Dirk Werner: «Nicht mit Porsche-Vertrag gerechnet»
Ruhig und zurückhaltend, stets nett und höflich, wohlerzogen und bescheiden. Mit all diesen Adjektiven könnte man den in Hannover geborenen Dirk Werner beschreiben. Doch sobald der neue Porsche-Werksfahrer seinen Helm aufsetzt und in seinen Rennwagen steigt, wird er zum echten Vollgastier. Nach starken Auftritten in diversen privaten GT-Porsche, schnappte ihn sich 2010 BMW und machte Werner zum Werksfahrer. Dabei fuhr er 2010/2011 nicht nur die Le Mans Series und die ALMS, sondern trat im M3 GT2 in beiden Jahren auch bei den 24 Stunden von Le Mans an. Dabei konnte er die Entscheider beim bayrischen Auto-Hersteller so von sich überzeugen, dass er 2012/2013 für das DTM-Comeback von BMW ein Cockpit bekam. Ab 2014 trat er dann in der GTLM-Klasse der IMSA-Serie für BMW an und kämpfte dort unter anderem gegen Porsche. Seit 2017 gehört er nun selbst dem Kader des schwäbischen Sportwagen-Herstellers an. Bei der diesjährigen Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans wird er mit Michael Christensen und Kévin Estre in der GTE-Pro-Klasse im Porsche-Team antreten.
Herr Werner, nach den beiden Einsätzen mit BMW in den Jahren 2010/2011 kehren Sie nun als Porsche-Werksfahrer zu den 24 Stunden von Mans zurück. Gerade bei der Betrachtung der Porsche-Le-Mans-Historie, ist dies sicherlich eine ganz spezielle Erfahrung?
«Ich bin tatsächlich mit Porsche das erste Mal hier in Le Mans. Das ist mit Sicherheit ein besonderes Gefühl. Zumal es für mich als Porsche-Werksfahrer sowieso speziell ist, hier an den Start zu gehen. Das habe ich mir immer gewünscht. Sogar schon, als ich im Porsche-Markenpokal gefahren bin. Und auch in der Zeit danach, als ich mit den Privatteams unterwegs war, hatte ich mir immer erträumt, einen Werksvertrag bei Porsche zu bekommen. Das hat dann zunächst nicht geklappt. Von daher ist es jetzt top, bei den ganzen großen Rennen dabei sein zu können. In Daytona bin ich schon gefahren, genauso wie in Sebring. Auch beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring war ich im Falken-Porsche am Start - und jetzt halt in Le Mans. Das ist eine Ehre und auch eine Bestätigung für die Arbeit der letzten Jahre. Auf dem aktuellen Projekt liegt auch eine große Aufmerksamkeit, weil wir mit dem neuen Auto antreten. Da sind Erwartungen mit Sicherheit hoch. Aber die Erwartungen sind eigentlich jedes Mal hoch. Man versucht ja immer, zu gewinnen. Ob das Auto drei Jahre alt oder neu ist, macht dann da auch keinen großen Unterschied für den Fahrer.»
Hatten Sie damit gerechnet, von Porsche einen Werksvertrag für 2017 angeboten zu bekommen?
«Es war eine Überraschung, da ich zu dem Zeitpunkt nicht damit gerechnet hatte. Ich war ja sieben Jahre bei BMW. Und hatte dort auch tolle Erlebnisse gehabt. Bin DTM gefahren und bin für BMW auch bei den großen Sportwagen-Rennen dabei gewesen. Ich hatte da eine tolle Zeit. Und war dort auch in interessanten Projekten involviert, wie beispielsweise die Entwicklung der Rennversion des M6. Doch als Porsche dann kam, war ich schon überrascht. Ich habe aber sofort gewusst: Dass will ich machen. Dieser Wunsch war schon so in mir drin. Da kam er dann einfach wieder auf, dieser Wunsch, für Porsche an den Start zu gehen.»
Ihr Hauptprogramm besteht 2017 aus den Läufen zur amerikanischen IMSA-Serie. Hat sich das deshalb ergeben, weil Sie die Strecken dort drüben schon aus ihrer BMW-Zeit kennen?
«Ich habe schon viele Erfahrungen mit den Strecken und auch mit der Meisterschaft in Amerika. Es macht daher schon Sinn, dass ich da jetzt weiter fahre. Auch von der internen Aufteilung der Porsche-Werksfahrer auf die verschiedenen Meisterschaften hat das gepasst. Darüberhinaus es gibt in Europa natürlich ebenfalls viele interessante Rennen. Wie gesagt, bei den meisten großen Rennen wie am Nürburgring und jetzt in Le Mans bin ich dabei. Somit vermisse ich nichts. In der WEC wird auch ein anderes Rennformat als in der IMSA-Serie angewandt. Das macht schon Sinn, dass man Fahrer, die sich eine gewisse Zeit auf eine bestimmte Serie eingeschossen haben, in dieser dann auch weitermachen lässt.»
In Bezug auf die spektakulären Kurse in Nordamerika ist dies aus Fahrersicht sicherlich keine schlechte Entscheidung?
«Die Strecken in Amerika sind super. Die Meisterschaft hat auch ein gutes Format. Da durch die vielen Gelb-Phasen das Feld immer wieder zusammen geschoben wird, sind auch Rennen oft bis zuletzt spannend. Ob man das mag, ist aber natürlich Geschmackssache. Ich persönlich finde das ganz gut. Auch die Fliegerei und der Jetlag bereiten mir keine Probleme. Und ich kenne halt viele der anderen Fahrern und fühle mich in der IMSA wohl.»