Türkei: Suninen und Tidemand, Hoffnungen von M-Sport
Mit der Rallye Türkei steht am kommenden Wochenende ein weiteres Highlight der Rallye-Saison 2019 bevor: Die Schotterveranstaltung rund um die touristisch geprägte Küstenstadt Marmaris ist nicht nur der heißeste WM-Lauf des Jahres, sondern mit seinen rauen Naturpisten auch der härteste - mit großen Felsbrocken, die sich im losen Untergrund verstecken und immer wieder für Überraschungen sorgen können.
Für M-Sport Ford stellt die Rallye an der türkischen Ägäis daher eine ganz besondere Aufgabe dar. Zum Einen müssen die rund 380 PS starken Fiesta WRC für Teemu Suninen/Jarmo Lehtinen und Pontus Tidemand/Ola Floene - die für den noch immer verletzten Elfyn Evans einspringen - auf die groben Strecken vorbereitet werden, indem sie zum Beispiel zusätzliche Schutzelemente für den Unterboden erhalten. Angesichts der hohen Temperaturen und niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeiten, die entsprechend weniger Fahrtwind erzeugen, wurden auch die Kühlsysteme für Motor, Getriebe und Bremsen verstärkt. Um sich auf die schwierigen Bedingungen einzuschießen, hat das Team zudem einen zweitägigen Test auf vergleichbaren Schotterwegen angesetzt.
Zum Anderen werden aber auch die Logistiker des Weltmeisters von 2017 gefordert: Zwischen dem Team-Sitz am Rande des nordenglischen Nationalparks Lake District und dem Servicepark in Asparan liegen schlappe 3.740 Kilometer - eine wahre Marathonstrecke und die längste Anreise, die die Trucks von M-Sport im Rahmen des WM-Kalenders zurücklegen müssen. Bereits am 1. September, einem Sonntag, haben sich die Lkw auf den Weg gemacht und sind bis zum darauf folgenden Donnerstag über Folkestone und Calais bis nach Trieste in Italien gefahren. Dort wurden sie auf eine Roll-on-/Roll-off-Fähre verladen, die am nächsten Morgen in Richtung der türkischen Hafenstadt Cesme abgelegt hat. Nach zwei freien Tagen an der Adria übernahmen die «Truckies» ihre Transporter am Sonntag - eine Woche nach dem Start in Großbritannien - wieder, absolvierten die Zollformalitäten und machten sich auf die letzte Etappe ins das gut vier Stunden entfernte Marmaris im Südwesten der Türkei.
«Die Rallye Türkei zählt zu den anspruchsvollsten Events des Rallye-Jahres», erläutert M-Sport-Teamchef Richard Millener. «Die 17 Wertungsprüfungen sind mit ihrer brutalen Oberfläche, den hohen Außentemperaturen und geringen Geschwindigkeiten eine Tortur für die World Rally Cars ebenso wie für die Fahrer und Beifahrer sowie die Reifen. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir für diese Herausforderungen gut gewappnet sind. Unsere Fiesta WRC sind robust, bei groben WM-Läufen haben wir in der Vergangenheit zumeist immer sehr gut ausgesehen. Das Team hat in der vergangenen Woche bei einem zweitägigen Test noch einmal sichergestellt, dass unsere zusätzlichen Schutzkomponenten und auch das Kühlsystem den zu erwartenden Bedingungen gewachsen sind. Mit Teemu Suninen und Pontus Tidemand können wir zudem auf zwei sehr konzentrierte und ambitionierte Fahrer setzen, die großes Potenzial besitzen. Dabei kommt es bei dieser Rallye auch eher auf eine clevere Herangehensweise als nur auf den schieren Speed an, das macht es besonders schwierig. Aber wenn wir es richtig anstellen, dann können wir uns gute Chancen auf ein starkes Resultat ausrechnen.»
Der junge Finne Teemu Suninen und sein erfahrener Landsmann Jarmo Lehtinen auf dem Beifahrersitz peilen in der Türkei wieder eine vordere Platzierung an - dass sie dafür schnell genug sind, haben sie im Laufe der Saison immer wieder bewiesen. Im vergangenen Jahr fuhr Suninen mit einer durchdachten Vorstellung bis auf Rang vier.
«Die Rallye Türkei ist eine sehr heiße und auch deswegen besonders anstrengende Veranstaltung», bestätigt der 25-Jährige. «Sie stellt uns Fahrer auch physisch auf eine harte Probe, denn die Temperaturen in den World Rally Cars können immens steigen - da kommt es darauf an, sich die Kräfte richtig einzuteilen und immer konzentriert zu bleiben. Die Hitze strapaziert aber auch die Autos und Reifen extrem. Auch daran müssen wir denken und unsere Fahrweise entsprechend adaptieren. Es ist also eine clevere Herangehensweise gefragt. Die brutalen Pisten ändern häufig ihren Rhythmus, dies macht es noch schwieriger, stets das mögliche Tempo richtig einzuschätzen. Im vergangenen Jahr haben wir Platz vier belegt und damit die Robustheit unseres Ford Fiesta bewiesen. Ein ähnliches Ergebnis nehmen wir auch am kommenden Wochenende ins Visier.»
Der 28-jährige Tidemand kehrt zum ersten Mal seit der Rallye Schweden im Februar wieder in das Cockpit des Fiesta World Rally Cars zurück. Nach der eiligen Hatz über die verschneiten Waldwege seiner Heimat will der junge Mann aus Charlottenberg sein Talent nun auch auf den türkischen Schlaglochpisten ins Schaufenster stellen. Erfahrung bringt er mit: Tidemand und sein 50 Jahre alter Beifahrer Ola Floene waren bereits 2018 an der Ägäis mit einem WRC 2-Fahrzeug im Einsatz.
«Es ist ein großartiges Gefühl, wieder das Lenkrad des Ford Fiesta World Rally Cars in die Hand nehmen zu können - das bei weitem faszinierendste Auto, das ich jemals fahren durfte», strahlt Tidemand, der von M-Sport auch für die Wales-Rallye England Anfang Oktober nominiert wurde. «Wir haben mit dem Team in der vergangenen Woche zwei Tage lang auf grobem Schotter getestet, dadurch fühle ich mich recht gut vorbereitet. Die Hitze im Südwesten der Türkei fordert definitiv ihren Tribut – vom Auto, den Reifen und auch uns. Die rauen Strecken sind die brutalsten im gesamten WM-Kalender. Ich habe schon im Vorjahr erlebt, wie verheerend große Steine mitten auf der Straße sein können, die unbeabsichtigt von den Vorausfahrenden freigelegt worden sind. Wir wollen eine solide Rallye abspulen, uns fortlaufend verbessern undf das Bestmögliche aus dem Fiesta herausholen.»