Kawasaki blockt ab – und der Rest unternimmt nichts
Die Verkaufszahlen der 600er-Supersportler liegen in Europa seit Jahren am Boden, trotzdem sahen wir in der Superport-Weltmeisterschaft 2018 Maschinen von Honda, Yamaha, Kawasaki, MV Agusta, Suzuki und Triumph. Aber bis auf Yamaha engagiert sich kein Hersteller in größerem Maß werksseitig.
Während in der MotoGP-WM das Geld direkt aus den Werken in Japan kommt, sind bei Kawasaki, Honda, Yamaha und Suzuki die europäischen Rennabteilungen für die Finanzierungen in den seriennahen Meisterschaften zuständig. Weil 600er-Bikes in Europa im Verkauf kaum eine Rolle spielen, sind Budgets für die Supersport-WM mager bis nicht vorhanden.
Seit Jahren wird deshalb über die eingesetzten Maschinen diskutiert. «Wir richten uns danach was die Hersteller wollen», versichert Gregorio Lavilla, Sport-Direktor von SBK-Promoter Dorna. «Wir haben sie immer gefragt, wie die Pläne für die 600er aussehen. Mehrfach hieß es, dass diese Motorräder bald nicht mehr produziert werden. Wir haben daraufhin immer gesagt, dass, wenn wir eine andere Klasse schaffen müssen, diese den Produktionszielen der Hersteller entsprechen wird.»
Damit weiterhin alle japanischen Hersteller mit ihren 600er-Vierzylinder-Bikes fahren können, missachten Dorna und der Motorrad-Weltverband FIM sogar das eigene Reglement. Dieses erlaubt die Homologation eines Modells für maximal acht Jahre, dieser Paragraph wurde aber längst ausgehebelt. Deshalb sehen wir auch in der Supersport-WM 2019 die veralteten Motorräder von Kawasaki – und von Suzuki, falls ein Team eine GSX-R600 einsetzt. Kawasaki hat seit 2009 keine neue Maschine homologiert, Suzuki seit 2011. Doch beide erhalten problemlos eine Verlängerung der Homologation über die acht Jahre hinaus. Auch für jeden anderen Hersteller würde diese Ausnahme gemacht – weil der Dorna nichts anderes übrig bleibt.
Kawasaki geht sogar so weit, dass sie lieber weiterhin ihre alte ZX-6R mit 600 ccm einsetzen, als sich dafür stark zu machen, dass das neue Modell mit 636 ccm erlaubt wird. Und das obwohl Kawasaki in der Supersport-WM von Yamaha in die Bedeutungslosigkeit gedrängt wurde: Seit Oktober 2017 gelang kein Podestplatz mehr, der letzte Sieg gelang Kenan Sofuoglu am 17. September 2017 in Portimao.
«Als ich letzten Sommer von der neuen 636 gehört habe, machte ich bei der Dorna und Kawasaki viel Druck, im Moment besteht aber kein Interesse an diesem Motorrad», erzählte Kawasaki-Teamchef Manuel Puccetti SPEEDWEEK.com. «Sie konzentrieren sich auf die 600er-Maschinen. Vielleicht kommt die Änderung in den nächsten drei oder vier Jahren und wir wissen es noch nicht. Ich ging direkt zu Kawasaki und fragte sie, weshalb sie nicht die 636 einsetzen wollen. Die 600er kannst du ja auch nirgends mehr kaufen, sie hat Euro3 und darf nicht mehr verkauft werden. Mit mehr Hubraum würden sich mehr Hersteller engagieren. Manchmal ist es schwierig, die japanische Sicht der Dinge zu verstehen.»
Die Kunden streben immer mehr zu hubraumstärkeren Bikes. Deshalb haben Hersteller wie MV Agusta, Ducati oder auch KTM Interesse daran, dass der Hubraum in der Supersport-WM deutlich erhöht wird.
«Es gibt nur eine sehr begrenzte Auswahl an Sportmotorrädern», weiß Dorna-Manager Lavilla. «In der Supersport-WM wird mit 600 ccm gefahren, das entspricht nicht dem, was heute im Markt nachgefragt wird. Die 636 von Kawasaki ist das identische Motorrad wie die 600er, aber mit einem längeren Pleuel und anderer Kurbelwelle. Dieses Motorrad verkauft sich gut – warum also nicht dieses Modell homologieren? Mittels einer Balance-Regel könnten wir es korrekt einstufen. Die Twins in der Supersport-WM dürfen 750 ccm haben – so ein Motorrad gibt es aber nicht mehr. Zum Beispiel KTM hat ein passendes Modell mit 790 ccm, das mit seiner Leistung gut in diese Klasse passen würde. Gehen wir einen Schritt weiter, gibt es eine 800er von MV Agusta und Ducati plant eine Panigale 825. Haben diese Hersteller Interesse an unserer Meisterschaft? Müssen wir darüber nachdenken, wie wir diese verschiedenen Konzepte balancieren können? Wir sind bereit, die technischen Bestimmungen für die Supersport-WM neu auszurichten. Die Hersteller haben bislang aber keine Vorschläge vorgelegt.»