Typisch BMW: Bitteres Ende für das Endurance-Team
Seit der neue BMW-Motorrad-Geschäftsführer Stephan Schaller am Ruder ist, wird bei den Weiss-Blauen eisern gespart.
Zuerst wurde das Superbike-Werksteam zugesperrt und der Vertrag mit alpha Racing in Stephanskirchen nicht verlängert. Dann wurden die Superbike-WM-Aktivitäten zu BMW Italia ausgelagert – und ein Jahr später der Laden dicht gemacht.
Zwischendurch wurde Husqvarna an KTM verscherbelt. Auch das Superbike-Projekt von Troy Corser liess sich nicht verwirklichen. Und jetzt wurde auch noch dem Endurance-WM-Projekt mit dem BMW Motorrad France Thevent-Team mit den Fahrern Sylvain Barriere, Josh Waters und Sébastien Gimbert der Geldhahn zugedreht.
Und zwar nicht gerade auf die feine englische Art.
Michael Bartholemy, im GP-Sport Manager des MarcVDS-Teams (Rabat, Kallio) und persönlicher Manager von Scott Redding, sowie sein Partner und Thevent-Teamprinzipal Volker Scheck verstehen die Welt nicht mehr. Wir haben Teamteilhaber Michael Bartholemy zum still und heimlich vollzogenen Rückzug von BMW befragt.
Michael, wie ist dieser Schritt von BMW vor sich gegangen?
Wir haben drei Jahre lang in Zusammenarbeit mit BMW das Langstrecken-Team gemacht. Wir haben zum Beispiel den ersten WM-Laufsieg von BMW im 21. Jahrhundert eingefahren. Wir haben das erste europäische Motorrad beim 24-h-Rennen von Le Mans auf das Podium gebracht. Wir sind für BMW das prestigeträchtige 8-h-Rennen in Suzuka gefahren. Wir haben in der WM etliche Podestplätze errungen. Wir haben die WM angeführt und sie nur durch einen dummen Sturz verloren.
Wir haben für einen überschaubaren Aufwand recht anständige Erfolge herausgefahren.
Im September wurde ich von BMW-Manager Bertl Hauser angefragt, ob wir 2014 weitermachen. Ich habe diese Frage bejaht. Vor dem Valencia-GP hiess es, ich soll nach München kommen, also bin ich hingeflogen.
Ich habe einen Vorschlag gemacht und dann innerhalb von 24 Stunden eine positive Antwort bekommen.
Von BMW-Seite hiess es nur, es müssten noch ein paar technische Details geklärt werden.
Das Motorrad ist nämlich manchmal bei Rennen stehengeblieben, meist wegen Kleinigkeiten. In Le Mans hatten wir zweieinhalb Runden Vorsprung, dann hat das Getriebe gestreikt. In Suzuka waren wir auf Platz 2, doch kurz vor Rennende ist der Nockenwellensensor gebrochen.
Man hätte mit diesem Motorrad irgendwann einen 24-h-Test machen sollen... Das wäre keine weltbewegende Angelegenheit gewesen.
Und im Januar kam von BMW plötzlich eine Absage?
Ja, plötzlich kam ein Anruf, sie hätten kein Geld mehr, sie würden aus den Rennaktivitäten aussteigen.
Was bedeutet dieser Schritt für das Thevent-Team?
Wir haben das Personal dastehen, das sind fünf Festangestellte, bei den 24-h-Rennen arbeiten bis zu 30 Leute mit. Und die WM geht in wenigen Wochen los...
Ich weiss nicht, wie wir in dieser kurzen Zeit Geldgeber finden sollen, die das durch den BMW-Rückzug fehlende Budget finanzieren.
Was kostet so ein Langstrecken-Team im Jahr?
Wenn du es vernünftig machen willst, brauchst du 1 Million Euro, damit du gute Fahrer hast und gutes Material.
Davon hat BMW einen grossen Teil finanziert. Aber wir haben auch selber einen Teil des Budgets bezahlt. Sonst hätte sich dieses Projekt nicht stemmen lassen.
Mir fehlt das Verständnis für diesen Schritt.
BMW hat jetzt alles verloren, was im Sport erfolgreich war. Wir waren ein Aushängeschild.
Wir haben ohne grossen Aufwand immer schöne Resultate erzielt. Alle andere Marken investieren viel, viel mehr Geld in die Langstrecke. Honda hat einen Drei-Jahres-Plan, Suzuki fährt mit, Kawasaki kommt nach Suzuka mit einem Werksteam.
Wir haben ja 2013 zum Beispiel mit der BMW HP4, mit der viele andere Teams Probleme hatten, auch noch zwei zwei Läufe zur italienischen Superbike-Meisterschaft in Mugello gewonnen – dank Mika Kallio.
Und dann wird man im Januar von heute auf morgen einfach abgesägt.
Das sind schon komische Zustände bei BMW.
Wird das Thevent-Team 2014 trotzdem in der Endurance-WM antreten?
Wir haben die Fahrer unter Vertrag, auch wenn Barrier BMW gehört. Mit ihm könnten wir nicht weiterfahren ohne BMW. Dazu haben wir einen Reifenvertrag mit Pirelli... Es steht alles.
Aber wie sollen wir in wenigen Wochen jemand finden, der sagt: Ich stecke da Geld rein und stelle ein Motorrad zur Verfügung.
Wenn BMW rechtzeitig gesagt hätte, wir machen ein Jahr Pause und kommen mit einem neuen Motorrad wieder, hätten wir uns etwas einfallen lassen können.
Jetzt stehen wir da... Wir haben für die Langstrecken-Rennen sehr viel teures Equipment angekauft. Bremsanlagen, Schnelltankanlagen und so weiter. Wir haben letztes Jahr Boxenstopps in zwölf Sekunden gemacht; da wurden das Vorderrad und das Hinterrad gewechselt und vollgetankt. Wir sind über die drei Jahre ein Topteam geworden.
Ich habe keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen soll.
Ich weiss auch nicht, was BMW plant. Vielleicht wollen sie mit einem neuen Team bei Null anfangen. Vielleicht steigen sie ganz aus der Langstrecken-WM aus.