Mandy Kainz: «Das ist eine unglaubliche Zumutung!»
YART-Teamboss Mandy Kainz spart nicht mit Kritik
Mehr als acht Monate sind vergangen, seit die Teams der Langstrecken-Weltmeisterschaft zum letzten Mal aufeinandergetroffen sind. Wir erinnern uns: Beim Acht-Stunden-Rennen von Malaysia konnten aufgrund des heftigen Monsunregens von den geplanten Renndistanz nur drei gefahren werden. Das Yamaha Austria Racing Team (YART) gewann, weil man damals die Gegner überraschte, indem Niccolò Canepa nicht ablöste, sondern die gesamte Distanz durchfahren ließ.
In der Zwischenzeit hat sich das Coronavirus über die gesamte Welt ausgebreitet und hat unser aller Leben, wie wir es kannten, auf den Kopf gestellt. Millionen erkrankten an Covid-19, Hunderttausende verstarben an oder mit dieser Lungenkrankheit. Die von den Regierungen getroffenen Maßnahmen fanden auch im Sport ihren Niederschlag. So wurden Großereignisse wie zum Beispiel die Fußball-Europameisterschaft ebenso auf das kommende Jahr verschoben, wie die Olympischen Spiele.
Auch in der Endurance-WM blieb kein Stein auf dem anderen. Das 24-Stunden-Rennen in Le Mans wurde von Mitte April auf Ende August verschoben. Der Langstreckenklassiker muss allerdings vor leeren Rängen ausgetragen werden. Das Acht-Stunden-Rennen in Oschersleben wurde gänzlich gestrichen. Ein Schicksal, das auch der Bol d’Or und das prestigeträchtige Acht-Stunden-Rennen in Suzuka ereilte, nachdem es vorerst von Ende Juli auf Anfang November verschoben worden war.
Das Finale soll nun Ende September mit einem 12-Stunden-Rennen in Estoril über die Bühne gehen, eine Tatsache, die YART-Teamchef Mandy Kainz die Zornesröte ins Gesicht treibt. «Mit uns oder den Reifenherstellern hat keiner von den Organisatoren der Weltmeisterschaft gesprochen», ärgert sich der gewiefte Österreicher. «Wir wurden bis zuletzt im Unklaren gelassen, ob der Bol d’Or stattfinden wird oder nicht, deshalb haben wir unsere gesamten Vorbereitungen darauf ausgerichtet.»
«Der Bol d’Or erfordert wegen der über einen Kilometer langen Mistral-Geraden ein spezielles Getriebe. Dort werden bekanntlich Geschwindigkeiten an die 340 km/h und im Windschatten sogar mehr erreicht. Auch an die Reifen werden andere Anforderungen gestellt. Diese speziellen Mischungen wurden für unser Team und auch für F.C.C. TSR Honda France längst mittels Schiffsfracht von Japan nach Europa geschickt. Die sind für den winkeligen Kurs in Estoril denkbar ungeeignet.»
«Warum wurde Estoril für das Finale ausgewählt und nicht der Slovakia Ring, wo wir die letzten drei Jahre gefahren sind und alle Teams Referenzwerte haben. In Portugal hat keiner von uns getestet, das ist absolutes Neuland. Allein die Anreise dauert für uns eine Woche und verursacht nicht unerhebliche Kosten. Außerdem müssen wir einen negativen Covid-Test vorweisen, um am Dienstag ins Fahrerlager zu dürfen. Wie soll das gehen? Ich kann am Wochenende keine Tests machen!»
«Wie das die vielen kleinen Privatteams, die ja das Rückgrat der Langstrecken-Weltmeisterschaft bilden, finanziell und auch zeitlich stemmen wollen, ist mir ein Rätsel. Die Fahrer und die Mechaniker betreiben diesen Sport als Hobby. Wie sollen sie bei ihren Arbeitgebern ihre Urlaube organisieren. Zum wiederholten Male müssen eingereichte Urlaube storniert und neu beantragt werden. Was da abgeht ist eine unglaubliche Zumutung», redet sich der YART-Teammanager in Rage.
«Kommende Woche wird es in Le Mans sicherlich zu heißen Diskussionen kommen. Da muss auch noch die Frage geklärt werden, wie das mit der Maskenpflicht während der Veranstaltung läuft. Im Gegensatz zur MotoGP, wo die Trainings und das Rennen nicht einmal eine Stunde dauern, sollen wir den Mund-Nasen-Schutz während der gesamten 24 Stunden tragen. Das ist gelinde gesagt eine Zumutung. Mit dieser Vorgangsweise tut man unserer Meisterschaft keinen Gefallen.»