MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

KTM wird das Regel-Chaos nicht länger akzeptieren

Von Ivo Schützbach
Während die Balance-Regel in der Supersport-300-WM in der Debütsaison 2017 hervorragend funktionierte, sorgt sie dieses Jahr für endlose Diskussionen. Fast vor jedem Rennen wurden die technischen Bestimmungen geändert.

Seit dem Saisonstart in Aragón im April laufen die Hersteller in der Supersport-300-WM gegeneinander Sturm und beschweren sich bei der FIM und Promoter Dorna, weil die Balance zwischen den Motorrädern nicht stimmt.

Der Motorrad-Weltverband FIM hat zwei Möglichkeiten, um die Motorräder in der 300er-Klasse zu balancieren: Über das Gewicht und die erlaubte Maximaldrehzahl.

Über den Winter ist keine Einstufung gelungen, die alle Motorräder auf einen ähnlichen Level bringt. Die Motorräder von Kawasaki und KTM waren neu, Yamaha brachte ein Update der R3, jetzt mit der Abgasnorm Euro 4.

Deshalb wurden die Gewichte und Drehzahlen vor beinahe jedem der bisher sechs Rennen 2018 geändert. Außerdem wurde Anfang Juni in Brünn ein Gesamtgewicht für Fahrer und Maschine eingeführt.

«Wir haben nicht erwartet, dass wir bei Serienmaschinen einer Klasse sieben PS Unterschied haben», erklärte Dorna-Sportdirektor Gregorio Lavilla gegenüber SPEEDWEEK.com. «Verschiedene Konzepte sind immer schwierig zu balancieren, dafür brauchen wir von den Herstellern Unterstützung.»

Während Honda mit 471 ccm fährt, KTM mit 373 und Kawasaki mit 399, hat die Yamaha nur 321 ccm.

Kawasaki und Yamaha tragen eine Mitschuld, dass die korrekte Einstufung der Motorräder über den Winter nicht gelang.

Kawasaki stellte von der Ninja 300 auf die 400 um und gab der Dorna vorab eine Referenzmaschine, die 12.500/min drehte. Dann wurde festgestellt, dass andere Bikes des gleichen Typs nur 11.800/min drehen. Hinzu kommt, dass Kawasaki in nationalen Serien sechs verschiedene elektronische Steuergeräte einsetzt.

Yamaha hat wegen der Euro-4-Norm zwei PS eingebüßt. Nach dem WM-Auftakt in Aragón beschwerte sich der Hersteller mit den drei Stimmgabeln im Logo, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sind, räumte aber keine eigenen Fehler ein.

KTM fährt dieses Jahr mit dem gleichen Motorrad wie beim Saisonfinale 2017 in Jerez, Yamaha war zu Saisonbeginn gegenüber den Österreichern aber auf einmal viel langsamer. Offensichtlich hat KTM bessere Entwicklungsarbeit geleistet.

«Wir haben das Signal abgesetzt, dass so wie die 300er-WM bislang gelaufen ist in Sachen Reglementsverschiebung, es nicht im Sinn der Serie ist und nicht dem Sinn einer Weltmeisterschaft entspricht, in der ein Hersteller fairen Wettbewerb betreiben kann», betonte KTM-Manager Thomas Kuttruf. «So lange das nicht gegeben ist, können wir uns nicht zu dieser Serie bekennen und auch nicht für 2019 planen. Wir stecken mitten in der Meisterschaft, Luca Grünwald ist nach wie vor im Titelkampf. Deswegen stoppen wir weder die Unterstützung, noch boykottieren wir etwas oder gehen auf Boxkampf. Unsere Teams dürfen unter diesen politischen Sperenzchen am wenigsten leiden. Aber Fakt ist, das Thema ist noch nicht in trockenen Tüchern, in Bezug auf unser Kundensportengagement in dieser WM.»

KTM erledigte den besten Job

«Wir haben ein Problem damit, wie die Motorräder ausbalanciert werden», unterstrich Wolfgang Felber, Head of Technical Development des Kundensport-Programms von KTM, im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wir sind ein Hersteller und wollen zeigen, dass unsere Produkte konkurrenzfähig sind und wollen Werbung für sie betreiben. Am Anfang des Jahres ist das so gewesen. Über die Winterpause haben wir unseren Job am besten gemacht und zu Beginn zweimal gewonnen. Wir waren nicht haushoch überlegen, das waren Kämpfe bis zur letzten Kurve und Kawasaki war auf Augenhöhe. Dann ging es los damit, dass wir bestraft worden sind. Bis zu einem Punkt, an dem es indiskutabel wurde. Wir können damit nicht umgehen. Wir sind seit Jahrzehnten gewöhnt, dass wir Motorsport machen – da gibt es technische Regeln. Wir sind es gewohnt, dass wir alles selbst in der Hand haben. Wenn wir unseren Job gut machen, dann sind wir vorne dabei und gewinnen. Wenn wir ihn schlecht machen, kriegen wir die Watschen und sind hinten. Damit können wir umgehen. Wenn aber am grünen Tisch entschieden wird, wer eingebremst und wer bevorzugt wird, dann können wir nicht damit umgehen.»

Der Österreicher weiter: «Yamaha war am Anfang der Saison 1,5 sec hinten, jetzt darf die Yamaha so getunt werden, dass sie vom Reglement her disqualifiziert werden müsste. Die Dorna hat selber ihr eigenes Reglement über den Haufen geworfen. Man muss sich das Reglement nur durchlesen, was man alles nicht darf – Yamaha darf das alles.»

«Ich kann verstehen, dass man guten Sport zeigen will, das wollen wir auch», hielt Felber fest. «Gleichzeitig wollen wir als Hersteller unsere Visitenkarte abgeben. Wir merken aber mehr und mehr, dass das so nicht funktioniert. Deshalb sind wir nicht im Rückwärtsgang, aber zumindest auf Stand-by. Man darf nicht während der Saison drei- oder viermal das Reglement ändern, das geht nicht. Unmöglich, da sind wir nicht einverstanden. Die Dorna hätte das Reglement so lassen sollen, wie es am Anfang der Saison war. Dann gewinnt halt KTM oder Kawasaki und Yamaha ist mal hinten. Das ist dann halt so, weil wir den Job am besten gemacht haben und Yamaha geschlafen hat. Dann muss man während der Winterpause die vier Motorräder gegenüberstellen und sie so balancieren mit Gewicht und Drehzahl, dass sie gleichwertig sind. Aber unterm Jahr dauernd das Reglement ändern und am Freitag kommst zum Rennen und erfährst, ob du Gewicht auflegen musst oder die anderen Gewicht wegnehmen dürfen, so kann es nicht gehen. Das ist Chaos.»

Zwei Rennen vor Saisonende führt Ana Carrasco auf Kawasaki vor Luca Grünwald auf KTM und drei weiteren Kawasaki-Piloten. Bester Yamaha-Fahrer ist Galang Hendra Pratama auf Platz 6.

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