Manipulierte Startaufstellung: Gute Idee oder Betrug?
Tom Sykes verlangt: «Zurück zum alten System!
Seit dem Beginn der Saison 2016 sahen wir überwiegend die Werksfahrer von Kawasaki und Ducati auf dem Podium. Vergangenes Jahr gingen erdrückende 72 von 78 Podestplätzen an diese beiden Hersteller. Die restlichen sechs angelte sich Yamaha.
Dabei hat WM-Vermarkter Dorna für 2017 eine geänderte Startaufstellung für das zweite Rennen am Sonntagnachmittag eingeführt; sie ist ein Mix aus dem Resultat von Rennen 1 und dem Ergebnis der Superpole. So sollten die Rennen spannender werden.
Wie sich zeigte, ändert die neue Startaufstellung aber nichts am finalen Ergebnis. Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki) stürmte im zweiten Rennen in Donington Park von Startplatz 10 aus innerhalb einer Runde an die Spitze. Von Startplatz 9 aus lag er in mehreren Rennen innerhalb weniger Kurven in Front. Der Nordire konnte an der Spitze öfters unbehelligt eine One-Man-Show abziehen.
«Wir haben etwas anderes von diesem System erwartet – wahrscheinlich ist der Abstand der Top-Piloten zum Rest einfach zu groß», analysierte Dorna-Manager Daniel Carrera. «Wäre das nicht der Fall, würde das System einen anderen Rennverlauf ermöglichen. Wir wollten durch diese Änderung etwas anderes anbieten und zudem anderen Piloten die Gelegenheit geben, an der Spitze zu fahren. Dann würden mehr Piloten um die Weltmeisterschaft kämpfen.»
Sykes: «Verwerft die Regel!»
Klar gegen die Regelung spricht sich der WM-Dritte Tom Sykes aus. «Es braucht keine veränderte Startaufstellung», hält der Engländer fest. «Als Profi sage ich: Verwerft die Idee. Es gibt zu viele Unfälle, einige Fahrer sind jetzt zu verbissen und übertreiben es. In der ersten Runde gibt es ein riesiges Durcheinander, insgesamt ändert sich aber nicht viel. Die veränderte Startaufstellung kreiert mehr Spannungsfelder und mehr Gefahr. Die Leute wurden durch die veränderte Startaufstellung in einigen Rennen um einen großen Kampf gebracht. Würden die besten Fahrer fünf Runden lang kämpfen, okay. Aber so oder so, nach einer Runde ist einer der Top-Jungs vorne. Verbessert das die Show? Ich glaube nicht. Ich meine sogar, dass es die Show zerstört.»
Leon Camier, 2017 mehrfach Profiteur des neuen Systems, stimmt Landsmann Sykes zu: «Ob ich aus der ersten oder dritten Startreihe komme, hat keine Auswirkung auf das Ergebnis. Meine Chancen erhöhen sich dadurch zwar. Aber wenn die schnellen Jungs keine Fehler machen und nicht hängen bleiben, während sie durch das Feld pflügen, dann ändert sich für uns nichts. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie mich überholen.»
Max Biaggi gehört zu den Befürwortern
Auch wenn sich am Endergebnis nichts ändert, so ist doch in den ersten Runden für viel Aktion gesorgt, es gibt zahlreiche spektakuläre Überholmanöver. Max Biaggi pflichtet dem bei. «Es ist spannend für alle, die die Rennen verfolgen», bewertete der Superbike-Weltmeister von 2010 und 2012 die Regeländerung aus seiner Zuschauerrolle. «Für die Fahrer macht es das Rennen noch einmal schwieriger, denn wenn sie gewinnen, müssen sie von hinten starten. Das kann natürlich einige Schwierigkeiten mit sich bringen, doch sind es gute Fahrer, bewältigen sie die Situation.»