Exklusiv: Das Roll-out der neuen BMW S1000RR
2014 erlebten wir eine Zwei-Klassen-Gesellschaft aus Superbikes und seriennahen Evo-Maschinen. Ein Hersteller wie BMW, der sich aus Kostengründen zum günstigeren Evo-Reglement bekannte, stand von Anfang an auf verlorenem Posten gegen die werksunterstützten Renner von Aprilia, Ducati, Kawasaki, Honda und Suzuki.
Kämpfte BMW 2013 noch um Siege, waren dieses Jahr Top-10-Platzierungen ein Erfolg, die bayerische Marke verschwand aus der öffentlichen Wahrnehmung.
Kommende Saison sind die technischen Voraussetzungen für alle Hersteller dieselben. Weil weniger Motorentuning erlaubt ist, werden jene im Vorteil sein, die über ein sehr gutes Serienmotorrad verfügen. BMW zählt mit der neuen S1000RR ohne Zweifel dazu.
Heute wird die neue S1000RR in Jerez im Superbike-Trimm erstmals auf die Rennstrecke rollen. Das Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com mit BMWs Motorsport-Direktor Berthold Hauser.
Wie groß sind die zu erwartenden Fortschritte mit der neuen S1000RR? Was rechnet ihr euch aus?
Ganz grob über den Daumen geschätzt, du musst ja den Sprung von Evo zum neuen Superbike machen: Wenn vom diesjährigen Evo-Bike, das ganz ordentlich schnell war, zum Superbike mit nächstjährigem Reglement nicht 1 sec drin ist, dann haben wir einen Fehler gemacht.
In welchen Bereichen schränken die neuen technischen Vorschriften euch ein?
Die Abstriche beim Motor muss jeder machen. Der Unterbau muss entsprechend der neuen Beschreibung wesentlich seriennäher bleiben, als er bisher war. Du musst also zum Beispiel einen serienrelevanten Kolben hernehmen, bei den Pleueln ist das gleiche Gewicht wie in der Serie vorgeschrieben. Also sind den dynamischen Verhältnissen im Kurbeltrieb, auch mit der fünfprozentigen Erleichterung der Kurbelwelle, Grenzen gesetzt, die sind ganz anders als bisher. Damit sind auch die Steuerzeiten eingeschränkt, die stark verantwortlich sind für Leistung und Drehmoment.
In dem jetzt gegebenen Fenster müssen wir das maximal Mögliche suchen, was Fahrbarkeit versus Leistung betrifft. Wir werden keinesfalls einen Hyper-Leistungsmotor entwickeln. Ein PS, das ich oben drauf packe und das mich unten fünf Newtonmeter kostet, ist völlig falsch investiert.
In Zusammenarbeit mit den Fahrern und Teams machen wir eine ordentliche Leistungsentwicklung, die gut beherrschbar wird. Wenn es um 220 PS geht, dann braucht man auch eine ordentliche Leistungsentfaltung. Das bedingt mit der Elektronik, bei der wir den strickten Weg einer Kundenelektronik gehen, dass wir die Fahrbarkeit beherrschbar und einstellbar für den Anwender machen, das ist unser Ziel.
Das neue technische Reglement müsste euch in die Hände spielen? Ihr habt ab Serie 210 PS.
Wir müssen entwickeln, die anderen auch. Der Sinn der Erneuerung des Reglements war nicht, dass wir wieder enorm investieren müssen. Wir kamen von einem Hightech-Superbike-Reglement, haben ein Jahr lang ein Evo-Bike für die Katz mitlaufen lassen, jetzt rüsten wir wieder von unten auf und müssen neu entwickeln. Das ist wieder Geld zum Fenster raus. Natürlich ist es immer noch innerhalb eines serienrelevanten Korridors, aber inwieweit uns das in die Hände spielt, kann ich nicht vorhersagen, weil wir auch nicht wissen, wie sich andere Hersteller mit dem gegebenen Reglement werksseitig in die Bresche schmeißen. Da müssen wir uns überraschen lassen. Unseren BMW-Teams werden wir ihm Rahmen unserer Ressourcen das Optimale zur Verfügung stellen.