Sébastien Ogier: «Gegen Loeb ist es nie einfach»
Ogier: «Ich werde Sébastien Loeb auf jeden Fall vermissen»
Rang 2 bei der Rallye Monte Carlo, in Schweden dann der erste Sieg – hast Du mit einem so guten Saisonauftakt gerechnet?
Sébastien Ogier: «Mit einem neuen Auto und einem neuen Team nach den ersten beiden Rallyes des Jahres an der Tabellenspitze zu stehen, übertrifft meine kühnsten Träume. Natürlich hatten wir nach den vielen Tests vom vergangenen Jahr eine ungefähre Vorstellung davon, wo wir stehen. Aber nur im Wettbewerb siehst Du wirklich, wo du im Vergleich zur Konkurrenz stehst.»
Wie schwierig war es eigentlich, nach einem Jahr in einem Super-2000-Auto und ansonsten nur Testfahrten wieder mit einem World Rally Car im Wettbewerb zu fahren?
«Zugegeben, darüber habe ich mir vor dem Start der Rallye Monte Carlo auch Gedanken gemacht. Aber es ging eigentlich sehr gut, hier in Schweden offensichtlich noch einmal besser. Ich wusste aus der Vergangenheit, dass ich hier auch mit den Skandinaviern mithalten kann. Das hat mir natürlich Selbstvertrauen gegeben.»
Was war das Erfolgsgeheimnis hinter dem Sieg in Schweden?
«Wir haben am Sonntag vor dem Start noch einmal getestet. Dabei haben wir eine noch bessere Fahrwerksabstimmung herausgearbeitet. Damit haben wir schon in der Qualifikation alle Konkurrenten hinter uns gelassen. Ich glaube, das war entscheidend für den Sieg.»
Sah so aus, als wäre der Sieg bei der Rallye Schweden ziemlich einfach gewesen...
«Mit einem Sébastien Loeb als Gegner ist es nie einfach. Er hat drei Tage lang ungeheuren Druck ausgeübt.»
Sah aber so aus, als könntest Du ganz gut mit dem Druck umgehen...
«Ja, wir haben uns davon nicht in einen Fehler treiben lassen. Es war einfach ein perfektes Wochenende.»
Viele Fahrer, darunter Dein Teamkollege Jari-Matti Latvala, haben sich über Probleme mit der Fahrwerksabstimmung beklagt. Du auch?
«Nein, überhaupt nicht. Ich habe in diesem Punkt an meinem Auto vom Start bis ins Ziel im Prinzip nichts geändert.»
Würdest Du sagen, Du holst schon 100 Prozent aus dem Polo heraus?
«Schwer zu sagen. Klar, ich habe schon ein sehr, sehr gutes Gefühl dafür, was der Polo kann. Aber trotzdem arbeiten wir natürlich permanent an Verbesserungen, und wenn es nur im Detail ist.»
Wie ist die Zusammenarbeit mit Deinem neuen Teamkollegen Jari-Matti Latvala?
«Während der Testfahrten tauschen wir uns sehr konstruktiv aus. Während einer Rallye reden wir noch nicht so viel miteinander. Ausser, dass Jari-Matti am letzten Tag der Rallye Schweden meine Fahrwerksabstimmung übernommen hat...»
Die Rallyes Monte Carlo und Schweden werden gerne als einzigartig dargestellt, die noch nichts über das wahre Potenzial eines Autos aussagen. Was erwartest Du vom nächsten WM-Lauf in Mexiko?
«Aufgrund der Höhe (fast überall oberhalb von 2.500 Meter, d. Red.) ist auch die Rallye Mexiko einzigartig. Ich glaube, wir müssen bis zur Rallye Portugal warten, um einen Eindruck von den tatsächlichen Kräfteverhältnissen zu bekommen. Die Wertungsprüfungen dort sind eher repräsentativ für die restlichen Schotter-Rallyes des Jahres. Aber ich denke, nach den Rallyes Monte Carlo und Schweden können wir sicher sein, dass der Polo R WRC konkurrenzfähig sein wird.»
In zwei Rallyes war Sébastien Loeb der einzige Gegner für Dich. Ab der nächsten Rallye ist er vorerst nicht mehr dabei. Damit bis Du klarer Favorit auf den Weltmeistertitel. Setzt Dich das unter Druck?
«Druck ist Teil meines Jobs, Teil des Lebens als Profipilot. Damit habe ich noch nie Probleme gehabt. Mir ist es lieber, ich stehe unter Druck als Favorit auf den WM-Titel, als ich stehe unter Druck, weil ich drei Rallyes hintereinander mit einem Unfall beendet habe.»
Ohne Loeb müsste Dir das Siegen aber ziemlich einfach fallen...
«Klar, Sébastien Loeb ist seit zehn Jahren der Massstab für jeden Piloten. Das heisst aber nicht, dass alle anderen langsam sind. Bei den Schotter-Rallyes haben mit Sicherheit Mikko Hirvonen und Mads Östberg ein Wort mitzureden.»
Wirst Du Loeb vermissen?
«Auf jeden Fall. Mit ihm zu fighten, macht immer einen Riesenspass. Diese Chance hätte ich gerne noch öfter. Aber es ist seine Entscheidung aufzuhören, daran kann ich nichts ändern.»