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Sandro Cortese: «War zu ehrgeizig und verkrampft»

Von Günther Wiesinger
Sandro Cortese

Sandro Cortese

«Ich schlage jetzt einen neuen Weg ein, in der Moto2-WM habe ich mir immer zu viel Druck gemacht», sagt Sandro Cortese. Kommende Saison will der Schwabe Supersport-WM fahren.

Sandro Cortese (28) bemüht sich um den Einstieg in die Supersport-WM im Kallio Racing Team auf einer Yamaha R6.

Im Herbst sind alle Moto2-Pläne gescheitert. Das Dynavolt Intact-GP-Team hat den Vertrag nach fünf Jahren nicht verlängert, auch die Pläne mit Forward und Kiefer Racing scheiterten.

Der jetzt in Illerbachen wohnhafte Berkheimer trainiert emsig, denn er will von 24. bis 26. Januar in Jerez die Supersport-Yamaha testen.

Cortese hat in den fünf Moto2-Jahren nur einmal in der Gesamtwertung ein Top-Ten-Ergebnis erreicht – 2014 als WM-Neunter.

Er schaffte zwar drei Podestplätze, aber die hoch gesteckten Ziele des Teams wurden nie erreicht.

2015 wollte Cortese erstmals um den Titel fighten und konstant in die Top-3 fahren. Aber im der Sommerpause lang er nur auf dem 18. WM-Rang.

2016 wurde Jonas Folger als Teamkollege engagiert, auch in diesem Jahr verpatzte Cortese die erste Saisonhälfte gewaltig.

Sandro Cortese hat immer wieder neue Anläufe genommen, Änderungen gemacht, das Training verstärkt und sich in Memmingen eine Dirt-Track-Piste bauen lassen. Er wollte im Winter wie Rabat, Folger, Aegerter, Schrötter & Co. mit einer 600er in Spanien trainieren. Aber diesen Plan setzte er nie um.

Fakt ist: Cortese blieb in der Moto2-WM weit hinter seinen Erwartungen zurück.

Sandro, du wolltest dich zwar ganz auf den GP-Sport konzentrieren, aber an den Resultaten hat sich nichts geändert. Es fehlte in der Moto2 immer die Konstanz.

Das Bild spricht für sich, dass ich nach jeder Sommerpause stärker zurückgekommen bin.

Warum ist das meist passiert? War der Druck im Frühjahr zu groß? Und dann hattest du in der WM nichts mehr zu verlieren?

Ja, vielleicht hat man sich gedacht, in der WM steht man nicht gut da, schlimmer kann’s nicht werden, man kann jetzt locker auffahren.

Vielleicht habe ich mir bei den ersten Rennen immer zu viel Druck gemacht.

Auch 2016 hast du die ersten Saisonhälfte verpatzt, dein Platz im Intact-Team stand auf der Kippe. Aber beim Brünn-GP im August hat Teamchef Jürgen Ling gesagt: «Wir haben jetzt alles besprochen, Sandro hat jetzt kapiert, worum es geht.» Es kam dann tatsächlich eine vielversprechende zweite Saisonhälfte. Aber 2017 ging die Saison wieder zäh los.

Ja, 2017 bin ich sehr schwach aus der Winterpause gestartet.

Ich hatte am 21. Dezember 2016 die Operation, wo der lädierte Fuß endlich instandgesetzt wurde. Ich bin eine Woche vor dem ersten Test 2017 noch auf Krücken gegangen. Ich war körperlich nicht in der Verfassung, wie ich es mir vorgestellt habe.

Ich habe sogar den ersten Test auslassen müssen. Das war eine sehr aufwändige Operation, es hatten sich die Außenbänder aufgelöst, sie waren am Fußgelenk zerfranst. Man hat sie komplett neu ziehen und bilden müssen. Ich hatte zehn Wochen lang ein komplettes Verbot, den Fuß zu belasten und aufzutreten.

Ich konnte in der Vorbereitungszeit nie richtig trainieren und war deshalb im Frühjahr nicht in der besten körperlichen Verfassung.

Ich dachte, dass ich einen Monat nach der OP wieder fit sein werde. Ich konnte zwar trainieren, aber mich im Januar und Februar nicht ideal auf die Saison vorbereiten.

Das war nicht so geplant. Aber ich habe diese Operation machen müssen. Ich hätte vorher keinen Termin gekriegt, die Probleme wurden erst im Dezember festgestellt.

Bei mir ist es in den letzten fünf Jahren wirklich dumm gelaufen.

Ich habe mir immer viel vorgenommen, habe alle Ziele verfolgt und alles darangesetzt, ich habe alles ausprobiert und nichts ausgelassen.

Bis Weihnachten schien eine Rettung in der Moto2-WM durch Kiefer Racing möglich, dort wollten russische Investoren einsteigen. Dieser Deal platzte. Wenn es mit der Supersport-WM klappt, musst du etwas zeigen, sonst ist es vorbei. Was wirst du ändern oder verbessern?

Ich habe seit langer Zeit einen Konditionstrainer, wir haben die Zusammenarbeit ausgebaut, wir machen auch Atemübungen und Entspannungstrainings. In letzter Zeit fahre ich mit dem Rennrad regelmäßig zwei Stunden auf der Rolle, oder ich trainiere mit dem Rennrad draußen mit dem Triathlon-Club.

Ich bin körperlich in einer super Verfassung. Das ist keine Ursache für die mangelhaften Resultate.

Ich habe die Saison 2017 gesund überstanden und bin fit in den Winter gegangen. Durch den Wechsel ins Kiefer-Team, der ja bis Weihnachten fix schien, hatte ich eine gewisse Lockerheit.

Aber das hat sich seit drei Wochen wieder geändert.

Ich schlage jetzt einen neuen Weg ein, wenn es mit der Supersport-WM klappt. Ich habe analysiert, was man in den letzten fünf Jahren falsch gemacht hat.

Ich bin zu ehrgeizig gewesen, zu verkrampft.

Es läuft immer am Besten, wenn man es locker angeht. Das heißt nicht, dass man weniger trainiert, man muss genau so hart trainieren wie bisher.

Aber man muss versuchen, auf dem Motorrad so viel Spaß wie möglich zu haben, so wie ich es in der zweiten Saisonhälfte oft gezeigt habe. Ich muss diesen Aufwind von Anfang an in der Saison mitnehmen.

Am Speed und am Talent fehlt es bei dir nicht, das zeigen deine 29 Podestplätze im GP-Sport. Musst du die Nerven besser im Zaum halten und die Konzentrationsfähigkeit verbessern? Würde ein Mentaltrainer helfen?

(Er denkt nach). Es ist schwierig. Für so eine Aufgabe den richtigen Mann zu finden. Wir hatten im Caffè Latte-Team einmal einen Mentaltrainert, das ist meiner Meinung nach komplett in die falsche Richtung gegangen.

Klar, ein Sportpsychologe kann dir in gewissen Punkten helfen. Ich hatte nach der Saison 2011 das beste Beispiel, im Winter 2011 auf 2012.

Das ist zwar schon eine lange Zeit her. Aber ich bin damals auch vor dem Nichts gestanden und hatte zu Weihnachten noch keinen Vertrag. Ich habe mich damals vom Racing Team Germany getrennt und stand mit leeren Händen da, obwohl ich im Jahr 2011 zwei 125-ccm-Grand Prix gewann.

Du wolltest damals sogar schon in die Moto2-WM aufsteigen.

Ja, ich weiß noch. Aber dann habe ich beim Red Bull-KTM-Team von Aki Ajo für die neue Moto3-WM unterschrieben. Ich bin mit einer gewaltigen Vorfreude in die Saison gegangen und habe mich super vorbereitet. Und ich habe viel Lockerheit mitgenommen.

Die neue Moto3-Werks-KTM war sehr konkurrenzfähig. Ich war beim ersten Rennen Dritter, das dritte Rennen in Portugal habe ich gewonnen, dann war ich WM-Leader. Das war ein Traumjahr mit fünf Siegen und 15 Podestplätzen in 17 Rennen.

So eine Saison lässt sich in einer Rennfahrerkarriere sehr, sehr selten wiederholen.

Aber die guten Erinnerungen kann man wieder abrufen, die Vorbereitungsphase kann man ähnlich gestalten. So kann man einiges mitnehmen.

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