DTM 2019: Wie bereit ist Aston Martin wirklich?
Ferdinand Habsburg, Jake Dennis, Daniel Juncadella und Paul di Resta (v.l.)
Florian Kamelger ist ehrlich. Der R-Motorsport-Teamchef hat sich in den vergangenen Monaten das eine oder andere Mal gedacht: «Was habe ich mir da bloß angetan?». Schließlich ist das Aston-Martin-Projekt ein ebenso ambitioniertes wie auch eng gestricktes.
Diese Gedanken will der 42-Jährige aber gar nicht negativ verstanden wissen. «Wenn man solche Ziele angeht wie wir passiert das manchmal. Es ist ein enger Zeitplan. Und wir haben gewusst, dass es viel Arbeit wird. Doch von nichts kommt nichts. Diesen Extra-Kilometer zu laufen, ist im Spitzensport eben nötig. Die letzten Monate waren unglaublich spannend, emotional und intensiv, mit sehr viel Freude verbunden. Es gibt sehr viel Positives. Und deshalb ändert das auch nichts an der Marschrichtung», sagte Kamelger im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Die Marschrichtung heißt: Volle Fahrt in Richtung Saisonstart in Hockenheim. Wer denkt, dass die Präsentation eines Kunstmodells beim Kickoff in er vergangenen Woche darauf hindeutet, dass man dem Zeitplan hinterherhinkt, könnte sich täuschen. Denn hinter den Kulissen geht es rund, damit sich alles ausgeht.
Denn: Ambitioniert bedeutet auch, dass R-Motorsport Anfang Mai gerne alle vier Autos am Start hätte. Aber: Sicher ist das noch nicht, weshalb Kamelger auch mauert und im Moment nur bestätigt, dass man in Hockenheim überhaupt dabei ist. Doch das Projekt ist auf Kurs, befindet sich im Zeitplan.
Das nächste Zwischenziel: Die Testfahrten vom 5. bis 7. März in Jerez. Der technische Partner HWA hätte dann innerhalb von 100 Tagen ein DTM-Auto gebaut.
Eines, das in Jerez erstmals auf die Strecke gehen würde. Was ohne Frage Zeit wird. Denn R-Motorsport will ja nicht einfach nur ein paar Aston Martin Vantage in die Startaufstellung stellen, die dann ein bisschen mitfahren.
Die Tests sind essentiell, um sich vorzubereiten, einzuschießen, Fortschritte zu machen, Probleme zu erkennen, zu beheben und den Rückstand auf Audi und BMW aufzuholen. Kurz: Um Erfahrung zu sammeln. Das gilt auch für die Piloten Paul di Resta, Daniel Juncadella, aber vor allem für die Rookies Jake Dennis und Ferdinand Habsburg. Die Konkurrenz hat bereits zwei Tests mit den neuen Autos absolviert. Nach Jerez wartet noch der ITR-Test (15. bis 18. April) auf dem Lausitzring. Viel Zeit ist das nicht. Und klar: Sollte es zu unerwarteten und nicht kalkulierten Problemen oder Zwischenfällen kommen, könnte das den Zeitplan empfindlich oder sogar entscheidend stören.
Deshalb ist bei Kamelger «noch kein Platz für Erleichterung. Ein Ereignis, ob intern oder extern, jagt das nächste. Erleichtert bin ich erst, wenn wir in Hockenheim in der Startaufstellung stehen und uns die Hand geben.»
Denn im Grunde war alles in den vergangenen Monaten, seit dem Saisonfinale 2018 in Hockenheim, eine Herausforderung. Weil es so schnell gehen musste. Selbst für das DTM-erprobte Ex-Mercedes-Einsatzteam HWA war vieles neu.
«Es ist das erfolgreichste Team der DTM-Historie, trotzdem: Es ist ein anderes Projekt, es sind andere Leute, ein anderer Teamchef, und vielleicht auch ein anderer Spirit vom Ansatz her, den wir in die DTM bringen wollen», so Kamelger. Aber: «Alle ziehen in die gleiche Richtung.»
Daneben ging es auch darum, «das Thema kommerziell verstehen zu lernen, zu rechnen und auch das unternehmerische Risiko zu gehen, das Programm zu übernehmen». Zahlreiche Baustellen, die beackert werden mussten. Und immer noch müssen.
Warum dann das Ganze schon 2019 und nicht wie zuvor kolportiert erst 2020? Weil es eine Win-win-Situation für R-Motorsport und auch DTM-Chef Gerhard Berger ist. Der Österreicher hat schon jetzt vier Autos mehr im Grid und muss keine Übergangssaison verkaufen. R-Motorsport wiederum steigt zeitgleich mit dem neuen Class-One-Reglement mit den neuen Autos und dem neuen Vierzylinder-Turbo ein. Einiges ist neu, das gilt aber auch für BMW und Audi. 2020 hätten die beiden deutschen Autobauer schon wieder einen noch deutlicheren Vorteil.
Die Saisonziele von Aston Martin? Sind fast schon bescheiden. «Für die erste Saison gilt es, einen Fußabdruck zu hinterlassen», sagt Kamelger: «Wir sind gut für das vordere Drittel. Alles andere wäre das Sahnehäubchen.»