DTM-Chef Aufrecht: «Die Turbulenzen gefallen mir»
Hans Werner Aufrecht
Herr Aufrecht, wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonauftakt bisher? Wir hatten einen turbulenten Auftakt, wie wir ihn uns erhofft haben, aber eigentlich nicht erwarten konnten. Hockenheim hat ganz deutlich gezeigt, dass die Maßnahmen, die wir beschlossen haben, fruchten. Ich freue mich, dass es in der Praxis funktioniert. Das bringt uns tolle, spannende Rennen. Wir wollen, dass die Fahrer auf der Strecke kämpfen, und das funktioniert. Deswegen bin ich für den Auftakt, den wir hatten, sehr dankbar.
Haben Sie denn mit so viel «Chaos» gerechnet?
Chaos habe ich eigentlich nicht gesehen. Was ich gesehen habe, sind Fahrer, die tatsächlich in der Lage sind, zu überholen. Das waren sie im vergangenen Jahr nicht. Es mag toll sein, wenn man ein Feld hat, das innerhalb einer Sekunde liegt. Aber wenn die Autos im Zug hintereinander her fahren, freut das keinen Zuschauer. Sie sagen Chaos, ich sage, die Turbulenzen, die da entstehen, gefallen mir.
Wie zufrieden sind Sie denn mit den Zuschauerzahlen und der TV-Quote bisher?
Da bin ich ein bisschen überrascht, dass wir beim Saisonauftakt deutliche Einbußen hatten. Die Zuschauer in Hockenheim sind verwöhnt und spannende Rennen gewohnt. Gerade das letzte Rennen im vergangenen Jahr war so spannend, weil es die Titelentscheidung war. Ansonsten ist man immer hintereinander her gefahren. Jetzt, wo die Fans mitbekommen haben und es sich herumgesprochen hat, dass die DTM jetzt faszinierende Rennen bietet, bin ich sehr zuversichtlich.
Wurde schon darüber diskutiert, woran das liegt, dass die Quote gesunken ist?
Die Quote ist sicher ein ganz anderes Problem. Wir sehen, dass die Sender allgemein Zuschauer und Marktanteile verlieren. Woran das liegt, kann ich natürlich nur vermuten. Wir haben eine ganze Palette an TV-Sendern und ganz andere Möglichkeiten, durch YouTube beispielsweise. Es gibt auch die Möglichkeit, durch DTM.tv die Rennen zu verfolgen. Vor allem die Jugendlichen sitzen nicht mehr so vor dem Fernseher wie früher, sondern gehen ins Internet. Das müssen wir erkennen und die Angebote an sie so ausweiten, dass sie die Rennen sehen können. Da sind wir auf einem guten Weg, die richtigen Themen anzubieten, wie zum Beispiel mit unserem neuen YouTube-Channel.
Sie hatten die ARD im vergangenen Jahr dafür kritisiert, dass sie die Piloten zu wenig in den Mittelpunkt stellt. Wurde das verbessert?
Ich glaube, dass sie die Kritik aufgenommen haben. Wir hatten in Österreich eine Diskussion mit der ARD. Sie sind sich dessen bewusst, dass wir die Fahrer mehr auf den Sockel stellen müssen. Denn die Fahrer sind letztendlich diejenigen, die die Leistung bringen. Wir arbeiten daran, und ich denke, dass das passieren wird.
Der DTM wird immer vorgeworfen, dass ihr die Stars fehlen. Vor der Saison hat auch noch Ralf Schumacher seinen Rücktritt erklärt. Wie sehr braucht die DTM solche Stars?
Es ist ein ganz wichtiges Thema, dass wir solche Leute haben. Wir mussten aber auch erkennen, dass diese Fahrer einen gewissen Bonus haben. Doch wenn sie dann die Leistung nicht bringen, ist der sehr schnell verspielt. Wir haben auch positive Beispiele wie Alesi oder Häkkinen gehabt, da bleibt der Bonus bestehen. Es ist ganz wichtig, dass sich unsere jungen Fahrer mit arrivierten Fahrern messen. Gerade jetzt haben wir eine Menge junge Fahrer dabei, die das Zeug dazu haben, Stars zu werden.
Anders gefragt: Glauben Sie, dass der DTM momentan die Stars fehlen?
Nein, wir haben Timo Glock, der sehr gut beim Zuschauer ankommt. Das ist für mich eine Bereicherung. Wir sind da gut aufgestellt.
Wo gibt es für Sie noch Potenzial? Stellschrauben, an denen man noch drehen kann?
Da sind zwei Dinge: Dass wir die Fahrer mehr in den Mittelpunkt stellen. Und dass wir die Rennen lesbarer machen. Momentan ist es so, dass man schon mal den Überblick verlieren kann. Wir müssen dafür sorgen, dass das Rennen überschaubar bleibt.
Was war für Sie sportlich die größte Überraschung?
Dass die Jungen so mitspielen. Das ist nicht nur die größte, sondern auch die schönste Überraschung. Dass es endlich gelingt, Nachwuchsfahrer an die Spitze zu bringen.