Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Die Überraschungen und Enttäuschungen der TT 2015

Von Helmut Ohner
So zäh die diesjährige Tourist Trophy auf der Insel Man mit Verzögerungen und Absagen begonnen hat, so furios ging sie mit Rekorden im Seitenwagen-Rennen und der Lightweight- bzw. Senior-TT zu Ende.

Bis zum letzten Tag schien John McGuinness weit weg von seiner früheren Form zu sein. Der Brite gewann zwar wie im Vorjahr die Zero TT und erhöhte damit sein Erfolgskonto auf 22 Siege, aber ein Triumph in der Senior-TT wurde ihm nur noch von seinen eingefleischtesten Fans zugetraut. Der bereits 43-jährige Honda-Fahrer hielt dem Druck der «jungen Wilden» stand und gewann nicht nur das wichtigste Rennen der Woche in beeindruckender Weise, sondern verbesserte in der zweiten Runde sogar den absoluten Rundenrekord aus dem Vorjahr und das, obwohl er sein Tempo für den obligatorischen Tankstopp drosseln musste. Die neue Bestmarke: 17.03,567 (Schnitt 213,562 km/h).

Die positivste Überraschung war aber das bemerkenswerte Comeback von Ian Hutchinson. Der 35-jährige Brite, der 2010 bis auf die Zero TT alle Solo-Rennen gewinnen konnte und damit für einen einsamen Rekord sorgte, sich danach aber bei einem Rennen in Silverstone einen komplizierten Beinbruch zugezogen hatte und während seiner Rehabilitation durch ein Tal der Tränen ging, beendete jedes Rennen, an dem er teilgenommen hatte, auf dem Podium. Nach dem zweiten Platz im Superbike-Rennen folgten Siege in beiden Supersport- und im Superstock-Rennen, die Senior-TT beendete auf Rang 3, nachdem seine Paul Bird Kawasaki in der letzten Runde sichtlich an Leistung verloren hatte.?

Auch Bruce Anstey gehört zu den positiven Erscheinungen der Tourist Trophy 2015. Der Neuseeländer hat zwar seinen Rundenrekord eingebüßt, doch ein Sieg im Superbike-Rennen ist mehr als eine Entschädigung für diesen Verlust. Der 45-jährigen Honda-Piloten aus Wellington hält nun wie der 15-fache Weltmeister Giacomo Agostini bei zehn TT-Siegen, nur «King of the Mountain» Joey Dunlop (26), John McGuinness (23), Dave Molyneux (17), Mike Hailwood (14), Michael Dunlop, Ian Hutchinson, Phillip McCallen und Steve Hislop (alle 11) haben mehr Siege auf dem Konto als Anstey.

Mit Ivan Lintin und James Hillier drängten sich zwei junge Piloten in den Vordergrund. Lintin entschied mit einer fehlerlosen Fahrt das Rennen die Lightweight-TT für sich und Hillier gelang eine eindrucksvolle Serie an Zielankünften. Neben drei Podiumsplatzierungen (Dritter im Superbike-Rennen und jeweils Zweiter in der Lightweight bzw. Senior-TT) wurde er noch zweimal Vierter (Superstock und Supersport 2) sowie Sechster (Supersport 1). Dazu kommt noch der neue Rundenrekord in der Lightweight-Klasse. Hillier blieb gleich 16,213 Sekunden unter seiner eigenen Bestmarke aus dem Jahr 2013.

Mehr als erfreulich verlief die TT auch für das Team Penz13.com Bathams by BMW Motorrad mit dem 42-jährigen Michael Rutter als Fahrer. Der erfahrene Brite sorgte mit seinem sechsten Rang im Superbike-Rennen für die beste Platzierung der deutschen Mannschaft um Teamchef Rico Penzkofer und Crew Chief Gordon Unger. Mit Platz 10 und Rang 11 in der Senior-TT bzw. dem Superstock-Rennen bestätigte der vierfache TT-Sieger seine ausgezeichnete Leistung.

Nach dem Auftakt der Seitenwagen-Weltmeisterschaft entschlossen sich Ben und Tom Birchall zum sofortigen Ausstieg aus dem Championat. Im Kampf um die Spitze kam es zwischen dem britischen Brüderpaar und Tim Reeves/Gregory Cluze zu einigen gefährlichen Situationen und schließlich zur Kollision der beiden Gespanne, die Birchall/Birchall zur Aufgabe zwangen. Danach konzentrierten sich die beiden auf die Tourist Trophy. Die beiden Siege sind Balsam auf die Wunden der Briten, bei denen der österreichische Seitenwagen-Weltmeister und TT-Sieger Klaus Klaffenböck und der Schweizer Seitenwagen-Champion Adolf Hänni im Hintergrund nicht unwesentlich an den Erfolgen beteiligt sind.

Erwähnenswert ist auch der Auftritt von Dave Molyneux. Der 51-jährige Manxman, der mit 17 Siegen mit Abstand der erfolgreichste Seitenwagen-Fahrer in der Geschichte der Tourist Trophy ist, hatte mit Benjamin Binns einen vergleichsweise unerfahrenen Beifahrer an Bord. Im zweiten Lauf verpassten sie den Sieg gegen das an diesem Tag unschlagbare Brüderpaar Birchall lediglich um 7,584 Sekunden. Dafür gelang ihnen mit 19.23,056 (Schnitt 187,947 km/h) die Verbesserung des acht Jahre alten Rundenrekords ihrer Landsleute Nick Crowe/Daniel Sayle.

Nach dem 13. Rang im ersten Seitenwagen-Rennen waren die Österreicher Michael Grabmüller/Manfred «Yeti» Wechselberger in Lauf 2 auf dem besten Weg zu ihrem ersten Top-10-Ergebnis, doch auf Platz 9 liegend, mussten sie ihre LCR Yamaha wegen eines lächerlichen Defekts abstellen. Mehr Glück hatte das deutsch/schweizerische Paar Mike Roscher/Manuel Hirschi im zweiten Rennen, die nach ihrem Ausfall im ersten Rennen, den hervorragenden 13. Platz einfahren konnten.

Die Enttäuschungen der Tourist Trophy 2015

Michael Dunlop sorgte mit seinem überraschenden Wechsel von Milwaukee Yamaha zu Buildbase BMW für einen Knalleffekt. Der elffache TT-Sieger sah mit der neuen Yamaha R1 keine Chancen auf weitere Erfolge und schmiss den Krempel einfach hin. Nach einem Sturz im Superbike-Rennen, bei dem er sich an der Schulter verletzte, war er körperlich nicht mehr in der Lage, das Tempo seiner Konkurrenten auf einer Renndistanz mitzugehen. Dem 26-jährigen Nordiren, der nach seinem unrühmlichen Abschied 2013 von Honda Racing zum zweiten Mal in seiner Karriere bei einem Spitzenteam verbrannte Erde hinterließ, könnte jetzt eine Schadenersatzklage in Millionenhöhe ins Haus flattern.

Ob es für Guy Martin wie angekündigt wirklich die letzte TT war, wird die Zukunft weisen. Der Brite, der mit sieben zweiten und neun dritten Plätzen der erfolgreichste Fahrer ohne TT-Sieg ist, schaffte es wieder nicht, ein Rennen auf dem obersten Treppchen zu beenden, dabei hatte der Publikumsliebling, der sich extra für die TT von seinem markanten Backenbart getrennt hatte, mit der BMW S1000RR und der Triumph Daytona 675 zwei Motorräder zur Verfügung, mit denen im Vorjahr von Michael Dunlop (3) und Gary Johnson (1) vier Siege eingefahren werden konnten. Die drittschnellste Rundenzeit hinter McGuinness und Dunlop in der TT-Geschichte ist für ihn ein schwacher Trost.

Mit großen Hoffnungen ging Tim Reeves in die diesjährige Tourist Trophy. Der mehrfache Seitenwagen-Weltmeister holte sich mit Patrick Farrance einen dreifachen TT-Sieger ins Boot, doch dem 41-jährigen Briten blieb trotz aller Anstrengungen die Wiederholung seines TT-Erfolges aus dem Jahr 2013 versagt. Reeves/Farrance, die schon im Training von Problemen eingebremst wurden, schafften es in beiden Rennen nicht ein einziges Mal bis Ramsey. Im ersten Rennen stoppten sie Elektronikprobleme, im zweiten Lauf eine defekte Zündspule.

Leider blieben auch heuer die Unfälle nicht aus. Jamie Hamilton, Andy Lawson, Graham English und Roy Richardson erlitten bei Stürzen teils schwerste Verletzungen, Franck Petricola bezahlte seine Leidenschaft sogar mit seinem Leben. Auch neben der Rennstrecke war der Blutzoll wieder hoch. Drei Motorradfahrer, darunter ein Deutscher, starben während der 14-tägigen Veranstaltung bei Verkehrsunfällen und auch ein Hubschrauberpilot stürzte tödlich ab, nachdem er knapp davor zwei Zuseher abgeliefert hatte.

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