Razgatlioglu musste wegen Putin auf Erdogan warten
Kenan Sofuoglu wurde fünfmal Supersport-Weltmeister, doch in der höchsten Klasse mit seriennahen Motorrädern schaffte der Türke nie den Durchbruch. Den Superbike-Titel sackte dafür beim umkämpften Finale in Indonesien sein Schützling Toprak Razgatlioglu ein, der damit als zweiter Türke in einer Motorsportdisziplin Champion wurde.
Der Weltmeister ist gefragt, «nachdem wir die WM gewonnen hatten, flogen wir zur Pressekonferenz in die Türkei, noch am selben Tag ging es weiter nach Italien», erzählte der 18-fache Laufsieger SPEEDWEEK.com. «Nach der EICMA flog ich nach London – danach sagte ich, dass ich gerne mal nach Hause würde. Wir hatten dann in der Türkei nur eine kleine Feier, Motorsport ist in der Türkei nicht berühmt, die Fans interessieren sich nur für Fußball.»
In den Wochen darauf folgten weitere Ehren und Pflichten, die für den 25-Jährigen nicht selbstverständlich waren. «Ich war in einigen TV-Shows, was ich normal nicht mag. Das ist nicht mein Stil mit den ganzen Kameras und dem vielen Gerede. Ich arbeite an und auf der Rennstrecke, abseits davon will ich entspannen. An guten Tagen mag ich die Kamera, an schlechten nicht.»
Sehr speziell war das Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan. «Wir gingen zusammen zu Kenans Kartstrecke», schilderte Toprak. «Unser Präsident traf sich zuvor mit den Präsidenten von Russland und der Ukraine und sprach über den Krieg, deshalb mussten wir drei Stunden auf ihn warten. Das war ein schöner Tag, Kenan hatte seinen Sohn dabei. Das war das erste Mal, dass ich unseren Präsidenten traf, er fuhr sogar mit dem Kart. Das war seltsam, erst sprach er mit Russland und der Ukrainer über die großen Probleme, dann kam er zu uns.»
Dass er bei einem Rennen über die 5169 Meter lange Canakkale-1915-Hängebrücke in der Türkei mit einem 1000 PS starken Ferrari SF90 gegen Sofuoglu auf einer Kawasaki H2R mit Kompressoraufladung verlor, ertrug er mit Fassung. «Kenan hatte alles so vorbereitet, dass er gewinnt», grinste Razgatlioglu beim Treffen mit SPEEDWEEK.com. «Er hat sich für das Motorrad entschieden – weil das schneller ist. Ich saß im Auto. Wenn ich bei so einem Rennen eines Tages das Motorrad fahre, dann gewinne ich. Kenan hatte das mit dem Video organisiert, also musste er auch gewinnen. Wäre das Auto schneller gewesen, hätte er im Auto gesessen. Das Rennen war echt, wir fuhren nicht mit Halbgas.»
Anlässlich seines Titelgewinns leistete sich Toprak auch einen neuen Sportwagen: «Jetzt habe ich einen Audi R8, davor hatte ich einen Lamborghini Huracan. Ich gebe mein ganzes Geld immer gleich aus. Das war schon immer so: Wenn ich ein Rennen gewonnen habe, kaufte ich mir etwas. Jetzt versuche ich, mein Geld etwas zusammenzuhalten.»