Portugal 2010: Freie Fahrt für Ogiers ersten Sieg
Diesmal durfte er wirklich. Von Taktik zu Gunsten des Rekord-Champions und Namensvetter Sébastien Loeb war bei Ogier am Sonntagnachmittag an der von der Sonne durchfluteten Algarve diesmal keine Rede. «Es gibt keine Taktik. Der schnellste Mann soll gewinnen», sagte Ogier im letzten Service am Algarve Stadion. Und der schnellste Mann war er, seit der vierten Prüfung bis ins Ziel. «Ich bin sehr, sehr glücklich. Das war ein perfektes Wochenende», freute sich der Debütant in der WM-Siegerliste. «Es war ein harter Kampf mit Sébastien. Es war schwer, ihn zu besiegen. Ich konnte es kaum erwarten, endlich über die Ziellinie zu fahren.»
Loeb ohne Chance
Loeb, der ansonsten auf der zweiten Etappe seine Bestleistung bringt, wie zuletzt mit seiner fast schon unglaublichen Aufholjagd in Neuseeland, brillierte diesmal nicht so stark. «Ich habe versucht, Sébastien Ogier so viel Zeit wie möglich abzunehmen, aber so richtig geklappt hat es nicht. Ich weiß nicht warum», meinte der Vorjahressieger. Was auf der zweiten Etappe blieb, war nur ein Reduzierung um knapp 23 Sekunden auf 21,9 Sekunden. Auch beim Finale konnte er trotz vier von fünf möglichen Bestzeiten Ogier nicht abfangen. Loeb unterschätzte die Qualität Ogiers als Kehrmaschine. Er bleib um 7,9 Sekunden Zweiter. «Er war verdammt schnell hier, zu schnell, um ihn noch einzuholen», konstatierte Loeb im Ziel, das Dani Sordo mit einem Rückstand von 1:17,6 Minuten als Dritter erreichte. Petter Solberg vermasselte auf der Abschlussprüfung im Algarve Stadion den ersten Citroën-Vierfach-Triumph. Er setzte seinen privaten C4 in die Absperrung, verlor deswegen fast 14 Sekunden und den vierten Platz an Mikko Hirvonen im Ford Focus.
Loebs Tabellenführung hat der Ehrenrang nicht geschadet. Er liegt mit 126 Punkten klar vorne und hat zu seinem neuen Verfolger Ogier einen satten Vorsprung von 38 Zählern.
Er lebte die Taktik
Tatort Freitagabend, die letzte Prüfung der ersten Etappe. Dort erklärten Hirvonen und Solberg das so genannte Türkei-Bulletin zur Makulatur. Eigentlich sollten nach dem in diesem Bulletin zitierten Artikel 151 (c) des Internationalen Sportgesetzes taktische Spielchen unter Strafandrohung unterbunden werden. Quasi unter den Augen des FIA-Präsidenten Jean Todt liessen sich Hirvonen und Solberg auf der siebten Entscheidung zurückfallen. Hirvonen lag eine Prüfung zuvor noch 6,1 Sekunden vor dem Gesamtfünften Loeb, nach der ersten Etappe aber 2,1 Sekunden hinter ihm. Der bis dahin auf dem dritten Rang liegende Solberg war 11,3 Sekunden vor Loeb, danach aber 5,1 dahinter. Loeb rutschte mit einem Rückstand von 44,8 Sekunden auf den dritten Rang hinter Ogier und Sordo und vor Hirvonen und Solberg vor.
Kurze Zeit später erklärte Todt auf einer Pressekonferenz am Freitagabend, die FIA sehe keinen Handlungsbedarf, die Startreihenfolge zu ändern. «Bezüglich der Startreihenfolge sehen wir keinen Anlass, etwas zu ändern. Das ist definitiv die Situation, die die Teams die Freiheit gibt, Strategie-Entscheidungen zu treffen. Aber es steht nichts in den Vorschriften, den Teams dies nicht zu erlauben.»
Falsche Strategie
Das führende Citroën-Trio verlor nicht so viel Zeit, wie sich gerade Hirvonen erhofft hatte. Seine Startposition als viertes Fahrzeug auf der Samstagetappe brachte nicht den Platzgewinn und auch keinen Zeitvorteil. Er konnte dem Citroën-Tempo nicht richtig folgen. Sein Rückstand zu Ogier stieg am Samstagabend von zuvor 46,9 Sekunden auf 1:13,9 Minuten. Hirvonen fährt weiter in seinem schwedischen Schatten, eine deutlich sichtbare Tendenz aufs Podium ist seit seinem Auftaktsieg nicht mehr zu sehen. Beim Portugal-Finale verpuffte letztlich seine Schlussattacke auf die beiden Citroën-Piloten Solberg und Sordo um den letzten Podiumsplatz. Bis auf 7,4 Sekunden war er auf der drittletzten WP an den drittplatzierten Sordo herangekommen, auf der vorletzten Entscheidung war er vom letzten Podestplatz 14,4 Sekunden entfernt. Dann seine inzwischen standardisierte Ausrede: «Ich konnte nicht schneller. Vergessen wir diese Wochenende.»
Wieder Portugal-Crash von Latvala
Ab der neunten Prüfung musste er auf die Unterstützung von Jari-Matti Latvala verzichten. Der war wieder auf seiner Achterbahn unterwegs. Nach der tollen Leistung mit seinem Sieg in Neuseeland warf er in Portugal, wo er im letzten Jahr mit einer 17-fachen Rolle den Horror-Crash seines Lebens erlebt hatte, seinen Focus von der Piste. Leider traf bei seinem Trip ins zweite Portugal-Aus mit dem Heck den einzigen Baum dort. Die Finnen liessen den mit 75 Siegen erfolgreichsten Hersteller ziemlich im Stich. Bis auf fünf Punkte kam Ford vor Portugal an den führenden Titelverteidiger Citroën heran. Nach dem Algarve-Trip aber wuchs der Abstand auf 26 Zähler.