Sébastien Buemi: «Noch immer das Gefühl der Gefahr»
Toyota-Werksfahrer Sébastien Buemi
Toyota geht in die diesjährige Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans erneut als der ganz große Favorit auf den Gesamtsieg. Bereits 2018 hatten die beiden japanischen Werkswagen den Klassiker an der französischen Sarthe dominiert. Alles Andere als der nächste Doppelsieg wäre auch 2019 eine faustdicke Überraschung. SPEEDWEEK.com traf sich im Vorfeld des Rennens mit Toyota-Werksfahrer Sébastien Buemi, um seine ganz persönlichen Einschätzungen zu erfahren. Der Schweizer könnte sich am Sonntagabend zudem auch noch den zweiten Fahrer-WM-Titel nach 2014 holen.
Herr Buemi, Sie und ihre beiden Wagenpartner Fernando Alonso und Kazuki Nakajima gehen mit einem Vorsprung von 31 WM-Punkten in die diesjährige Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass die am Sonntag einen Doppeltriumph mit WM-Titel und Le-Mans-Sieg feiern können. Macht sie das nervös?
«Ich will mich diesbezüglich nicht unter Druck setzen und ständig darüber nachdenken. Die Meisterschaft ist noch nicht zu Ende. Es werden noch 39 Zähler vergeben - einen für die Pole-Position und 38 für den Sieg. Ich freue mich auf das Rennen. Le Mans hat seinen eigenen Charakter und ist auch aus Fahrersicht sehr speziell. Wir haben Le Mans bereits im letzten Jahr gewonnen und somit möchten wir nun auch den WM-Titel haben. Aber natürlich wollen auch unsere Teamkollegen Mike Conway, Kamui Kobayashi und José María López beides gewinnen.»
Toyota befindet sich zweifelsohne in der Favoritenrolle. Jedoch hat der japanische Hersteller beim großen Langstrecken-Klassiker in der Vergangenheit auch schon ab und zu gepatzt. Was können wir vom Team erwarten?
«Wir haben mit Toyota sehr viele Endurance-Tests absolviert. Ich würde auf die schnelle jetzt einmal schätzen, dass es von Januar bis Juni circa sechs Stück waren. Folglich werden wir im Rennen keineswegs das erste Mal in diesem Jahr 24 Stunden am Stück unterwegs sein. Deswegen kann ich sagen: Wir sind sehr gut vorbereitet.»
2019 treten Sie bereits zum achten Mal in Le Mans an. Haben Sie mittlerweile eine Routine für dieses so besondere Event entwickelt?
«Über die Jahre habe ich mich an die Abläufe in Le Mans sehr gut gewöhnt. Ich habe gute Erfahrungen, wie ich meine Energie über die Woche bestmöglich nutzen kann. Wenn man neu nach Le Mans kommt, ist man teilweise schon vor dem Rennstart richtig fertig. Und da kann man sich schnell sehr leer fühlen. In den letzten Jahren bleibe ich beispielsweise viel öfter in unserem Fahrercontainer, um zu relaxen. Der ständige Austausch mit allen möglichen Leuten im Paddock schlaucht mich erheblich. Beispielsweise gehe ich abends nach der Qualifikation jetzt auch immer sofort zurück ins Hotel zum Schlafen. Ein Debriefing können wir noch am Folgetag machen.»
Was macht für Sie der Mythos von Le Mans aus?
«Le Mans ist schon deswegen besonders, weil es nur einmal im Jahr stattfindet. Außerdem hast du noch immer das Gefühl, dass es gefährlich ist. Es können so viele Sache passieren. Es ist einfach eine Kombination aus verschiedenen Punkten. Das lässt sich eigentlich gar nicht beschreiben.»
Kamui Kobayashi schaffte 2017 in der Qualifikation mit 3:14,719 Minuten einen atemberaubenden Rundenrekord. Reizt es Sie, diese Marke zu unterbieten?
«Um da ran zu kommen, bräuchte es sehr viel Glück. Zunächst muss die Strecke perfekt sein - sprich trocken und mit viel Gummi auf dem Asphalt. Du darfst natürlich keinen Verkehr haben, was mit einem Feld von 62 Fahrzeugen dieses Jahr sehr schwierig wird. Und auch im Cockpit muss dir als Fahrer alles gelingen. Ich hatte 2017 und 2018 jeweils die schnellste Rennrunde geschafft. Die absolute Rundenbestzeit des Rennens (3:17,475 Min. von André Lotterer im Audi R18 im Jahr 2015, d. Red.) zu toppen, wäre mir fast schon wichtiger als der Rekord in der Qualifikation.»