Stars, Stürze, Sensationen: Das war das 8h Suzuka
Das für die japanische Motorrad-Industrie so wichtige «Coca-Cola Zero»-Acht-Stunden-Rennen in Suzuka war der erhoffte Höhepunkt der diesjährigen Endurance-Weltmeisterschaft.
Die vier großen Motorradradhersteller Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki lassen seit jeher nichts unversucht, um dieses Prestigerennen auf der Honda-eigenen Rennstrecke für sich zu entscheiden. Vor der diesjährigen Auflage hatte der Hausherr bereits 27 Erfolge auf seinem Konto. Suzuki brachte es in den 37 Jahren auf fünf Siege, Yamaha gewann vier Mal und Kawasaki brachte es gerade einmal auf einen Erfolg.
Mit Keanu Reeves ließ sich sogar eine Hollywood-Legende diese Traditionsveranstaltung nicht entgehen. Vor den Augen von 80.000 begeisterten Zusehern drehte der Schauspieler, der vor allem durch die Rolle des Neo in der Matrix-Trilogie bekannt wurde, auf einer Arch KRGT-1, die er gemeinsam mit dem in Fachkreisen bekannten Custombike-Designer Gard Hollinger, entworfen hat, eine Ehrenrunde. Reeves durfte am Sonntag auch die 70 qualifizierten Teams auf die Reise schicken.??
Yamaha wollte die seit 1996 andauernde sieglose Zeit endlich beenden und verpflichtete die beiden Tech3-MotoGP-Piloten Pol Espargaró und Bradley Smith, um den «großen Bruder» Honda nach fünf Triumphen in Folge endlich wieder einmal vom Thron zu stoßen. Den beiden Suzuka-Neulingen wurde der erfahrene japanische Yamaha-Testfahrer Katsuyuki Nakasuga, der 2012 mit einem zweiten Platz bei seinem Wildcard-Einsatz in der MotoGP beim Grand Prix von Valencia für Verblüffung sorgte, zur Seite gestellt.
Auf der brandneuen Yamaha YZF-R1 dominierte das flotte Trio fast alle Trainingssitzungen. In der Superpole sorgte Espargaró mit 2.06,000 min für einen neuen Rekord. Auch im Rennen gaben sie sich keine Blöße. Im gnadenlosen Kampf um die Spitze leisteten sich Espargaró, Smith und Nakasuga nur einen kleinen Fehler, der sie beinahe um die Früchte ihrer Arbeit gebracht hätte. Nach einem Überholmanöver unter gelber Flagge musste eine Stop-and-Go-Strafe abgesessen werden, der erhoffte Erfolg schien noch einmal in Gefahr zu sein. Doch trotz dieses zusätzlichen Stopps ließ sich das Yamaha-Werksteam den Sieg nicht mehr nehmen.
Wenn es überhaupt noch eines Beweises bedurft hätte, dass Dominique Aegerter ein außergewöhnlicher Rennfahrer ist, dann wurde dieser beim diesjährigen Acht-Stunden-Rennen in Suzuka in beeindruckender Weise erbracht. Der Schweizer im Team von F.C.C. TSR Honda, der letztes Jahr als Dritter bereits das Podium besteigen durfte, trotze mit seinem verwegenen Moto-Cross-Stil rundenlang allen Angriffen von Yamaha-Werksfahrer Bradley Smith. Am Ende der kräftezehrenden Hitzeschlacht verpasste der junge Eidgenosse mit seinem australischen Teamkollegen Joshua Hook – der Brite Kyle Smith kam nur im Training zum Einsatz – nur knapp den Sieg.
Die Vorstellung von Casey Stoner bei seinem Comeback gehört zweifellos zu den positiven Überraschungen. Als ob er nie weg gewesen hätte, hatte der zweimalige MotoGP-Weltmeister sofort wieder die notwendige Pace, um ganz an der Spitze mitzumischen. Im Training und der Superpole war der Australier sogar schneller als seine MuSASHI HARC-PRO-Teamkollegen Takumi Takahashi und Michael van der Mark, die zur Siegermannschaft der beiden letzten Jahre gezählt hatten. Dass Stoner kein Happyend beschieden war, lag an einem technischen Defekt. Der Ausnahmekönner stürzte, weil an seiner Honda das Gas hängen geblieben war. Stoner brach sich beim furchterregenden Sturz die Schulter und das Schienbein.
Durchaus sehenswert war auch das Auftreten der meisten europäischen Teams in der Höhle des japanischen Löwen. Auch wenn sie nie wirklich in den Kampf um den Sieg eingreifen konnten, zogen sich Suzuki Endurance, GMT94 Yamaha und Honda Endurance nach bescheidenen Leistungen im Training beachtlich aus der Affäre. Die Suzuki-Truppe verpasste als Vierter nur knapp eine Podiumsplatzierung und mit den Rängen 6 und 7 konnten die Mannschaften von Yamaha und Honda einige höher eingeschätzte Teams hinter sich lassen.
Dass auf Bolliger Switzerland Verlass ist, braucht eigentlich bei keinem Langstreckenbewerb extra erwähnt werden. Auch ohne den österreichischen Stammpiloten Horst Saiger – er fehlte wegen seiner beim North West 200 erlittenen Sturzverletzungen – mischten die WM-Dritten des Vorjahres munter mit. Roman Stamm, Daniel Sutter und Nicolas Salchaud kassierten für den zwölften Platz wichtige Punkte für die Weltmeisterschaft. Dieses Resultat ist vor allem auch deswegen bemerkenswert, weil es ohne jegliche Unterstützung durch Kawasaki Japan zustande gekommen ist.
Die Enttäuschungen
SRC Kawasaki entschloss sich nach den Erfolgen bei den beiden 24-Stunden-Rennen in Le Mans und Magny Cours 2015 die gesamte Langsrecken-Weltmeisterschaft zu bestreiten. Für das französische Team war die diesjährige Veranstaltung in Suzuka die Premiere in Fernost. Nach Platz 17 im Training hatten sich Gregory Leblanc, Mathieu Lagrive und Fabien Foret bei Halbzeit des Acht-Stunden-Rennens bereits auf Rang 7 nach vor gearbeitet. Im harten Rad-an-Rad-Kampf mit Suzuki Endurance, GMT94 Yamaha und Honda Endurance zerstörte Leblanc nicht nur das Motorrad, sondern auch jegliche Hoffnungen auf WM-Punkte.
Auch für BMW Motorrad France Penz13.com war es das Debüt bei diesem prestigeträchtigen Rennen. Markus Reiterberger, Bastien Mackels und Tommy Bridewell mischten trotz mangelnder Streckenkenntnisse munter in den Top-10 mit, doch ein Defekt an der Benzinpumpe warf das Team zurück. Kurze Zeit später stürzte Mackels beim Versuch verlorenen Boden wieder aufzuholen. Weil die Reparatur des Motorrades zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte und damit die Chance auf die erhofften WM-Punkte nicht mehr gegeben war, entschloss man sich zur Aufgabe.
Eine herbe Enttäuschung gab es auch für Monster Energy Yamaha – YART. Bereits in Le Mans musste der Langstrecken-Weltmeister 2009 einen Rückschlag in ihrem Kampf um den WM-Titel hinnehmen. Während man beim Saisonauftakt wenigstens stundenlang gegen den späteren Sieger Suzuki Endurance um die Spitze fightete, musste in Japan das Motorrad mit einem technischen Defekt bereits nach 20 (!) Minuten zur Seite geschoben werden. Nach diesem Desaster ist für die österreichische Mannschaft auch die tadellose Vorstellung im Training ein schwacher Trost. Bei den beiden verbleibenden Rennen in Oschersleben und beim Bol d’Or in Paul Ricard ist Schadensbegrenzung angesagt.