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MotoGP-Testteam: Honda hat Stefan Bradl auf der Liste

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl hat für 2018 noch keinen Vertrag

Stefan Bradl hat für 2018 noch keinen Vertrag

​ Obwohl in der laufenden Superbike-WM-Saison kein anderer Fahrer auf der neuen Fireblade schneller war als Stefan Bradl, zeigt Honda bislang wenig Interesse an einer Vertragsverlängerung für 2018.

Den Aussagen von Red-Bull-Teammanager Ronald ten Kate und Honda-Superbike-Manager Marco Chini ließ sich bereits seit dem Event in Laguna Seca im Juli deutlich entnehmen, dass sich das Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit Stefan Bradl im Rahmen hält.

Vielleicht hat der Bayer zu lautstark Kritik an der schleppenden Weiterentwicklung und seiner Mechaniker-Crew geäußert. Bradl beschwerte sich oft über die Cosworth-Elektronik und über die aggressive Kraftentfaltung, aber es besserte sich von Februar bis heute nichts.

Die erschütternden Ergebnisse der Ersatzfahrer Davide Giugliano und Takumi Takahashi in Jerez sagen alles.

Bradl wunderte sich mehrmals: «Wenn ich ein Problem schildere, blicke ich in meiner Box in ratlose Gesichter.»

Für Portimão wurde die Crew geändert, Bradl bekam die gesamte Technikertruppe von Nicky Hayden mit Dino Acocella an der Spitze. Und der Unterschied war sichtbar: Er fuhr auf den achten Startplatz, doch dann stürzte Bradl im ersten Rennen in Portugal an siebter Position – und fällt mit einer Handgelenksverletzung für den Rest der Saison aus.

Honda Motor Europe hat Bradls Option Ende Juni nicht eingelöst, deshalb schaute sich der Moto2-Weltmeister von 2011 und siebenfache GP-Sieger nach anderen Möglichkeiten um. Es gab Gespräche mit Marc VDS Honda, doch diesen MotoGP-Platz sicherte sich Tom Lüthi. Es kam eine Anfrage von KTM wegen eines Testfahrervertrags für den Fall, dass Mika Kallio ins Werksteam aufrückt und Bradley Smith mit vollen Bezügen verabschiedet wird.

Bradl wartet bis heute vergeblich auf ein Angebot von Honda für die Superbike-WM 2018.

Er bekam vom Team die Information, «die Japaner» seien enttäuscht von ihm, weil er am Suzuka-8h-Rennen nicht teilgenommen hat – er bekam wegen einer Ohrenentzündung und eines gerissenen Trommelfells vom Arzt striktes Flugverbot.

Es fuhr zwar das ganze Jahr kein Teamkollege schneller als Bradl, kein Gagne, kein Giugliano und kein Takahashi, aber Bradl fühlte sich für 2018 unerwünscht.

Der Zahlinger wirkte aber nie beunruhigt und sprach von einem Plan B und C, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Man konnte sich ausmalen, dass eine Aufgabe als MotoGP-Testfahrer in Aussicht steht.

Beim Phillip-Island-GP stellte sich heraus, dass HRC ein in Europa stationiertes MotoGP-Testteam plant, in das Alberto Puig (er betreibt 2017 das British Talent Team in der Moto3-WM mit John McPhee) mit seiner Infrastruktur involviert ist und in dem Stefan Bradl ausgezeichnete Chancen hat, diese Aufgabe für 2018 zu übernehmen.

HRC hätte ihm womöglich sogar gestattet nebenbei die Superbike-WM zu bestreiten, aber das Red Bull Honda-Team plant offenbar sowieso ohne ihn.

Bei Honda fand sich in Australien kein Mensch, der diese Idee nicht befürworten würde, auch bei LCR-Honda-Teamchef Lucio Cecchinello sind die Testfahrer-Qualitäten von Stefan Bradl (er fuhr dort von 2012 bis 2014) in guter Erinnerung.

Und den japanischen HRC-Technikern fiel beim Superbike-Rennen in Portimão auf, dass der japanische Ersatzfahrer und HRC-Schützling Takumi Takahashi über die Fireblade des Ten-Kate-Teams dieselben kritischen Aussagen machte wie Bradl.

HRC-Sportdirektor Livio Suppo, Teamprinzipal bei Repsol-Honda, bestätigte in Phillip Island im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com die Verhandlungen mit Stefan Bradl. Bisher wurde die meiste MotoGP-Testarbeit von Hiroshi Aoyama in Motegi erledigt. Künftig soll vermehrt in Europa getestet werden.

Bradl hofft, dass er im Falle einer Einigung mit HRC nach dem Vorbild von Michele Pirro (Ducati) und Kallio (KTM) in der nächsten Saison ein paar Wildcard-MotoGP-Einsätze absolvieren kann, um den Rennschliff nicht zu verlieren.

Livio, Ducati und KTM leisten sich erfolgreiche Testteams, bei Honda, Yamaha und Suzuki fehlt so ein Projekt. Aber das soll sich bei HRC 2018 ändern, ist zu hören. Honda braucht auch einen stärkeren Ersatzfahrer als Aoyama, wenn sich 2018 einer der sechs MotoGP-Piloten verletzt?

Wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, wie wir unser MotoGP-Motorrad verbessern können.

Und sicher, wenn man ein starkes Testteam hat wie Ducati und KTM, dann ist das sinnvoll. Aber es ist für einen japanischen Hersteller nicht einfach, so etwas aufzubauen. Wir denken über so ein Projekt nach. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nichts bestätigt.

Nächstes Jahr werden erstmals 19 Grands Prix durchgeführt. Die Anzahl der Tests für die Stammfahrer soll reduziert werden. Das erhöht den Wert eines Testteams, wenn der Testfahrer so schnell ist wie Pirro oder Kallio?

Es ist eine Frage der Organisation. Für einen europäischen Hersteller ist das einfacher. Denn du kannst die meisten Tests in Europa abspulen. Dann ist die Logistik wesentlich überschaubarer. Für ein japanisches Werk ist es mühseliger. Deshalb hat im Moment kein japanischer Hersteller ein Testteam in Europa.

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta sagt: Es ist finanziell sinnvoller mehr Rennen zu veranstalten und dafür die Anzahl der Tests zu reduzieren, die nur Geld kosten und nichts einbringen.

Wenn man es aus der Sicht des Serien-Promoters betrachtet, dann muss ich Carmelo total zustimmen. In der Formel 1 testen sie ein paar Tage in Barcelona, dann fahren sie zehn Monate lang pausenlos ein Rennen nach dem andern.

Die kosten für einen Test sind so hoch wie für einen Grand Prix, aber bei einem Grand Prix sind die Einnahmen und die Profite um ein Vielfaches höher.

Yamaha hat anscheinend sogar Pirro von Ducati ein Angebot gemacht. Welchen Testfahrer hat HRC ins Auge gefasst?

Ich weiß nicht, ob Yamaha mit Pirro in Kontakt steht. Ist er auf dem Markt?

Nein, Spaß beiseite: Wir haben noch keinen richtigen Plan, es ist zu früh, um über einen Fahrerkandidaten zu sprechen.

Wenn dich jemand bitten würde, eine Kandidatenliste aufzustellen...

...wenn du willst, dass ich erwähnen soll, dass Stefan Bradl für uns von Interesse sein könnte, dann lautet meine Antwort: Sicher, Stefan hat viel Erfahrung in der MotoGP-Klasse, er hat unterschiedliche Fabrikate gefahren, wir haben mit ihm zusammengearbeitet, wir kennen ihn gut. Er ist also ganz sicher ein potenzieller, sehr interessanter junger Mann.

Aber wie gesagt: Es ist zu früh, um festzustellen, ob dieses Projekt klappen wird.

Ist das auch ein Budgetproblem? So ein Projekt kostet mindestens 1,5 Millionen Euro?

Wenn so ein Testteam anständig betrieben wird, erfordert es eine gewaltige Anstrengung. Es geht nicht nur ums Budget, es geht auch ums Personal, um die Logistik. Es ist kompliziert. Besonders für einen japanischen Hersteller.

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