Honda sucht Nachfolger für SBK-Manager Marco Chini
Nach den enttäuschenden Ergebnissen in der Superbike-WM 2017 blieb im Red Bull Honda Team kein Stein auf dem anderen; es fand ein gewaltiges Köpferollen statt.
Stefan Bradl bekam für den Portugal-Event Mitte September den ehemaligen Crew-Chief von Nicky Hayden, Dino Acocella, samt dessen kompletter Crew. Sein ehemaliger Crew-Chief William Huisjes betreute dann in Portimão den Japaner Takumi Takahashi.
Technical Manager Peter Breddels wurde vor der Portugal-Runde entmachtet und daheim gelassen – er arbeitet jetzt für einen Agrarbetrieb. 2018 fungiert Dino Acocella als neuer Technical Director.
Eine weitere personelle Änderung: Von Milwaukee Aprilia wurde im Winter Mick Shanley als Crew-Chief für Jake Gagne verpflichtet.
Im November sickerte durch, dass der bisherige Eurosport-Kommentator Kervin Bos aus den Niederlanden (hauptberuflich bei Ten Kate tätig) im Red Bull Honda-Team die Funktion des Teammanagers übernehmen wird.
Der bisherige Teammanager Ronald ten Kate soll sich vermehrt ums Kerngeschäft daheim kümmern, nachdem zehn Jahre lang kein Superbike-WM-Titel gewonnen wurde. Ten Kate hatte im Herbst für Aufsehen gesorgt, als er in einem SPEEDWEEK.com-Interview verwunderlicherweise ausführte, das SBK-Team brauche die Hilfe von HRC nicht.
Jetzt wurde bekannt, dass Marco Chini, bislang bei Honda Motor Europe für alle Superbike-WM-Belange verantwortlich, den Krempel hingeschmissen hat. Wer Nachfolger des Italieners wird, steht noch nicht fest. «Bislang regeln wir das intern, aber es wird einen Nachfolger geben», verriet Carmine Moscaritolo, der sich ab diesem Jahr für Hondas Motor Europe vermehrt um die PR des Red Bull-Teams kümmert.
Lautstarke Kritik
Red Bull Honda tritt 2018 mit Leon Camier und Jake Gagne an, die problematische Cosworth-Motorsteuerung wird endlich durch eine Magneti-Marelli-ECU ersetzt, was Hayden und Bradl schon im Frühjahr 2017 forderten.
Das Honda-SBK-Team hat 2016 mit Nicky Hayden und Michael van der Mark zehn Podestplätze und einen Sieg errungen. Stefan Bradl schaffte 2017 auf der neuen und verspätet fertiggestellten neuen Fireblade (angeblich 18 kg weniger, 20 PS mehr) mit Platz 6 in Assen das beste Saisonergebnis, fiel aber wegen seiner lautstarken Kritik am Technikpaket und an den nicht standfesten und aggressiven Motoren im Team in Ungnade.
Statt das Material zu verbessern, warf das Ten Kate-Team Bradl mangelnde Motivation vor, trotzdem verabschiedete sich der Bayer mit Startplatz 8 in Portugal aus der Superbike-WM.
Wenig später holten Takahashi und Giugliano in Jerez nur einen Punkt, sie lagen in den Trainings teilweise drei Sekunden zurück auf den Rängen 18 und 19.
Bradl wollte ursprünglich zwei Jahre in der Superbike-WM verbringen, aber das Team hielt ihn monatelang hin und schickte ihm erst im November ein Angebot, obwohl sich alle einig waren, dass sein Speed besser war als jener von Takahashi, Giugliano und Gagne. Und mit dem Speed von Nicky Hayden hielt Bradl von Anfang an tadellos mit.
«Das Klima im Team ist im Laufe der Saison stark abgekühlt», stellte Bradl im November fest.
Man warf ihm auch vor, er habe im Sommer mit MotoGP-Teams verhandelt und sei mit dem Kopf nicht bei der Sache gewesen.
«Honda Motor Europe hat die Option auf mich Ende Juni ohne Angabe von Gründen nicht eingelöst», wunderte sich Bradl. «Ich war also für 2018 arbeitslos und musste mich nach anderen Möglichkeiten umsehen.»
Bradl erhielt im August eine Anfrage von KTM für die Rolle eines MotoGP-Testfahrers und gleichzeitig stand er neben Tom Lüthi auf der Wunschliste bei Marc VDS Honda, als sich Jack Miller zum Wechsel zu Pramac Ducati entschied.
Als Lüthi bei Marc VDS Honda für die MotoGP-WM unterschrieb, und Red Bull KTM mit Kallio als Testfahrer weitermachte, begannen die Gespräche von Bradl mit HRC, die schließlich in einen Testfahrervertrag mündeten.