Chaz Davies betont: «Höre nicht im Krankenhaus auf»
Der Konferenzsaal im Fahrerlager des Circuito de Jerez war prall gefüllt, als Chaz Davies um 18 Uhr seinen Rücktritt verkündete. «Das ist meine letzte Saison in der Superbike-WM», hielt er fest. «Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht, ich habe viel darüber nachgedacht und abgewogen. Ich glaube aber fest daran, wenn du fertig bist, bist du fertig. Für mich scheint es der richtige Zeitpunkt für diese Entscheidung zu sein. Es fühlt sich schon jetzt anders an, als ich vor einigen Stunden ins Fahrerlager lief. Um so etwas bekanntzugeben, muss sich etwas in deinem Kopf verändern – und jetzt sind wir hier. Es gibt viele Gründe, ich bin überzeugt, dass es die richtige Entscheidung ist. Jetzt blättere ich die Seite um und schlage das nächste Kapitel auf.»
Seit 2012 fährt Davies Superbike-WM, davon sieben Jahre im Ducati-Werksteam. In bislang 263 Rennen fuhr er 99 Mal aufs Podium (32 Siege). Der Waliser fuhr 211 Läufe für das Team in Rot, so viele wie kein anderer. 89 seiner Podestplätze und 28 seiner Siege holte er für den Hersteller aus Borgo Panigale.
«Es sind nicht nur die zwölf Jahre in diesem Paddock», erzählte der dreifache Superbike-Vizeweltmeister sichtlich gerührt, der 2011 Supersport-Champion war. «Es sind auch die 15 Jahre davor, die es gebraucht hat, um so weit zu kommen. In jedem Rennen, in jedem Jahr, sind so viele Dinge passiert, es sind überwältigende Gefühle, wenn ich mir die Karrierehöhepunkte anschaue. Ich bin sehr dankbar, dass ich in der Position sein durfte, so viele Menschen kennenzulernen. Von außen betrachtet ist das nur Sport, aber wir nehmen das alle sehr ernst und müssen das auch. Mit etwas Abstand wird alles, was mir der Rennsport gegeben hat, noch schöner. Ich habe großartige Erinnerungen – und will keinesfalls vor euch in Tränen ausbrechen. Ganz besonders war, Rennen in Italien zu gewinnen. Vor allem in Imola, um die Ecke von Bologna. Es gibt kein vergleichbares Gefühl.»
Davies zieht einen Schlussstrich, der Wechsel in eine andere Rennserie kommt für ihn nicht in Frage. «Ich bin überzeugt, dass ich keine Rennen mehr auf diesem Level fahren möchte», unterstrich er. «Ich werde aber auch weiterhin Supermoto und Motocross trainieren und mich antreiben. Ich halte aber nicht nach Möglichkeiten Ausschau. Sollte sich etwas ergeben, etwa ein Test, dann ist das etwas anderes und ich schaue es mir an. Momentan ist so etwas für mich aber weit entfernt.»
Weil Davies am vergangenen Sonntag in Barcelona von Lucas Mahias abgeschossen wurde und mit Prellungen und zwei gebrochenen Rippen im Catalunya Hospital landete, muss er auf die Rennen in Jerez und Portimao verzichten. Das Team Go Eleven bietet in Andalusien und Portugal den Franzosen Loris Baz auf.
«Ich höre nicht im Krankenhaus auf», betonte der 34-Jährige. «Wenn ich mich in Ordnung fühle, bin ich in Argentinien wieder dabei. Nach der Saison werde ich etwas mehr Zeit zuhause verbringen und etwas den Fuß vom Gaspedal nehmen. Ich werde schauen, was sich im Leben sonst noch bietet. Racing ist wichtig, aber nicht alles. Es ist Zeit, weiterzumachen. Ich freue mich darauf und bin gleichzeitig nervös und aufgeregt. Ich möchte jedem danken, der mich unterstützt hat. 25 Jahre lang standen Menschen und Hersteller hinter mir, denen ich allen danke. Danke auch an meine Konkurrenten, die mich besser gemacht haben. Und hoffentlich habe auch ich sie besser gemacht.»