Balatonring: Die Rennstrecke wurde zur Mülldeponie
Der Balatonring sollte der Region viel Aufschwung bringen
Es klang alles sehr verheißungsvoll. Nach dem 125-ccm-WM-Titelgewinn des Ungarn Gabor Talmacsi sollte das Heimatland des populären «Talma» endlich wieder einen Motorrad-GP erhalten, erstmals nach den WM-Rennen zu Beginn der 1990er-Jahre auf dem Hungaroring.
So wurde das Rennstrecken-Projekt «Balatonring» aus der Taufe gehoben. Die Piste sollte 4,650 km lang sein und in Sávoly errichtet werden, nahe dem Plattensee, dem größten Binnengewässer von Zentral- und Mitteleuropa, rund 180 km von der Hauptstadt Budapest entfernt.
In Spanien wurde die Firma «Balatonring Zrt.» gegründet, auch Ex-Weltmeister Jorge Martinez war involviert, er warb auf der Aprilia-250-Maschine von Talmacsi für die neue GP-Strecke in der ungarischen Puszta.
Das Unternehmen «Balatonring Zrt» sollte die Piste betreiben, 70 Prozent des Projekts sollten die Firmen «Worldwide Circuit Management S.L. (WCM) und «Magyar Turizmus Zrt.» (das ist die ungarische Tourismusbehörde) übernehmen. Auch die spanische Investorengruppe Sedesa war mit im Spiel, sie sollte als Bauherr für rund 80 Millionen Euro den Rennstreckenbau gewährleisten. Es wurden Tribünen mit bis zu 110.000 Sitzplätzen geplant.
Tatsächlich wurde mit dem Rennstreckenbau am 6. November 2008 begonnen. Für 20. September 2009 war bereits ein fixer GP-Termin vorgesehen. Ein optimistischer Zeitplan...
Insgesamt sollten für den Balatonring bis zu 200 Millionen Euro investiert werden. Aber das Projekt fiel mit der Weltwirtschaftskrise vom September 2008 zusammen, die auch vor Spanien und Ungarn nicht Halt machte. Deshalb wurde die Fertigstellung der Piste zuerst auf 2010 vertagt und der Grand Prix um ein Jahr verschoben.
Aber am 18. März 2010 wurde auch der Ungarn-GP für das Jahr 2010 vom Kalender gestrichen, das Balatonring-Projekt hatte längst das Zeitliche gesegnet. So kam kurzfristig der vierte spanische Motorrad-GP auf dem MotorLand Aragón im September 2010 erstmals in den Kalender.
Denkbar war damals auch, dass die Superbike-WM nach Ungarn kommt. Nach dem Rückzug aus Russland (Moskau) und Tschechien (Brünn) fehlt ein Rennen in Osteuropa.
Keinen Käufer gefunden
Die Balatoning-Betreiber wurden insolvent. Im November 2012 wurde die Arena zur Versteigerung ausgeschrieben, inzwischen waren Schulden von 16 Millionen US-Dollar entstanden. Doch es fand sich kein Käufer. Der Streckenverlauf war schon damals nicht mehr zu erkennen. Es war buchstäblich Gras über die Piste gewachsen, die nie einen Asphaltbelag zu sehen bekam.
Die MotoGP-Rennstrecke in Sávoly in Ungarn ist also nur ein schöner Traum gewesen. Ihr Bau sollte der Region einen bedeutenden Aufschwung im Tourismus bringen. Das Projekt hat ein unrühmliches Ende gefunden, denn heute ist das etwas außerhalb der Gemeinde Sávoly gelegene Gelände eine illegale Mülldeponie, berichtet die Balaton Zeitung.
«Illegal entsorgter Müll ist für uns kein neues Problem», sagte der Bürgermeister von Sávoly, József Bobek. «Schon während der Bauarbeiten mussten wir regelmäßig große Mengen illegalen Mülls wegbringen lassen. Es ist eine Schande, wie verantwortungslos viele Menschen sind.»
Die Gemeinde zwischen Nagykanizsa und dem Plattensee muss jedes Jahr enorme Summen für die Abholung des illegal entsorgten Mülls vom Gelände des Balatonrings bezahlen. Dabei träumte die Verwaltung davon, erhebliche Steuereinnahmen aus dem Betrieb der Rennstrecke zu erlösen und mit diesem Geld dir Infrastruktur des Dorfes verbessern zu können.
Der abgesprungene spanische Investor Sedesa hatte mit einem gesamten Investitionsvolumen von insgesamt 52 Milliarden Forint (das sind heute rund 165 Millionen Euro) neben der Rennbahn auch den Bau eines Thermalbades geplant. Mit 800 neuen Arbeitsplätzen sollte die Arbeitslosenrate in der Region sichtbar gesenkt werden.
Deshalb war bei der Grundsteinlegung im November 2008 viel Prominenz zu sehen: Der damalige Regierungschef Gordon Bajnai und der Gemeindevorsitzende István Gyenesei waren persönlich anwesend und bekräftigten die Wichtigkeit dieses ehrgeizigen Projektes unweit des Flughafens FlyBalaton.
Bisher hat die Gemeinde Sávoly die Hoffnung auf eine Fertigstellung der GP-Piste trotzdem nicht aufgegeben; deshalb hält sie das Gelände weiter sauber. Aber bisher hat sich kein neuer Investor blicken lassen, welcher der Balatonring-Ruine neues Leben einhauchen will.