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Kontrovers: Erfolglose Marken brauchen Balance-Regel

Von Ivo Schützbach
Wenn Sportlichkeit und Fairnessgedanke auf Showbusiness treffen, gehen die Ansichten weit auseinander, wie wir in der Superbike-WM regelmäßig erleben. Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli im Exklusiv-Interview.

Seit 2018 gibt es in der seriennahen Weltmeisterschaft eine komplexe Balance-Regel. Diese soll für ausgeglichene Performance der Motorräder sorgen und außerdem dazu beitragen, dass technisch ins Hintertreffen geratene Hersteller nicht alle paar Jahre neue und kostspielige Homologationsmodelle bringen müssen, um sich zu verbessern.

Zuerst wurde versucht, die technisch unterschiedlich ausgereiften Serienmodelle über die erlaubte Maximaldrehzahl zu balancieren, was sich aber als nicht befriedigend herausstellte.

Diese Regelung wich in diesem Jahr der erlaubten Kraftstoffdurchflussmenge. Sämtliche Hersteller begannen mit 47 kg/h, dieser Wert kann je nach Performance alle zwei Events in vordefinierten Schritten pro Hersteller nach oben oder unten korrigiert werden.

Nach dem zweiten Event in Portimao warf der komplizierte Algorithmus von Promoter Dorna und Weltverband FIM aus, dass Ducati und BMW ab Assen einen halben Liter weniger Durchflussmenge pro Stunde zur Verfügung haben. Dieser abstrakte Wert kostet die Motorräder zirka 3 PS Spitzenleistung.

Die Balance-Regel in der Superbike-WM basiert aber nicht nur auf Bestrafung, diese soll lediglich für den Feinschliff sorgen.

Wer technisch hinterherhinkt, bekommt Zugeständnisse – sogenannte Konzessionsteile. Diese «Concessions» und «Super-Concessions» sind Änderungen am Motor und Chassis, die laut normalem Reglement nicht erlaubt sind.

Während Ducati, BMW und Bimota momentan mit Motorrädern ohne irgendwelche Konzessionsteile unterwegs sind, durften Honda, Kawasaki und Yamaha ihre Maschinen modifizieren.

Im Fall von Yamaha mit Erfolg, wie der Sieg von Andrea Locatelli in Assen zeigt: Der Italiener konnte für die Blauen zum ersten Mal seit Toprak Razgatlioglu am 10. September 2023 in Magny-Cours ein Rennen in der Superbike-WM gewinnen. Glück war auch dabei, WM-Leader Nicolo Bulega war in Führung liegend mit einem defekten Sensor an seiner Aruba-Ducati ausgefallen. Doch feststeht: Yamaha ist dank einem Super-Concession-Chassis wieder auf hohem Niveau unterwegs.

«Der Erfolg der Superbike-WM hängt davon ab, dass mehr Hersteller um Siege kämpfen können», sagte Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Deutliche Beispiele dafür sind die Saisons 2021 und 2022. Aus verschiedenen Gründen haben wir solche Ergebnisse im Vorjahr nicht erreicht, wir waren nicht mehr im Spiel. Daraus resultierte, dass die Meisterschaft nicht mehr die Show offerierte, die die Fans verdienen. Deshalb arbeiten alle Beteiligten – FIM, Dorna und die Hersteller – hart daran, für eine Balance zu sorgen.»

«Eine bessere Show zu haben ist gleichbedeutend damit, mehr Fahrer und Hersteller zu haben, die um Podestplätze kämpfen», unterstrich der Norditaliener. «Das jetzige System mit der Kraftstoffdurchflusskontrolle und den Konzessionsteilen ist ein Weg, dies umzusetzen. In unserem Fall hat man in Portimao und Assen gesehen, dass wir Fortschritte erzielt haben. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir in Assen auch im Vorjahr auf dem Podium waren. Um sicher zu sein, dass ausreichend ist, was wir getan haben, müssen wir weitere Rennen auf unterschiedlichen Strecken abwarten. Insgesamt scheint mir der eingeschlagene Weg korrekt: Reduzierung der Performance der Besten und Zugeständnisse für die anderen. Nur so bekommen wir eine bessere Show.»

Das Argument der Kritiker: Dann müssen die erfolglosen Hersteller eben bessere Motorräder bauen.

Die Schwierigkeit dabei: Ein Serienmodell hat zirka zwei Jahre Vorlaufzeit, eine Änderung am Chassis oder Motor lässt sich also nicht wie in der MotoGP in relativ kurzer Zeit bewerkstelligen. Außerdem reden wir von enormen Kosten für die Hersteller, weil es für solche Änderungen ein neues Homologationsmodell braucht, von dem mindestens 500 Stück gebaut werden müssen.

Lange Vorlaufzeit plus hohe Investitionskosten legten den Schluss nahe andere Wege zu finden, um die Hersteller auf einen ähnlichen technischen Level zu bringen. Hinzu kommt, dass es bei den im Renneinsatz befindlichen Serienmodellen enorme Preisunterschiede gibt, von gut 20.000 Euro bin hin zum Preislimit von 44.000, und diese entsprechend technisch differieren.


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