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Starke Argumente: Wieso nur Ducati auf einen V4 setzt

Von Ivo Schützbach
Aufgrund der Überlegenheit der neuen Ducati Panigale V4R in der Superbike-WM 2019 überdenken einige Hersteller ihr Motorenkonzept. Ingenieur Jan Witteveen erklärt die Vorteile der zwei beliebtesten Bauarten.

Wie die Leser von SPEEDWEEK.com seit Donnerstag wissen, setzt Kawasaki auch 2020 auf einen Reihenvierzylindermotor. Die Japaner werden ein neues Motorrad homologieren lassen, welches es mit der laut Ducati fast 250 PS starken und über 16.000/min hochdrehenden V4R aufnehmen können soll.

BMW und Yamaha machen mit ihren jetzigen Modellen weiter. Die S1000RR ist das erste Jahr in der Superbike-WM, die aktuelle R1 bereits die fünfte Saison im Renneinsatz.

Aus Japan wird uns seit Monaten versichert, Honda werde auch zukünftig auf das Fireblade-Konzept vertrauen und mit dem Reihenvierzylinder weitermachen, obwohl beim größten Motorradhersteller jegliches Know-how für einen leistungsstarken V4-Motor vorhanden ist.

Während in der MotoGP-WM Prototypen-Maschinen zum Einsatz kommen, ist die Basis eines Superbikes ein käufliches Straßenmotorrad. Dieses soll meistmöglich verkauft werden, deshalb reden bei der Konzeptgestaltung auch die Marketingstrategen der Hersteller entscheidend mit.

Jan Witteveen, von 1989 bis 2004 Renndirektor und Chefkonstrukteur bei Aprilia Reparto Corse in Scorzé mit mehr als 120 GP-Siegen und 23 Weltmeistertiteln, ist immer noch ein aufmerksamer Beobachter der Szene und sprach in Imola mit SPEEDWEEK.com über die Vor- und Nachteile der beiden bestimmenden Motorenkonzepte: V4 und Reihenvierzylinder.

«Ein wichtiger Punkte sind die Kosten», erklärte der Niederländer. «Der V-Motor ist teurer, weil du die Steuerung für die Nockenwelle zweimal brauchst. Beim Reihenmotor kannst du in einer Linie alle vier Zylinder ansteuern. Der Vorteil des V-Motors ist, dass du eine größere Airbox verwenden kannst und diese näher an den Einlasskanälen ist. Dadurch ist der Luftfluss fast gerade, was bei einem Reihenmotor nicht geht, weshalb er eine geringere Treibstoff-Luft-Füllung hat. Der V-Motor baut außerdem schmaler, ist damit aerodynamisch besser und man bekommt aus ihm mehr Leistung. Der Reihenmotor ist einfacher zu bauen. Es braucht weniger Teile, dadurch ist er günstiger, hat aber wegen der Baubreite aerodynamische Nachteile. Ein weiterer Vorteil ist, dass beim Einsatz einer rückwärtsdrehenden Kurbelwelle der gyroskopische Effekt größer ist als bei einem V-Motor – so werden die Kräfte der nach vorne drehenden Räder teilweise aufgehoben.»

Während in der MotoGP-WM inzwischen alle Hersteller rückwärtsdrehende Kurbelwellen einsetzen, sind in der Superbike-WM lediglich die Ducati mit einer solchen unterwegs.

Trotz aller Nachteile des Reihenmotors vertrauen Yamaha und Suzuki in der MotoGP-WM weiterhin auf dieses Konzept, während Aprilia, Ducati, KTM und Honda einen V-Motor einsetzen. Von den aktuellen Superbikes haben Aprilia und Ducati einen V4-Motor – BMW, Honda, Kawasaki, MV Agusta, Suzuki und Yamaha setzen auf Reihenvierzylinder.

In der MotoGP-WM stellt sich die Motorenfrage nicht so drastisch wie bei den Superbikes. «Dort kämpfen sie mit zu viel Leistung», verdeutlicht Witteveen. Außerdem spielt bei den Superbikes das Konzept der gesamten Produktlinie eine maßgebliche Rolle. «Honda hatte in der Serie V4-Motoren, aber die sind alle verschwunden. Die Japaner sind sehr kostenorientiert, speziell Honda. Honda will günstig produzieren und den Verkaufspreis niedrig halten, aber trotzdem eine gewisse Gewinnspanne haben.»

Mit einem V-Motor käme Honda in ein anderes Preissegment und müsste sich beim Buhlen um Kunden auf einmal nicht mehr mit Kawasaki, Suzuki und Yamaha messen, sondern mit Ducati und MV Agusta, welche beide als Edelmarke wahrgenommen werden, während Honda ein biederer Ruf anhaftet.

«Die meisten Motorräder im 1000-ccm-Sportbereich verkauft BMW», weiß Witteveen. «Sie machen es richtig und behalten ihr Konzept mit dem Reihenvierzylinder bei. Außerdem dürfen in der Superbike-WM inzwischen technische Lösungen gebracht werden, die in der MotoGP-Klasse verboten sind, etwa die variable Einlasssteuerung. Das Problem ist immer die Drehzahl, deshalb ist die desmodromische Ventilsteuerung der Ducati ein großer Vorteil. BMW hat mit dem ShiftCam-System und durch eine leichtere Ventilsteuerung zwar einige hundert Umdrehungen gewonnen, sie werden aber nie an die Werte von Ducati rankommen. Dieses System nützt vor allem im unteren Drehzahlbereich. Wenn die Drehzahlen höher werden, muss der Ventilhub kürzer werden, sonst beginnen die Ventilfedern zu flattern. Bis 15.000/min geht das mit den konventionellen Systemen, darüber hinaus nicht.»

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