschlicher sein. Mehr Sport, weniger Politik. Ein Mittelding zwischen Superbike-WM und MotoGP wäre ideal.