Glocks Highlight Zeitreise: So extrem noch nie erlebt
Schlimmer geht immer: Timo Glock hatte auf Besserung gehofft. Beim «Kriseninterview» mit SPEEDWEEK.com auf dem Norisring im Juli ging es um den Umgang mit dem Tief, mit den negativen Erfahrungen, aber auch darum, mal wieder gute Ergebnisse einzufahren, aus dem Negativstrudel herauszukommen.
Er wollte sich nochmal zeigen, nachdem der Meisterschaftszug in diesem Jahr ohne ihn abgefahren war. Einfach wieder die Kurve kriegen und natürlich auch BMW und Marco Wittmann im Titelkampf effektiv unterstützen.
Funktioniert hat das nicht wirklich.
Ein fünfter Platz in Assen, ansonsten geht die Pleiten-, Pech- und Pannenserie munter weiter. Glock ist nach 14 von 18 Rennen inzwischen Gesamt-13.
Er ist der schlechteste BMW-Fahrer, hinter ihm liegen nur noch WRT-Rookie Pietro Fittipaldi und die vier Aston-Martin-Piloten. Eine bittere Bilanz für einen, der ganz oben mitmischen wollte.
Auf dem Lausitzring kamen bei Glock weitere technische Probleme dazu. Bei ihm ist es tatsächlich so: Haste Sch.... am Auto, haste Sch.... am Auto. «Ich kann mich schon nicht mehr daran erinnern, was ich dieses Jahr für Probleme hatte. Ich denke nicht mehr darüber nach, weil es zu viele Probleme sind», sagte Glock.
Ja, die Motivation ist nach jedem Rückschlag erst einmal unten, sagt er. Aber: «Einen Tag nach dem Rennen denkst du wieder an das nächste Rennwochenende und versuchst, aus dem Schlamassel herauszukommen.»
Das funktioniert nur nicht mehr, er steckt weiterhin tief im Schlamassel fest. Vier Rennen sind es noch, und er gibt zu, dass er das Finale in Hockenheim kaum noch erwarten kann. «Bei mir ist in allen Belangen der Wurm drin. Irgendwann wird es schwierig und dann bist du froh, wenn das Jahr vorbei ist», sagte er. Und stellte klar: «So extrem habe ich es noch nie erlebt.»
Grund zum Grinsen gibt es aber immerhin noch. Denn am Samstag durfte er eine Zeitreise unternehmen: Ein 20-minütiges Qualifying im Rahmen der «Tourenwagen Classics» in einem Boliden aus der goldenen Ära der DTM, dem BMW M3 E30.
Die Zeitreise in Zahlen: 275 PS, 215 km/h in der Spitze. Normalerweise ist Glock anderes gewohnt: In der DTM sitzt er im BMW M4 DTM, der 640 PS hat und je nach Strecke an der 300-km/h-Marke kratzt. Mit seinem aktuellen Flitzer ist Glock fast eine halbe Minute schneller.
Aber: Nach den 20 Minuten wusste er, was er getan hatte. Glock bei SPEEDWEEK.com über das Erlebnis in dem Auto, in dem es keine Servolkenkung gibt, dafür aber eine stinknormale H-Schaltung anstatt Schaltwippen-Schnickschnack: «Das war das Highlight in dieser Saison. Das ist pures Fahren. Du musst schalten, du musst kuppeln, das Auto tanzt, du kannst in den Kurven viel probieren und verschiedene Linien fahren. Das Auto hat keinen Abtrieb, sondern nur mechanischen Grip. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht zu den Autos, die wir heute in der DTM fahren», schwärmte Glock.
Er zieht den Hut vor den früheren DTM-Stars. «Die Jungs sind früher mit den Autos über die Nordschleife gebrannt auf Messers Schneide und Rad an Rad. Die mussten richtig arbeiten und waren immer am Limit. Es ist eine Kunst, das Auto schnell zu bewegen.»
Welches Auto macht denn mehr Spaß? «Jedes auf seine Art. Der Sound des M3 E30ist unfassbar, ich habe extra keine Ohrstöpsel reingemacht. Und du kannst als Fahrer das Auto viel beeinflussen. Das aktuelle Auto ist natürlich viel schneller, auch in den Kurven, und das macht natürlich auch Spaß.»