1986: Die Gruppe B rast in den Abgrund
Die Gruppe B-Fahrzeuge, die mit großen technischen Freiheiten konzipiert wurden, sollten im Rallyesport das Nonplusultra darstellen und den Fans einen geradezu höllischen Motorsport vermitteln. Die schlimmen Katastrophen 1986 mit sieben Toten sorgten für das Ende des höllischen Spektakels.
Der Begriff Gruppe B bezeichnete im Motorsport seit 1982 eine bestimmte Kategorie für Gran-Turismo-Fahrzeuge. Richtig bekannt wurden diese mit viel technischen Freiheiten konzipierten Monster-Autos von 1982 bis 1986 in der Rallye-Weltmeisterschaft. Die FIA erlaubte äußerst leistungsstarke und schnelle Rennwagen, die eigentlich nur von professionellen Rallyepiloten beherrschbar waren. Anfang der 1980er Jahre änderte die FIA ihre Vorschriften, welche nun nur noch 200 straßentaugliche Fahrzeuge für die Zulassung zur neuen Gruppe B vorsahen, während für die vorherige Gruppe-4-Homologation insgesamt 400 Wagen benötigt wurden. Zur Homologation von so genannten Evolutionsfahrzeugen wurden sogar nur 20 Autos gefordert.
Die Hersteller entwickelten daraufhin extrem starke allradgetriebene Fahrzeuge mit bis zu 500 PS, die auch äußerlich nur noch wenige Ähnlichkeiten mit den entsprechenden Serienfahrzeugen aufwiesen. So machte Peugeot beim 205 aus dem Auto mit Frontmotor einen Gruppe-B-Mittelmotorwagen, während besonders Ford und MG Sondermodelle präsentierten, die aufgrund ihrer Optik keinerlei Bezug mehr zum normalen Verkaufsprogramm dieser Unternehmen hatten.
Die bekannten tödlichen Katastrophen
Am 2. Mai 1985 wurde Attilio Bettega bei der Rallye Korsika nahe Zérubia getötet, als er in seinem Lancia 037 von der Straße abkam und gegen einen Baum prallte; sein Beifahrer Maurizio Perissinot überlebte ohne schwere Verletzungen.
Am 5. März 1986 schlitterte der portugiesische Fahrer Joaquím Santos bei der Rallye Portugal bei Sintra im Ford RS200 in eine, wie bei den Veranstaltungen damals üblich, unkontrolliert an der Strecke stehende Zuschauermenge, nachdem er einigen leichtsinnigen, sich auf der Piste aufhaltenden Zuschauern ausweichen musste. Bei diesem Unfall wurden drei Menschen (eine 30-jährige Frau und ihre Kinder im Alter von sieben und zehn Jahren) getötet und 31 schwer verletzt. Sämtliche professionellen Teams, darunter Walter Röhrl (im Audi Sport quattro S1) und sein Werksteam Audi Sport, stiegen daraufhin aus der Portugal-Rallye aus. Hauptkritikpunkte waren Sicherheitsmängel wie die ungenügende Streckenabsperrung.
«Für die Zuschauer war das ein Ersatz-Stierkampf. Das ging sogar so weit, dass sich ganze Gruppen von Zuschauern untereinander an den Händen festhielten, damit nicht einer früher weg springen kann, damit die Truppe stehen bleiben muss», kritisierte damals Walter Röhrl diese untragbaren Zustände an den Prüfungen. «Man hätte in Portugal nicht fahren dürfen.»
Auch der Schweizer Formel-1-Pilot Marc Surer hatte einen folgenschweren Unfall mit einem Ford RS200 auf dem damaligen als Prüfung absolvierten Schottenring bei der Hessen-Rallye desselben Jahres in Deutschland. Sein Beifahrer Michel Wyder wurde durch den seitlichen Aufprall auf einen Baum im brennenden Ford getötet. Zuvor hatte Surer dem Autor berichtet, er habe Probleme mit dem Getriebe, bei dem sich speziell der wichtige dritte Gang nicht einlegen ließ und Störungen im Fahrverhalten mit Neigungen zum Ausbrechen verursachte. «Das Auto ist so unfahrbar», meinte Surer damals. Dieses Ausbrechen könnte in der schnellen Rechtskurve zum Unfall geführt haben.
Am 2. Mai 1986 folgte der nächste tödliche Unfall, erneut bei der Rallye Korsika, und genau ein Jahr nach dem tödlichen Unfall von Attilio Bettega. Der Finne Henri Toivonen, der die Rallye Monte Carlo gewonnen hatte, kam mit seinem Lancia Delta S4 von der Strecke ab und prallte unterhalb der Straße gegen einen Baum. Durch die Explosion der Benzintanks verbrannte das Auto fast vollständig, Toivonen und sein US-amerikanischer Beifahrer Sergio Cresto hatten sich nicht aus dem Flammeninferno befreien können.
Während Audi seit Portugal auf eine weiteres Engagement im Rallyesport verzichtete, führen Peugeot, Lancia und MG die Saison 1986 noch zu Ende, anschließend wurde die Gruppe B für die Rallye-Weltmeisterschaft verboten.