Ogier musste zum Citroën-Vorstand
Deutschland-Sieger Sébastien Ogier.
Normalerweise wird ein Rallye-Sieger, falls überhaupt, zum Vorstand zitiert, um von den hohen Herren beglückwünscht zu werden. Dies aber trifft anscheinend bei Sébastien Ogier, der am Wochenende seinen Citroën-Teamkollegen Sébastien Loeb nach dessen acht Siegen in Folge in Trier mit seinem ersten Asphaltsieg entthront hatte, nicht zu. Er wurde vor den Citroën-Vorstand bestellt, um sich zu seiner Kritik an Loeb und dem Team allgemein zu äussern und sich zu erklären. Die Ogier-Kommentare fanden nicht überall Wohlwollen.
Loeb hatte am vergangenen Mittwoch seinen Vertrag mit Citroën, wo er seit 2001 fährt, um zwei Jahre bis Ende 2013 verlängert. Da er auch von Volkswagen als die Nummer eins umworben worden war und er auch mit dem Volkswagen-Motorsport-Direktor Kris Nissen verhandelt hat, wird er wohl bei Citroën einige Vergünstigungen ausgehandelt haben, die Ogier keineswegs schmecken. Und eine dieser Vergünstigungen dürfte wohl auch dem Umstand gezollt sein, dass er im Team wieder die erklärte Nummer eins ist, was in diesem Jahr angesichts der Erfolge und der Rivalität von Sébastien Ogier nicht mehr sichtbar war.
Am Freitag gab Citroën-Sportchef Olivier Quesnel die Order, dass beide Piloten ihre Positionen halten sollen. Dies hätte bedeutet, Ogier musste sich dem führenden Loeb unterordnen und jegliche Attacke auf Loeb lassen. So ganz hielt sich Ogier aber nicht daran und attackierte dennoch seinen Teamrivalen, bis zum Quesnel-Funkspruch. Der so etwas gescholtene Ogier zog mit grossem Murren und mit kritischen Aussagen Richtung Loeb und Team nolens volens leicht die Notbremse, aber nur leicht.
Das Schicksal meinte er aber am frühen Samstagabend schlecht mit Loeb und gut mit Ogier. Ein Reifenschaden am Loeb-DS3 mit einem Verlust von mehr als einer Minute spülte Ogier vor Loeb an die Spitze. Die Teamorder war damit hinfällig. Die finalen Deutschland-Prüfungen am Sonntag waren für Loeb zu kurz, um Ogier den Sieg doch noch entreissen zu können. So endete dank Reifenschaden und Ogier Loebs einzigartige Serie mit acht Deutschland-Siegen in Folge am Sonntagnachmittag um 15:00 Uhr. Und Sieger Ogier liess erneut eine Kritik zwischen den Zeilen los, als er sagte, die Gerechtigkeit habe gesiegt.
Trotz seines vierten Saisonsieges und seines sechsten Laufsieges scheint sich aber seine Position im Zwei-Zacken-Team eher geschwächt zu haben. Und Ogier ist kein Mann, der sich gerne unterordnet. So tauchen schon die ersten Spekulationen auf, wohin es den 27-Jährigen aus Gap zieht. Nach der Loeb-Absage könnte er schon im nächsten Jahr bei Volkswagen andocken. Die Wolfsburger werden nach ein paar Probeläufen im nächsten mit Polo R WRC ab 2013 die erste komplette Saison bestreiten mit einer gewissen Zielsetzung: «Unser Ziel muss es sein, 2015 die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Loeb ist für uns kein Thema mehr. Vielleicht sollten wir über Ogier nachdenken, der unter den aktuellen Piloten der jüngste Fahrer ist».
Bei Ford bleibt Ogier trotz seiner Absage im letzten Jahr weiter ein Thema, zumal die beiden Finnen Mikko Hirvonen und Jari-Matti Latvala bisher alles andere als überzeugende Vorstellungen präsentierten.
Also – quo vadis Ogier?